Karlsruher Institut für Technologie KIT

Elektronische Konkurrenz für die Nase

30. April 2018, 11:55 Uhr | Nicole Wörner
Die elektronische Nase nimmt wie die menschliche Nase komplexe Gasgemische – also Gerüche – wahr und kann sie anhand spezifischer Signalmuster erkennen.
© Amadeus Bramsiepe, KIT

Forscher am KIT entwickeln einen Sensor, dem man die unterschiedlichsten Gerüche beibringen kann. Die »elektronische Nase« soll massentauglich sein und mögliche Gefahren wie etwa schwelende Kabel oder verdorbene Lebensmittel früher als ein Mensch erschnuppern können.

Die Nase des Menschen besteht aus etwa zehn Millionen Riechzellen, mit rund 400 unterschiedlichen Geruchsrezeptoren. Diese Rezeptoren nehmen Gerüche wahr und erzeugen ein spezifisches Signalmuster. Das Gehirn ordnet das Signalmuster einem bestimmten Geruch zu. 

»Wir haben uns die biologische Nase als Vorbild genommen«, sagt Dr. Martin Sommer, der das Projekt „smelldect“ am Institut für Mikrostrukturtechnik des KIT betreut. »Bei unserer elektronischen Nase reagieren Nanofasern auf komplexe Gasgemische – also Gerüche – und bilden ebenfalls Signalmuster, anhand derer der Sensor diese erkennt.« 

Die elektronische Nase ist nur wenige Zentimeter groß…

...Sie enthält die gesamte Betriebselektronik, inklusive der Technologie zur Auswertung der Gase. Die „Nase“ besteht aus einem Sensorchip, auf dem Nanodrähte aus Zinndioxid auf vielen einzelnen Sensoren angebracht sind. Spezifische Signalmuster errechnet der Chip über die Widerstandsänderungen der Einzelsensoren. Diese hängen von den Molekülen aus der Umgebungsluft ab, sind für verschiedene Gerüche jeweils unterschiedlich – und damit charakteristisch und wiedererkennbar. Wurde dieses Muster vorher in den Chip eingelernt, kann es der Geruchssensor innerhalb von Sekunden erkennen.

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Die elektronische Nase ist ein Sensorchip, auf dem Nanodrähte mit Gerüchen – also komplexen Gasgemischen – reagieren.
Die elektronische Nase ist ein Sensorchip, auf dem Nanodrähte mit Gerüchen – also komplexen Gasgemischen – reagieren.
© Martin Sommer, KIT

Um das Verfahren in Gang zu bringen,…

...setzen die Forscher auf eine in das Sensorgehäuse integrierte Leuchtdiode, welche die Nanodrähte mit UV-Licht bestrahlt. Dadurch sinkt der ursprünglich sehr hohe elektrische Widerstand des Zinndioxids soweit, dass Änderungen von diesem – hervorgerufen durch die für den Geruch verantwortlichen und auf der Zinndioxid-Oberfläche angelagerten Moleküle – überhaupt erst ermittelt werden können.

»Nimmt der Sensor einen Geruch wahr, sinkt der Widerstand noch weiter. Verschwindet der Geruch, dann stellen sich die ursprünglichen Verhältnisse mit entsprechend hohem elektrischen Widerstand wieder ein, sodass die „Nase“ für weitere Geruchsmessungen bereit ist«, sagt Sommer.

Der Sensorchip kann eine Vielzahl unterschiedlicher Gerüche…

...erlernen und ist damit vielseitig einsetzbar: ob im Haushalt zur Kontrolle der Raumluft oder als Brandmelder, beim Einkaufen, um zu erkennen, wie frisch Fisch oder Fleisch ist, in der Qualitätsendkontrolle beispielsweise von Honig oder als Nase für einen Roboter.

»Die Schwierigkeit ist, dass Geruch nicht gleich Geruch ist. Eine Rose beispielsweise riecht bei Sonnenschein anders als bei Regen«, so der Physiker. »Deshalb trainieren wir die elektronische Nase momentan für spezifische Einsatzzwecke, die aber universell wählbar sind.« 

Die Wissenschaftler des KIT…

...wollen einen möglichst preiswerten Sensor entwickeln, um ihn massentauglich zu machen. »So könnte man die elektronische Nase in Zukunft beispielsweise in alle Elektrogeräte einbauen, um Kabelbränden vorzubeugen. Oder wir statten Smartphones damit aus. Jeder hätte dann beim Einkaufen seine eigene, hochsensible elektronische Nase dabei«, sagt Sommer. 


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