Alternative zur Elektronenmikroskopie

Besser sehen mit Schall

1. Oktober 2018, 16:19 Uhr | Hagen Lang
Aufnahme einzelner Moleküle mit Hilfe von Schall.
© TU Wien

Die an der TU Wien entwickelte »Nanomechanische Absorptions-Mikroskopie« überwindet erfolgreich Beschränkungen herkömmlicher Lichtmikroskope, die sich daraus ergeben, dass Objekte, die kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts, nicht dargestellt werden können. Zunutze machen Sie sich Schallwellen.

Strukturen, die kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts (unter ca. 380 nm), können Lichtmikroskope nicht mehr voneinander unterscheiden. Man verwendet etwa Elektronenmikroskope oder bestimmt die Position besonderer  fluoreszierender Moleküle, indem man eine große Zahl von Bildern nacheinander aufnimmt. 

Ein Team der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der TU Wien hat jetzt nach jahrelanger Forschung eine neue Mikroskopie-Methode präsentiert, mit der man einzelne Moleküle abbilden und bestimmen kann. Die Moleküle werden auf einer winzigen Membran platziert und mit einem Laser bestrahlt. Gemessen wird, wie sich das Schwingungsverhalten der Membran dadurch verändert. Die entscheidende Messgröße ist somit nicht Licht, sondern eine mechanische Schwingung – der Schall.

Trifft der Laserstrahl auf das Molekül, nimmt es Energie auf und erwärmt dadurch die Membran in seiner Umgebung. Diese Erwärmung wiederum bewirkt, dass sich die Schwingfrequenz der Membran verstimmt.  »Man kann sich das vorstellen wie eine kleine Trommel«, erklärt Prof. Silvan Schmid vom Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme der TU Wien. »Wenn sich die Trommelmembran erwärmt, wird sich auch das Trommelgeräusch ändern. Dasselbe geschieht bei unseren Mikro-Membranen.« 

Die Membran schwingt mit einer Frequenz in der Größenordnung von etwa 20 Kilohertz – das entspricht einem sehr hohen Ton, in einem Frequenzbereich den zumindest Kinder normalerweise gerade noch hören können. Das Geräusch der Membran im nanomechanischen Absorptions-Mikroskop ist aber viel zu leise, um wahrgenommen zu werden. Es wird mit optischen Sensoren gemessen. 

Wenn man die gesamte Membran Punkt für Punkt mit dem Laser beleuchtet und jedes Mal die akustische »Verstimmung« der Membran misst, kann man dann berechnen, wo ein Molekül sitzt – und so lässt sich ein Bild mit hohem Kontrast erzeugen. »Wir haben die Methode auf Fluorophore angewandt, das sind fluoreszierende Moleküle, die auch mit anderen Methoden abgebildet werden können. Dadurch konnten wir zeigen, dass unser Schwingungs-Bild tatsächlich stimmt«, sagt Silvan Schmid.

»Unsere Methode lässt sich allerdings auch auf andere Moleküle anwenden. Man muss nur die Wellenlänge des Laserlichts richtig wählen.  Man kann auf diese Weise einzelne Moleküle lokalisieren und analysieren, man kann Detektoren für winzige Stoffmengen bauen, man kann sie aber auch für die Festkörper-Forschung einsetzen, etwa um elektronische Schwingungen in Nano-Antennen zu messen« , sagt Silvan Schmid.

Entscheidend für das Funktionieren der neuen Methode war, passende Membranen herzustellen. „Wir benötigen ein Material, das sein Schwingungsverhalten möglichst deutlich ändert, wenn es durch einzelne Moleküle lokal erwärmt wird“, sagt Silvan Schmid.  Die Forscher wurden bei Siliziumoxid fündig, aus dem sie die Membranen jetzt herstellen. Hierfür arbeitet Schmids Team mit der Biophysik-Forschungsgruppe von Prof. Gerhard Schütz (ebenfalls TU Wien) zusammen.

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