Pyro-magnetische Optik

Magnetischer Temperaturmesser entdeckt

27. Juli 2015, 13:42 Uhr | Nicole Wörner

Um Wärmeverluste an Häusern sichtbar zu machen, kommen meist Wärmebildkameras zum Einsatz. Auch in der Industrie wird die Thermografie zur Werkstoffprüfung eingesetzt. Kieler Forscher haben nun einen neuartigen Ansatz entwickelt. Vorab: der Magnetismus macht’s.

Thermografische Aufnahme eines integrierten Schaltkreises mittels pyro-magnetischer Optik. Das Bild zeigt sowohl die magnetischen Domänen als auch die Wärmeverteilung entlang der Drähte an.
Thermografische Aufnahme eines integrierten Schaltkreises mittels pyro-magnetischer Optik. Das Bild zeigt sowohl die magnetischen Domänen als auch die Wärmeverteilung entlang der Drähte an.
© McCord/Wiley

Wer ein Haus energetisch sanieren möchte, nutzt oft die bekannten, gelb bis blau leuchtenden Wärmebilder. Mittels Infrarotmessung sollen dabei Schwachstellen sichtbar gemacht werden. Abhängig vom Material kann es bei der Methode allerdings zu großen Messfehlern kommen. Aus den Laboren der Christian-Albrechts-Universität Kiel kommt nun eine Technik, die materialunabhängig minimalste Temperaturunterschiede mit hoher räumlicher Auflösung sichtbar macht.

Die Wissenschaftler aus Kiel machen sich bei ihrer Entdeckung die magnetischen Eigenschaften eines bestimmten Materials zunutze. In den Experimenten wird eine dünne und transparente Schicht einer Granat-Verbindung (Granat ist ein Mineral aus der Klasse der Silikate) auf den Untersuchungsgegenstand aufgelegt – in diesem Fall ein integrierter Schaltkreis eines Mikrochips. Verändert sich nun die Temperatur irgendwo in dem Schaltkreis auch nur minimal, reagiert das darauf liegende Material mit veränderten magnetischen Eigenschaften. Je wärmer es wird, desto kleiner wird die Magnetisierung.

Diese, je nach Temperatur unterschiedliche, Magnetisierung kann mit einem so genannten Polarisationsmikroskop sichtbar gemacht werden: Polarisiertes Licht ist Licht, dem eine bestimmte Schwingrichtung aufgezwungen wird (etwa wie bei manchen Sonnenbrillen). Trifft es auf die Oberfläche der dünnen Schicht, wird es je nach deren Magnetisierung anders reflektiert. Eine digitale, lichtempfindliche Kamera nimmt das zurückgeworfene Licht auf. Die magnetooptischen Aufnahmen zeigen die Temperaturverteilung im Schaltkreis und die winzigen magnetischen Domänen des Materials; das sind abgegrenzte Bereiche, die die gleiche Polarisation haben.

Das von den Kieler Physikern entworfene Material funktioniert als extrem genauer Temperaturmesser. Minimale Veränderungen von bis zu einem Hundertstel Grad Celsius, die in Millisekunden ablaufen, kann die Messmethode mit einer Auflösung von Mikrometern anzeigen.

»Unsere Technik eröffnet damit völlig neue Möglichkeiten für verschiedene Wärmebildanwendungen«, ist sich Professor Jeffrey McCord, Leiter der Studie vom Kieler Institut für Materialwissenschaften, sicher. Denkbar sind neuartige Wärmebildkameras. Insbesondere die Fehleranalyse von elektronischen Bauteilen könnte die »pyro-magnetische Optik«, so der Name des neuen Verfahrens, einfacher und genauer machen.


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