KIT / Intelligentes Multisensorsystem

Smarte Messboje überwacht Wasserqualität

30. August 2016, 11:01 Uhr | Nicole Wörner
Derzeitige Einsatzmethode des Multialgensensors – künftig wird sie im Verbund mit weiteren Sensoren automatisiert von Bojen aus betrieben.
© bbe Moldaenke

Die übermäßige Anreicherung von Gewässern mit Nitraten und Phosphaten lässt Algen und Cyanobakterien unkontrolliert wachsen und Schadstoffe freisetzen. Forscher des KIT haben nun ein intelligentes Monitoringsystem entwickelt, das die mögliche Verunreinigung des Trinkwassers überwacht.

Ziel ist des Entwicklungsprojektes ist es, Technologien in einer tiefenprofilierenden Multisensor-Messboje zusammenzuführen, mit der sich Gewässer und Algenwachstum überwachen lassen. 

»Ein guter Zustand unserer Gewässer ist von enormer gesellschaftlicher Bedeutung«, sagt Dr. Andreas Holbach, der das Verbundprojekt „WAQUAVID“ zusammen mit Professor Stefan Norra am KIT koordiniert. »Ein weltweites Problem ist allerdings die Schadstoffbelastung, die die Qualität der Gewässer – beispielsweise als Trinkwasserressource, Schutzgebiet oder Aquafarming-Standort – stark beeinträchtigen kann.« Herkömmliche Monitoringstrategien setzten sich häufig aus einer Vielzahl unabhängig agierender Sensorsysteme zusammen, so Norra. Das erschwere und verlangsame eine integrierte Datenauswertung. »Wir müssen den Gewässerzustand schnell und ganzheitlich erfassen, um mögliche Maßnahmen fundiert, effektiv und unmittelbar ableiten zu können.«

Gesamtziel von WAQUAVID ist daher die Entwicklung einer innovativen Multisensor-Tiefenprofilmessboje. 

Gewässer sind oft nicht einheitlich vermischt, sondern weisen eine tiefenabhängige Schichtung der physikalischen, chemischen und biologischen Parameter auf. Das neue Multisensorsystem wird in der Lage sein, die Gewässerqualität in den verschiedenen Tiefen zu ermitteln. Dieses Tiefenprofil von Gewässern ermöglicht die umfassende Erforschung der die Wasserqualität beeinflussenden Prozesse. 

Die Boje wird sowohl bei Untersuchungen der Wissenschaftler vor Ort (in situ) eine Vielzahl von Parametern messen – wie Temperatur, Sauerstoffkonzentration, Algengehalt und Treibhausgase – als auch ferngesteuert ein gezieltes Entnehmen von Wasserproben ermöglichen. 

Drohnen als Hilfsmittel 

Diese Messmethode ist sehr genau, aber lokal begrenzt. Um auch größere Wasserflächen untersuchen zu können, nutzen die Forscher zusätzlich hyperspektrale Fernerkundungsdaten: Fluggeräte wie Drohnen, Flugzeuge oder Satelliten zeichnen dazu die spektralen Eigenschaften – vor allem besonders auffällige Merkmale der reflektierten Strahlung – von Wasser, Schwebstoffen, Algen und anderen Stoffen mit sehr hoher Empfindlichkeit großflächig auf. 

Über spezielle Auswertealgorithmen lassen sich daraus Parameter ableiten, die in Verbindung mit den Bojendaten den jeweiligen Wasserzustand für ausgedehnte Wasserflächen mit hoher räumlicher Auflösung beschreiben. 

Die Integration einer Hyperspektralkamera bildet damit die Schnittstelle zwischen punktuellem in-situ-Monitoring und flächenhaften Methoden der Gewässerüberwachung über die Fernerkundung. 

Hierfür arbeiten am KIT die Arbeitsgruppe Umweltmineralogie und Umweltsystemanalyse (ENMINSA) – eine gemeinsame Einrichtung des Instituts für Angewandte Geowissenschaften und des Instituts für Geographie und Geoökologie – und das Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung (IPF) mit den beiden Firmen ADM Elektronik (ADM) und bbe Moldaenke (bbe) zusammen.

Kopplung mit diversen Sensoren

Neu ist dabei die Kopplung des Multisensorsystems – das sich über Windkraft und Solarzellen selbst mit der benötigten Energie versorgt – mit Sensoren für CO2 und Methan, Probenahme, Fließrichtungsanalyse und meteorologischer Messstation. 

Weiterhin werden neue Methoden in die Sonde „Fluoroprobe“ der Firma bbe integriert, welche insbesondere die photosynthetische Aktivität verschiedener Algen messen kann. So wird unter anderem über das Erfassen des an der Photosynthese beteiligten Pigments Phycocyanin eine Frühwarnung zu Giftstoffen aus Cyanobakterien möglich. Ergänzend können die Wissenschaftler die fernerkundlichen Sensoren zur Erfassung flächenhafter Daten für Gewässer auf der Grundlage von differenzierten Algenmessungen grundlegend kalibrieren und validieren.

Künftig soll das Monitoringsystem in Kombination mit der fern-erkundlichen Anwendung eine bedeutende Lücke in der Gewässerüberwachung in Hinblick auf nationale, europäische und internationale Qualitätsansprüche schließen. Insbesondere wird es dabei unterstützen, die ökologische Funktionstüchtigkeit von Gewässern in situ und online zu analysieren. Damit ermöglicht es den zuständigen Behörden und Unternehmen auch, zeitnahe Entscheidungen im Hinblick auf den Erhalt einer hohen Wasserqualität und der Gewässerökosysteme zu fällen.
 


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