Kernspinresonanz

Sensitivität auf kleinstem Raum gesteigert

31. August 2017, 15:49 Uhr | Hagen Lang
Zwei Lenz-Linsen in einem Helmholtz-Spulenpaar angeordnet. Die Simulation zeigt, wie die Lenz-Linsen den magnetischen Fluss räumlich fokussieren.
© Nils Spengler/KIT

Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben die Empfindlichkeit von NMR-Messungen durch Lenz-Linsen, die den magnetischen Fluss fokussieren gesteigert. Damit werden Messungen in eng begrenzten Räumen möglich, in die konventionelle NMR-Systeme nicht hinein passen.

Sowohl die Magnetresonanztomografie (MRT), ein bildgebendes Verfahren in der medizinischen Diagnostik zur Darstellung der Struktur und Funktion von Geweben und Organen, als auch die NMR-Spektroskopie, ein Verfahren zur Analyse der Struktur und Dynamik von Molekülen in Biologie, Biochemie, Chemie, Physik und Materialwissenschaften, basieren auf der Kernspinresonanz, kurz »NMR« (Nukleare Magnetische Resonanz).

Die Forschung steht vor der Herausforderung hierbei das ungünstige Signal-Rausch-Verhältnis zu verbessern und dadurch die Sensitivität der NMR-Messungen u steigern. »Eine hohe Sensitivität ist vor allem dann unabdingbar, wenn wir es mit massen- und volumenbegrenzten Methoden zu tun haben oder wenn eine hohe räumliche Auflösung gefordert ist«, erklärt Professor Jan Gerrit Korvink, Direktor am Institut für Mikrostrukturtechnik (IMT) des KIT und Leiter der Gruppe »Magnetic Resonance Microscopy and Related Topics«.

Miniaturisierte Hochfrequenzspulen haben sich zur Erzeugung und zum Empfang des magnetischen Wechselfeldes bei  NMR-Messungen an kleinen Proben bewährt. Ein internationales Forscherteam hat nun für mobile Anwendungen und die weitere Miniaturisierung eine neue Methode zur Steigerung der Sensitivität auf engstem Raum entwickelt. Sie nutzt magnetische Linsen, sogenannte Lenz-Linsen, um den magnetischen Fluss einer makroskopischen Hochfrequenzspule auf ein kleineres Volumen zu fokussieren und die Empfindlichkeit lokal zu erhöhen.

NMR-Röhrchen
Fünf-Millimeter-NMR-Röhrchen mit Lenz-Linse. Das Röhrchen ist mit dem Polysaccharid Agarose gefüllt, das sich herkömmlichen NMR-Systemen nicht detektieren ließe.
© Nils Spengler/KIT

Mit diesen Linsen – benannt nach der von dem Physiker Emil Lenz veröffentlichten Regel über die magnetische Flussänderung – lässt sich der magnetische Fluss des Wechselfelds nicht nur fokussieren, sondern auch umleiten oder umformen. Ihre Wirkung lässt sich insofern mit der von optischen Linsen auf Lichtstrahlen vergleichen. Der Wechsel des Magnetfelds induziert einen Strom in die Lenz-Linsen, die aus Metallplatten oder –drähten in symmetrischer oder asymmetrischer Anordnung bestehen. Die Form der Linsen lenkt die induzierten Ströme so, dass eine Fokussierung des Magnetfelds bewirkt wird.

Mit Lenz-Linsen lässt sich die Empfindlichkeit der Messungen in eng begrenzten Räumen, in die konventionelle NMR-Systeme nicht hineinpassen, deutlich steigern. Die Linsen funktionieren zudem bei beliebiger Feldstärke. Unter anderem können verschiedene medizinische Anwendungen vom Einsatz der Lenz-Linsen profitieren, wie Korvink berichtet: »Da die Linsen nicht verdrahtet sind, eignen sie sich besonders gut für Implantationsanwendungen.«

Denkbar ist beispielsweise die Anwendung in Hirnimplantaten, bei denen die Heilung des Gewebes über längere Zeit mit hoher Auflösung beobachtet werden muss, oder auch auf Pflastern zur Beobachtung von Hautkrebs. Derzeit erschließen die Forscher weitere Anwendungsmöglichkeiten, unter anderem in der Elektrotechnik.

Professor Jan Gerrit Korvink hat gemeinsam mit Dr. Nils Spengler, Professorin Ulrike Wallrabe, Dr. Peter T. While und Markus V. Meissner sowohl den Einsatz von Lenz-Linsen in NMR-Messungen experimentell demonstriert als auch das zugrunde liegende Prinzip mathematisch formuliert. Ihre Ergebnisse präsentieren die Wissenschaftler der Universität Freiburg, der Universitätsklinik Trondheim/Norwegen und des KIT aktuell in der Zeitschrift PLOS ONE.


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