Sigfox verkauft und expandiert

»Der Fokus liegt jetzt auf unserer Cloud-Plattform.«

26. November 2020, 9:38 Uhr | Heinz Arnold
Franck Siegel, Sigfox: »Cube investiert in Heliot, weil Sigfox-Netze die grundlegende Infrastruktur für IoT und Industrie 4.0 bilden. Durch 0G-Netz basierte Digitalisierung lassen sich nicht nur Prozesse effektiver gestalten und ganz neue Geschäftsmodelle etablieren, sondern der Ressourcenverbrauch reduziert sich und die CO2-Bilanz verbessert sich.«
© Sigfox

Im Interview mit Markt&Technik erklärt Franck Siegel, COO von Sigfox, warum die französische Mutter Sigfox Deutschland verkauft hat, welche Rolle die Sigfox-Netzbetreiber spielen und mit welcher Strategie Sigfox weltweit weiter wachsen will.

Markt&Technik: In Deutschland hat Sigfox inzwischen eine gute Abdeckung erzielt, der Umsatz stieg. Warum jetzt der Verkauf?

Franck Siegel: Wir tun damit nichts weiter, als unsere Unternehmensstrategie umzusetzen. Unser Ziel besteht nicht darin, die Netze in den verschiedenen Ländern selber zu betreiben, sondern wir wollen unsere Plattform ausbauen. Die Netze zu betreiben, die Basisstationen aufzubauen und für die Konnektivität zu sorgen, auf deren Basis die 0G-IoT-Dienste laufen, überlassen wir den Firmen, die sich darauf spezialisiert haben. Denn die können das besser als wir. Das ist jetzt in 68 von den 72 Ländern der Fall, in denen wir heute aktiv sind: die 0G-Netze dort gehören den Sigfox-Operators, und sie managen die Netze.

Warum gibt es dann nicht gerade unbedeutende Länder, in denen Sigfox das Netz selber betreibt?

Zu Anfang, als wir Sigfox aufgebaut haben, mussten wir zuerst einmal zeigen, dass die Sigfox-Netze funktionieren, und deshalb haben wir in der frühen Aufbauphase in einigen Ländern selber die Netze etabliert und betrieben. Zu diesen Ländern gehören Frankeich, Spanien, Portugal, die USA – und bis vor Kurzem gehörte Deutschland ebenfalls dazu. Weil Sigfox in Deutschland jetzt gut bekannt ist, weil wir gezeigt haben, dass alles durchgängig funktioniert, besteht kein Bedarf mehr, diesbezüglich Aufklärungsarbeit zu leisten. Nun war die Zeit gekommen, den Netzbetrieb guten Gewissens an ein Unternehmen zu übergeben, das nachweislich damit vertraut ist und sich mit nichts anderem beschäftigt: Heliot.

Was genau hat sich denn über die Zeit geändert?

Vor zehn Jahren war Sigfox in der IoT-Welt ein Newcomer. IoT selbst war ja auch noch relativ neu und es gab mehrere Unternehmen, die überzeugt waren, dass die LPWAN-Technik sich eignet, um darauf viele unterschiedliche Dienste aufbauen zu können. Wie sich der Wettbewerb entwickeln würde, lag noch etwas im Nebel. 2017 hatte sich der Nebel gelichtet und Heliot stieg in das Sigfox-Operator-Business ein. Denn Sigfox hatte inzwischen eine globale Präsenz aufgebaut. In allen Ländern gibt es Wettbewerb, aber Sigfox hat ein überzeugendes Argument: ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Was zeichnet Heliot aus?

Heliot betreibt schon die Sigfox-Netze in Österreich, der Schweiz und Liechtenstein und ist Experte im Netzwerk-Management. Das Unternehmen wird die Infrastruktur und die Netze in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein schneller ausbauen, als wir das könnten.

Wozu aber erst einmal Geld investiert werden muss...

Hier kommt Cube Infrastructure Managers ins Spiel, die wiederum Heliot Europe übernommen hat. Damit stehen genügend finanzielle Mittel im Hintergrund bereit. Die Firma Cube ist in Europa nicht gerade unbekannt; die Europäische Investitionsbank arbeitet mit Cube schon lange bei den Investitionen für den Aufbau von Infrastrukturen in Europa zusammen – was an sich schon sehr viel aussagt. In Deutschland ist Cube in engem Kontakt zur KfW. Doch Geld alleine ist nicht der treibende und entscheidende Faktor. Die Gesamtstrategie von Cube ist überzeugend: Es kommt dem Unternehmen darauf an, langfristig und nachhaltig in Infrastruktur zu investieren. Der schnelle Return on Investment interessiert Cube weniger.

