Die Nutzerorganisation Sercos International hat am 19. November die Spezifikation des Energiespar-Profils Sercos Energy verabschiedet und dies auf der Messe SPS/IPC/Drives bekannt gegeben. Peter Lutz, Geschäftsführer von Sercos International, erläutert die Hintergründe.
Markt&Technik: Welche Aufgaben und Funktionen erfüllt das Sercos-Energy-Profil? Für welche Anwendungsfälle ist es definiert?
Peter Lutz: Das Sercos-Energy-Profil dient dazu, Maschinen und Anlagen, die Sercos III nutzen, energiesparend zu betreiben. Hierzu definiert das Profil Daten und Kommandos, die zwischen Steuerungen und den angeschlossenen Peripheriegeräten herstellerübergreifend, d.h. einheitlich, ausgetauscht werden können. Dies versetzt die Steuerung in die Lage, einen energiesparenden Betrieb der Maschine bzw. Anlage sicherzustellen.
Als Anwendungsfälle berücksichtigt sind erstens geplante und ungeplante Pausen (kurz oder lang), zweitens der Teilmaschinenbetrieb (einzelne Komponenten werden abgeschaltet, weil aktuell nicht benötigt) und drittens der Teillastbetrieb (Komponenten können mit geringerer Energie versorgt werden). Diese Szenarien sind in unserem Whitepaper »Sercos Energy« beschrieben, das unter www.sercos.de – Downloads – Broschüren zum Herunterladen bereitsteht.
Auf welche Branchen zielt das Sercos-Energy-Profil ab?
Das Sercos-Energy-Profil ist nicht branchenspezifisch, d.h. es lässt sich in allen Sercos-III-Anwendungen nutzbringend einsetzen. Natürlich ist der Nutzeneffekt, also das Einsparpotential, umso größer, je länger die Stillstandszeit zwischen den einzelnen Bearbeitungen ist und je weniger perfekt die Maschine auf den Bearbeitungsprozess zugeschnitten ist.
Eignet sich das Sercos-Energy-Profil nur für die Fabrikautomatisierung oder auch für die Prozess- und Gebäudeautomatisierung? Wenn ja, inwieweit wird es dort Einzug halten?
In allen Anwendungen, in denen Sercos III zum Einsatz kommt und Maschinen bzw. Anlagen nicht mit voller Produktivität betrieben werden, hilft Sercos Energy, Energie zu sparen. Ein Einsatz des Profils in der Prozess- und Gebäudeautomatisierung ist nicht ausgeschlossen, wobei Sercos III derzeit fast ausschließlich Anwendungen in der Fabrikautomatisierung bedient.
Inwieweit sind die vom Sercos-Energy-Profil abgedeckten Anwendungsfälle und Funktionen anwenderspezifisch anpassbar?
Sercos Energy stellt Mechanismen zur Verfügung, die von einer intelligenten Steuerung bzw. dem darüber liegenden Leitrechner genutzt werden können, um Energie einzusparen. Wie die Schnittstellen und Informationen genutzt werden, ist anwenderspezifisch anpassbar. So gesehen können die Mechanismen von Sercos Energy vorhanden sein, ohne dass sie tatsächlich genutzt werden. Umgekehrt gesehen ist eine intelligente Steuerung auf die Mechanismen und die relevanten Informationen aus dem Feld angewiesen. Der Anwender ist bei der Skalierung vollständig frei.
Wie wirkt das Sercos-Energy-Profil mit der Maschinen- oder Anlagensteuerung zusammen? Wie wird es im Sercos-III-Netz übertragen, und wie kooperiert es mit dem Sercos-III-Protokoll?
Das Sercos-Energy-Profil integriert sich nahtlos in das generische Sercos-Geräteprofil, das Basismechanismen und Basisinformationen für beliebige Geräte zur Verfügung stellt. Sercos Energy setzt auf Sercos-III-Standardmechanismen auf (Kommandos, Parameterzugriff über SVC und S/IP). Das Profil definiert Standardparameter zur Beschreibung von Energiezuständen in Geräten, zur Aktivierung dieser Zustände sowie zum Auslesen des aktuellen Gerätezustands und von Energiemesswerten, sofern das Gerät dies unterstützt. Eine schlanke Implementierung in Geräte ist ebenso möglich wie eine effiziente Protokollimplementierung. Vorhandene State Machines in Geräten werden berücksichtigt, und das Zusammenspiel mit Sercos Energy ist einheitlich definiert.
Auch Anlagen, die bereits in Betrieb sind, lassen sich über ein Firmware-Update mit Sercos Energy nachrüsten. Die Voraussetzung ist lediglich, dass die Geräte Verbrauchswerte erfassen können.
Erfordert die Anwendung des Sercos-Energy-Profils in einem bestehenden Sercos-III-Netz Modifikationen an dem Netz und seinen Komponenten?
Um Sercos Energy einsetzen zu können, sind keinerlei Änderungen am Netzwerk notwendig. In den meisten Fällen genügt ein Firmware-Update. Selbstverständlich müssen die Steuerung und die angeschlossenen Peripheriegeräte das Profil unterstützen. Bei Nachrüstungen ist somit ein Software- bzw. Firmware-Update notwendig.
Wie schnell wird das Sercos-Energy-Profil Ihres Erachtens in die Fertigungsindustrie vordringen? Sind bereits Sercos-Energy-Produkte angekündigt?
Mitgliedsfirmen haben bereits parallel zur Spezifikationsarbeit mit der produktbezogenen Validierung und Implementierung begonnen, so dass zeitnah mit Produkten gerechnet werden kann. Konkrete Zeitpläne der Hersteller liegen mir nicht vor. Ich gehe jedoch davon aus, dass die ersten Sercos-Energy-Produkte noch im 1. Halbjahr 2011 verfügbar sein werden.
Inwieweit lehnt sich das Sercos-Energy-Profil an das bereits zur Hannover Messe 2010 verabschiedete Profienergy-Profil an?
Eine Anlehnung an das Profienergy-Profil ist gegeben, um für den Endkunden eine durchgängige Kommunikation von der Leitebene bis zum einzelnen Aktor zu ermöglichen. Allerdings geht der Funktionsumfang des Sercos-Energy-Profils über den von Profienergy hinaus, indem es einerseits eine schlanke Implementierung in einfache Geräte ermöglicht, andererseits aber zusätzliche Use-Cases bedienen kann, etwa Teilmaschinenbetrieb und Teillastbetrieb.