Beim Brand von Notre Dame in Paris half ein Roboter bei den Löscharbeiten – allerdings musste er noch von Menschenhand ferngesteuert werden. Mithilfe von künstlicher Intelligenz könnten Roboter solche Aufgaben künftig ganz selbstständig übernehmen und damit Leben retten.
Roboter, die mithilfe von KI autonom agieren, sollen in einigen Jahren Einsatzkräfte vor Ort unterstützen und dadurch verhindern, dass sich die Retter selbst unter Umständen in Lebensgefahr begeben. Daran arbeitet ein Team um Dr. Sirko Straube. Er ist Forschungsbereichsmanager und stellvertretender Leiter des Robotics Innovation Center am Bremer Standort des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) und Mitglied der Arbeitsgruppe Lebensfeindliche Umgebungen der Plattform Lernende Systeme. Die Arbeitsgruppe widmet sich den Anforderungen und Technologien für den Einsatz lernender Systeme in schwer zugänglichen und gefährlichen Umgebungen. Sie thematisiert auch Fragen der Transparenz solcher Systeme und der Entscheidungsgewalt des Menschen. In ihrem Anwendungsszenario „Schnelle Hilfe beim Rettungseinsatz“ zeigt die Arbeitsgruppe, wie selbstlernende Roboter in naher Zukunft Einsatzkräfte zum Beispiel bei Bränden unterstützen können.
Technisch ist der Prototyp eines selbstständigen Roboters für eine Anwendung im Rettungseinsatz nach Auskunft von Dr. Straube heute schon machbar, wie Beispiele von hochmobilen Robotern zeigen, die eigenständig unbekanntes Gelände erkunden und kartieren: »Die Entwicklungskosten sind hoch und die Systeme müssen mit viel Aufwand noch robust und verlässlich gemacht werden, um im Einsatz eine echte Hilfe zu sein«, erklärt Dr. Straube. »Der Bedarf ist da, der Markt für die Technologie entsteht gerade erst.«
Intelligente Roboter können einsturzgefährdete Gebäude betreten und diese kartieren, Brände überfliegen oder radioaktive Strahlungen messen – und so das Gefahrenpotenzial für die Rettungskräfte ausloten. Sogar das Aufräumen bestimmter – beispielsweise kontaminierter – Gebiete ist mit teilautomatisierten robotischen Fahrzeugen denkbar. »Mithilfe von KI können all diese Systeme selbstständig arbeiten, ohne dass ein Mensch sie fernsteuern muss. Dies ist auch notwendig, damit Roboter schnell und effizient relevante Gefahren oder Einsatzziele identifizieren«, schildert Prof. Frank Kirchner, wissenschaftlicher Direktor des Robotics Innovation Center und Leiter der Arbeitsgruppe Lebensfeindliche Umgebungen der Plattform Lernende Systeme. Die Roboter müssen in der Lage sein, eigenständig ihre Aufgaben zu erfüllen und dabei flexibel auf neue Situationen zu reagieren. Erst wenn robuste Systeme mit diesen Eigenschaften auf dem Markt sind, können sie auch weiterentwickelt werden, dazu lernen und Erfahrungen aufbauen. Durch Cloud-Architekturen können dann auch mehrere Robotersysteme einen Erfahrungsschatz teilen und hierdurch gemeinsame Modelle lernen.
Dabei gehe es ausdrücklich nicht darum, Menschen bei der Extremrettung zu ersetzen, sondern um Arbeitsteilung, unterstreicht Straube: »Absehbar wird sich daher an der Rolle des Menschen nichts ändern: Menschliche Einsatzkräfte sind für die Hilfe nach Katastrophen oder Unfällen zentral und unverzichtbar.«
Straube stellt auch klar, dass Roboter keine Entscheidung in Bezug auf Menschenleben treffen können: »Die Technologie befähigt die Systeme noch nicht ausreichend zu derart komplexen Entscheidungen, für die man beispielsweise intuitive Fähigkeiten benötigt und die Möglichkeit, situativ auf Basis von Erfahrungen zu entscheiden.« Und wenn die künstliche Intelligenz dies eines Tages zulässt? Dann müssen wohl Gesellschaft und Politik klären, was Roboter entscheiden dürfen oder nicht.
»Wir wünschen uns für die Zukunft, dass uns selbstlernende Assistenzsysteme beim Einsatz helfen und wir uns nicht mehr in lebensgefährliche Situationen begeben müssen«, resümiert Thorsten Lömke von der Feuerwehr Dortmund.