Woher kommt die edle Gesinnung?

Cube Infrastructure Managers ist ein Infrastruktur-Fond, der Geld verdienen will – aber eben langfristig. Dass dies gut funktioniert, hat Cube gezeigt: Vor 25 Jahren stieg Cube in den Aufbau des Glasfasernetzwerks in Europa ein. Das war visionär: Cube war überzeugt, dass die Glasfaser die Grundlage bildet, die die unterschiedlichsten Branchen benötigen, um ihre Geschäfte und Technologien realisieren zu können. Das einzurichten hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt kann Cube die Früchte dieses langfristigen Engagements ernten. Das Schöne für uns: Cube sieht analog dazu Sigfox als das Fundament für die IoT-Infrastruktur an, deren Aufbau sich langfristig lohnt.

Wie gestaltet sich das Verhältnis zu Techniken wie LoRa und NB-IoT aus, mit denen Sigfox im Wettbewerb steht?

Sigfox hatte von Anfang an die Vision, dass die LPWAN-Technik ihren vollen Wert nur dann ausspielen kann, wenn es gelingt, ein globales Netz aufzubauen. Nur dann sind Tracking Services nach unserem Verständnis wirklich sinnvoll.
Soweit wir sehen, verfolgt LoRa einen ganz anderen Ansatz: Hier geht es darum, lokale Netze aufzubauen, um IoT-Dienste für große Lager, für große Gebäude und auf den Geländen von Unternehmen bereit zu stellen. Smart Metering ist ein gutes Beispiel dafür. Der Markt lokaler Netze ist aber genau der, auf den wir nicht abzielen. Wir kommen uns mit den Firmen, die Netze auf Basis von LoRa aufbauen, also kaum ins Gehege.

Bei NB-IoT sieht es da aber anders aus?

Das bleibt abzuwarten. Zunächst einmal: Bei der zellulären Technik bestimmt das Netzwerk, wie sich die Geräte im Netz verhalten müssen. Es ist deshalb viel Interaktion erforderlich. Das kostet Leistung und trägt nicht gerade zu einer langen Lebenszeit der Batterien bei, außerdem öffnet sich hier ein Einfallstor für Hacker. Es gib bereits viele Firmen, die ihr Geschäftsmodell darin sehen, diese Einfallstore zu schützen – was zusätzliche Kosten für die Anwender mit sich bringen wird.
Wir dagegen sind nicht vom Netzwerk bestimmt – das ist ein ganz anderer Ansatz! Nebenbei bemerkt sehen wir derzeit nicht viel von NB-IoT. In Deutschland tut sich etwas, in anderen europäischen Ländern eher weniger. China konzentriert sich auf den Ausbau von 5G. Ob NB-IoT dort eine Rolle spielen wird, ist nach unserer Einschätzung ungewiss.

Wie sehen die Aktivitäten von Sigfox in China derzeit aus und wie entwickelt sich das Geschäft dort?

Unsere Expansionskurs in China wurde aufgrund der Covid-19-Krise unterbrochen. Aber wir streben weiterhin an, dieses Land in naher Zukunft abzudecken. Generell haben wir bereits enge Beziehungen, arbeiten mit dem chinesischen IoT-Ökosystem zusammen und stehen im engen Kontakt mit lokalen Partnern sowie Lösungs- und Geräteherstellern.

Zurück zum Verkauf von Sigfox Deutschland: Welchen Aufgaben wird sich Sigfox – vom Netzbetrieb in Deutschland befreit – nun widmen?

Unsere Aufgabe ist es, uns um den Aufbau unserer Cloud-Plattform zu kümmern, die sich in Paris befindet. Hier entnehmen wir aus den Payloads in den Datenpaketen, die über die verschiedenen Sigfox-Netze weltweit versendet werden, die jeweils relevanten Informationen für unsere Kunden und leiten sie aufbereitet an sie weiter. Die Plattform zu betreuen und deren Services weiter auszubauen ist der Kern unseres Geschäfts; wer die Basisstationen betreibt, ist dafür weniger relevant.

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