Energiewende & Desindustrialisierung

Hohe Energiekosten gefährden Wirtschaftsstandort

26. Mai 2015, 12:01 Uhr | Hagen Lang
Die Investititionsquote Deutschlands (dunkelblaue Linie) ist seit fast 15 Jahren schwach.
© BMWi Monatsbericht 11-2014

Das Vorzeigeland Bayern kann sich dem Desinvestitionstrend nicht entziehen, den das BMWi bereits für die Bundesrepublik feststellte. Das ist das Ergebnis einer Studie im Auftrag der vbw - Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. Grund sind unter anderem die hohen Energiekosten.

Vor wenigen Monaten hatte das Bundeswirtschaftsministerium umfassend über das Problem der Investitionsschwäche in Deutschland berichtet. Dass altlinke Bundesländer wie NRW oder Berlin traditionell nicht »aus dem Quark« kommen, ist bekannt. Doch die Malaise hat auch den wirtschaftlichen Vorzeigestandort Bayern befallen.

Für Bayern konstatiert eine aktuelle Untersuchung der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. eine schon chronische Investitionsschwäche besonders im produzierenden Gewerbe (Industrie und Bau). Dadurch verringern sich die künftigen industriellen Produktionsmöglichkeiten. »Der Modernisierungsgrad des industriellen Anlagevermögens hat in Bayern kontinuierlich abgenommen«, sagt vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. »Die mangelnden Investitionen gefährden die gute Stellung des Standorts«, warnt er. Die Abschreibungen überschreiten in den letzten Jahren kontinuierlich die Bruttoinvestitionen.

Desindustrialisierung nennt man diese Entwicklung, die eine abnehmende Bedeutung Deutschlands und Bayerns im internationalen Wettbewerb signalisiert. Bertram Brossardt erklärt: »Zu den größten Investitionshindernissen in der Bundesrepublik zählen die hohe Regulierung und die Kontrollbürokratie sowie die hohen Arbeits- und Energiekosten. Diese Probleme sind hausgemacht. Die große Koalition muss daher einen Kurswechsel hin zu einer wachstums- und investitionsfreundlichen Wirtschaftspolitik vornehmen.«

Die von der IW Köln Consult GmbH im Auftrag des vbw erstellte Studie konstatiert seit der Wirtschaftskrise 2008 ein rückläufiges Bruttoanlagevermögen. »Vor allem die Entwicklung der Bauten folgt seit Anfang der 2000er-Jahre einem negativen Trend. Der Bestand an Ausrüstungen und sonstigen Anlagen stieg bis 2008 an, ist seitdem aber ebenfalls rückläufig«, sagt Brossardt.

Bereits chronisch ist der seit 1995 abnehmende Modernisierungsgrad beim Anlagevermögen. Brossardt warnt: »Es kommt immer seltener zu Modernisierungsmaßnahmen an Gebäuden. Zwar investieren die Unternehmen in neue Maschinen und Anlagen, um technologisch mithalten zu können. Aber es wurden beispielsweise Produktionshallen nicht ausgebaut, sie veralten. Rationalisierungen und Ersatzbeschaffungen machen den größten Teil der Investitionen aus. Es gibt viel zu wenige Erweiterungen. Dadurch reduzieren sich die künftigen industriellen Produktionsmöglichkeiten am heimischen Standort.«

Ingo Kramer, Präsident des Bundesverbandes der Arbeitgeberverbände erklärte im vergangenen Jahr: »Unsere Energiepreise liegen zwei Drittel über den amerikanischen. In den EU-Nachbarländern bezahlen Industrie­unternehmen im Durchschnitt 20 Prozent weniger. Bei den Energiekosten wieder wirtschaftlicher zu werden – dieser Schritt steht noch aus. Ich hoffe, dass eine europäische Energiepolitik gelingt. Der Alleingang Deutschlands wird für die deutsche Wirtschaft langfristig nicht verkraftbar sein.«

Die mediale Omnipräsenz von Klimakatastrophen-Rethorik bleibt nicht folgenlos. Gegenüber ihr ziehen medial »schwer vermittelbare« Anliegen wie ökonomische Standortbedingungen den Kürzeren. Wirtschaftspolitische Nachhaltigkeit gehört in den Zielkanon einer Umwelt- und Energiepolitik, die das Etikett »Nachhaltigkeit« für sich beansprucht.


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