Das SORTE-Protokoll könnte Echtzeit-Ethernet-Protokolle ablösen. Daran ist aber nicht gedacht – vielmehr soll es etablierte Sensor/Aktor- und Drehgeber-Verbindungen ersetzen und Sensoren und Aktoren ertüchtigen. Thomas Leyrer und Thomas Mauer von Texas Instruments (TI) erläutern die Hintergründe.
smarterWorld: Welche Vorteile bringt das SORTE-Protokoll gegenüber den gängigen Sensor/Aktor-Verbindungen?
Thomas Leyrer: Das SORTE-Protokoll zielt darauf ab, die Digitalisierung von Ein-/Ausgangsfunktionen auf die Sensor/Aktor-Ebene hinunterzubekommen. Die meisten Sensoren haben analoge Verbindungen und senden diskrete Messsignale, sind aber nicht „richtig“ kommunikationsfähig. Ethernet-Kommunikation ist bei weitem robuster als diskrete Signalübertragung und bietet mehr Diagnosemöglichkeiten, was für Predictive Maintenance von Vorteil ist:
Erstens werden die Daten mit Forward-Error-Correction-Code in die Leitung geschickt und bei Kabellängen bis 100 m zuverlässig übertragen; mit einem speziellen Ethernet-Physical-Layer-Baustein von TI sogar bis 150 m. Zweitens hat jedes Datenpaket eine CRC-Checksumme, so dass auf der Protokollschicht überprüft wird, ob die Daten richtig übertragen werden.
smarterWorld: Für Echtzeit-Motion-Control in Antrieben von Werkzeugmaschinen scheint das SORTE-Protokoll prädestiniert zu sein. Könnte es gängige Motor-Feedback-Protokolle verdrängen?
Thomas Leyrer: Eine Stoßrichtung des SORTE-Protokolls ist die Kommunikation zwischen den einzelnen Modulen von Antriebssystemen. Bisher war es nicht möglich, mit Echtzeit-Ethernet ins Zentrum der exakten Motorsteuerung vorzudringen. Das Motor-Feedback fußt deshalb meist auf Drehgeber-Protokollen wie EnDat oder Hiperface. Sie beruhen auf RS-485-Schnittstellen und übertragen etwa alle 10 µs Positionswerte. In puncto Zykluszeiten sind sie also den gängigen Industrial-Ethernet-Protokollen überlegen, aber sie bilden Punkt-zu-Punkt-Verbindungen und erfordern daher ein separates Kabel.
Mit Texas Instruments SORTE-Protokoll lassen sich sich die Zykluszeiten weiter verkürzen; zudem lässt sich Ethernet bis zum Geber durchschleifen und in Reihe verdrahten. Die leistungsfähigsten Motortreiber können heutzutage 250-kHz-Step-Signale erzeugen; SORTE mit seinen 4 µs Zykluszeit unterstützt diese Bausteine exakt.
smarterWorld: Ließen sich die Zykluszeiten des SORTE-Protokolls noch weiter verkürzen, wenn die Motortreiber noch höherfrequente Step-Signale erzeugen könnten?
Thomas Mauer: Für kürzere Zykluszeiten als 4 µs müssten wir das PRU-ICSS 1-GBit-fähig machen. Ein solcher Schritt ist in Arbeit.
Große Teile zumindest der deutschen Automatisierungsbranche favorisieren OPC UA auf Basis von Echtzeit Ethernet TSN (Time-Sensitive Networking) als Rückgrat der Kommunikation zwischen Sensor und Cloud in der Industrie 4.0.