Konzept »Industriearbeitsplatz 2025«

Industrie 4.0 menschlich gestalten

29. August 2018, 16:08 Uhr | Hagen Lang
© Westend61

Die »Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik« (WGP) hat in ihrem Positionspapier »Industriearbeitsplatz 2025« die Industrieautomatisierung analysiert und Maßnahmen für eine »menschliche« Transformation zur Industrie 4.0 formuliert.

Die Professoren haben sich bei ihrem Modell für einen humanen Übergang zur Industrie 4.0 am Stufenmodell für autonomes Fahren orientiert. Unterschiedliche Automatisierungsstufen beschreiben dabei den Weg hin zur Vollautomatisierung. Diese Stufen werden auf drei unterschiedliche Dimensionen angewendet: die Material- und Informationsflüsse (Vernetzung), den Anlagenzustand (Betriebszustand) und den jeweiligen Produktionsprozess.

»Unternehmen können dieses Modell nutzen, um den Automatisierungsgrad ihrer unterschiedlichen Produktionsprozesse zu bestimmen und daraus abzuleiten, wo Handlungsbedarfe bestehen«, sagt Prof. Peter Groche, Initiator des WGP-Standpunktpapiers und Leiter des Instituts für Produktionstechnik und Umformmaschinen (PtU) der TU Darmstadt. Dabei geht es nicht nur darum, zu eruieren, ob weiter automatisiert oder auf weitere Automatisierung verzichtet werden sollte, sondern auch um die Gestaltung des künftigen Arbeitsplatzes und der Weiterbildung

»Wir benötigen auch für die Produktion eine Roadmap der Automatisierung, im Rahmen derer wir Arbeitsplätze zukunftsorientiert ausrichten können«, ergänzt Prof. Jörg Krüger, Leiter des Fachgebiets Industrielle Automatisierungstechnik im Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb (IWF) der TU Berlin sowie Leiter des Geschäftsfeldes Automatisierungstechnik des Fraunhofer Instituts für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK in Berlin. »Ältere Modelle werden dem nicht gerecht. Gerade die zukünftige Verbindung des Menschen mit maschinell lernenden Systemen in der Fabrik müssen wir genauer betrachten.«

»Auch selbstlernende Produktionssysteme müssen von Facharbeiterinnen und Facharbeitern zum Lernen angeleitet werden«, ist sich Prof. Bernd-Arno Behrens, Leiter des Instituts für Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM) der Leibniz Universität Hannover, sicher. »Und autonome Teilsysteme einer Produktionsanlage müssen überwacht und instand gehalten werden. Zudem eröffnen beispielsweise datenbasierte Dienstleistungen und maschinelles Lernen ganz neue Geschäftsmodelle, für die Mitarbeiter mit neuen Qualifikationsprofilen benötigt werden.«

Industrie 4.0 könnte für die Rückverlagerung von einfachen und qualifizierten Arbeitsplätzen nach Deutschland sorgen, glauben die Autoren, denn die Vereinigung der Produktionsverantwortung unter einem Dach mach Sinn. »Es kann einen nicht zu unterschätzenden unternehmerischen Vorteil bedeuten, die gesamte Prozesskette an einem Standort überblicken zu können«, so Behrens.

»Mit Blick auf den Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb sind hochqualifizierte Mitarbeiter, die sich durch ein hohes Prozessverständnis auszeichnen, ebenfalls ein Pfund, mit dem wir wuchern können«, so Behrens. »Nur wenn wir diesen Qualifikationsvorsprung aufrecht erhalten, kann auch der Wettbewerbsvorteil des Hochlohnlandes Deutschland in näherer Zukunft gehalten werden, weil die Mitarbeiter selbst bei zunehmender Automatisierung in der Lage sind, den Prozess nachzuvollziehen und – wenn nötig – entsprechend einzugreifen.«

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