Interview

GE auf dem Weg zum »Industrial Internet«

28. Februar 2014, 9:36 Uhr | Andreas Knoll

Stefan Bungart, Leiter des europäischen Software-Business von General Electric (GE), erläutert die Vision »Industrial Internet«, den von GE eingeschlagenen Weg dorthin und die Rolle seines Geschäftsfelds im Unternehmen.

Stefan Bungart, GE
Stefan Bungart, GE: »Der Begriff Industrial Internet zielt nicht speziell auf die Produktion ab, sondern auf jede Maschine, die irgendwo installiert ist.«
© General Electric (GE)

Markt&Technik: Entstammt der Begriff Industrial Internet der Fachdiskussion in den USA, oder hat GE ihn erfunden?

Stefan Bungart: GE hat ihn tatsächlich zuerst benutzt. Er hat sich jedoch im Laufe der Zeit verselbständigt, und viele verwenden ihn mittlerweile – vor allem in den USA, aber nicht nur dort.

Worin unterscheidet sich GEs Industrial Internet von der in Deutschland heiß diskutierten Vision Industrie 4.0?

Industrie 4.0 bedeutet, so kurz wie möglich gesagt: Automatisierung trifft Produktions-Management. Die Produktion soll intelligent werden, um sie in einer anderen Dimension managen zu können, als wir es bisher gewohnt sind.

Industrial Internet dagegen zielt nicht speziell auf die Produktion ab, sondern auf jede Maschine, die irgendwo installiert ist, egal ob in der Industrie oder in Medizin, Energieerzeugung und -verteilung, Öl- und Gasförderung sowie Luft- und Raumfahrt. Unerheblich ist auch, von welchem Hersteller die Maschinen stammen und für welche Anwendungen sie ausgelegt sind. Wir verstehen dabei »Maschine« nicht im Sinne des deutschen Begriffs, sondern im Sinne des englischen Terminus »machine«, der ja viel weiter gefasst ist.

Bei Industrial Internet geht es darum, Maschinen mittels Embedded-Technologien intelligent zu machen, so dass sie ihren Zustand vorausschauend analysieren und das Ergebnis kommunizieren können. Das Ziel ist also die intelligente Verknüpfung von Maschinen untereinander und mit Menschen über das Internet. Maschinen sollen sich selbst tunen und vernetzen können - diesen Aspekt bezeichnen wir als »Autotuning«.

Könnten Sie dafür ein Beispiel nennen?

Wenn der Windmesser einer Windenergieanlage ausgefallen ist, kann sie sich mit anderen Anlagen ihres Windparks vernetzen, um die Winddaten von ihnen zu bekommen. Menschen vermögen sich ebenfalls mit Smartphones und Tablet-PCs einzuklinken. Für die Bahn gilt Ähnliches: Züge können sich selbst mit der Leitwarte oder mit Menschen außerhalb verbinden. Möglich wird all dies durch den rasanten technischen Fortschritt im Embedded Computing.

Welche Strategie verfolgt GE bei der Realisierung der Vision »Industrial Internet«?

Im Zentrum unserer Strategie steht, übergreifende Technologien für alle GE-Sparten bereitzustellen, um diese intelligent zu verknüpfen. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die »Predix Platform«, eine Art Betriebssystem für das Industrial Internet. Sie ist nicht proprietär, sondern beruht auf offenen Standards und Open-Source-Techniken, um die Bedürfnisse und Anforderungen aller unserer Geschäftsfelder zu erfüllen. Insofern kann sie sogar der gesamten Volkswirtschaft dienen – über GE hinaus.

Orientiert sich GE bei der Entwicklung des Betriebssystems an Industrie-Software-Kategorien wie ERP, PLM oder MES?

Nein, wir suchen unsere Anregungen bewusst nicht bei den großen Industrie-Anwendungen, sondern bei den Technologien, die darunter liegen. Entscheidend ist ja, riesige Datenmengen in Echtzeit intelligent zu verarbeiten und zu interpretieren. Und da stellt sich die Frage: Wer hat das schon umgesetzt? Die Antwort lautet: Unternehmen ohne industriellen Hintergrund, also Google, Yahoo, Facebook, Ebay oder Amazon. An ihnen orientieren wir uns viel stärker als an bekannten Industrie-Software-Konzepten.


  1. GE auf dem Weg zum »Industrial Internet«
  2. »Predix Platform« als Betriebssystem für das Industrial Internet

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