Als Wärmeleiter für extreme Leistungsdichten

Löst der synthetische Diamant das Kupfer ab?

28. August 2014, 12:01 Uhr | Corinne Schindlbeck und Karin Zühlke
Synthetische Diamantwerkstoffe werden typischerweise in das Systemmodul integriert, direkt zwischen dem aktiven Element und dem Verpackungsmaterial. Das Bild zeigt einen typischen Modulaufbau für Anwendungen mit CVD Diamant.
© Element Six

Steigende Leistungsdichten in elektronischen Bauelementen bringen neue Materialien ins Spiel: Synthetischer Diamant ist ein elektrischer Isolator und hat eine Wärmeleitfähigkeit, die vier bis fünf Mal höher ist als die von Kupfer.

Rentabel ist er bislang vor allem in Hochleistungsanwendungen wie Lasermodulen. Trotz der gegenüber Kupfer höheren Kosten sehen Hersteller wie Element Six großes Wachstumspotenzial. In der Praxis sind allerdings noch einige Fragen zu klären.

Synthetische Diamantprodukte sind in hohen Stückzahlen kommerziell erhältlich. Neben dem britischen Hersteller Element Six gibt es in Deutschland die Firma Diamond Materials, eine Ausgründung des Fraunhofer-Institutes für Angewandte Festkörperphysik (IAF) aus Freiburg, die sich auf die Herstellung und Bearbeitung hochreiner CVD-Diamantscheiben spezialisiert hat. Auch Sumitomo Electric in Willich fertigt synthetische Diamanten.

In Forscherkreisen hat das Material aufgrund der physikalischen Eigenschaften einen besonderen Stellenwert: durch seine extreme Härte, seine bislang unerreichte Wärmeleitfähigkeit und seine breitbandige optische Transparenz, die sich vom Ultravioletten bis in den Bereich der Terahertzstrahlung erstreckt. Als Additiv von ca. 0,3 Vol.% in Kühlmitteln erhöht synthetischer Diamant die Wärmeleitfähigkeit um bis zu 20%. Im Gegensatz zu Metallen wie Kupfer, das Wärme über Leitungselektronen transportiert, erfolgt bei Diamant der Abtransport durch Gitterschwingungen. Die Wärmeleitfähigkeit von Diamant liegt über 1800 W/mK.

Adrian Wilson ist Leiter der Technologiesparte von Element Six, Tochter der Firmengruppe DeBeers. »Für Wärmeanwendungen fertigen wir Diamant typischerweise aus polykristallinem Diamant. Solche Diamantwafer werden in Scheiben mit bis zu 140 mm Durchmesser und glatten Oberflächen gefertigt und nach der Bearbeitung in kleinere Wärmespreizer in den benötigten Abmessungen gelasert«, erklärt Wilson.

Diamantwärmespreizer können Kupfer in Anwendungen ersetzen, bei denen eine hohe Energiedichte vorliegt, oft in Kombination mit einer benötigten elektrischen Isolierung. Doch inwieweit ist es rentabel, damit Kupfer zu ersetzen? Denn CVD Diamant ist teurer als Kupfer, in Endverbraucherprodukten ist Diamant daher nicht zu finden.

Eine der Hauptanwendungsgebiete von CVD-Diamant ist die Kühlung von Hochleistungsbauelementen wie z.B. Laserdioden. Als weitere Anwendungsbeispiele nennt Wilson Leistungsverstärker für RF-Radaranwendungen oder Verstärker in der Funkübertragung für Mobilkommunikation. »Dann kann Diamant kosteneffizient sein, weil die Elektronik unter Bedingungen einsetzbar ist, die bislang unmöglich schienen. Da wir erwarten, dass die Leistungsdichten in elektronischen Teilen weiter steigen, wird die Anwendung unserer Wafer in den nächsten zwei bis drei Jahren signifikant zunehmen«, glaubt Wilson.

Freilich bringt der Einsatz von Diamantwärmespreizern zunächst höhere Anschaffungskosten mit sich. Der Preis für CVD-Diamant wird durch die Synthesekosten und die Endbearbeitung bestimmt. Gibt es Luft nach unten? Wilson: »Selbstverständlich versuchen wir, durch eine anhaltende Kostenreduzierung weitere Anwendungsmöglichkeiten von CVD-Diamant zu ermöglichen. Momentan stellen wir bei der Produktion unserer Galliumnitrid-auf-Diamant Technologie von 3-Zoll- auf 4-Zoll-Wafer um. Das ermöglicht die Verarbeitung dieser Wafer in der Standard- Halbleiterfertigung. Wenn in der Zukunft größere Wafer benötigt werden, z.B. 6 Zoll, werden wir eine 6-Zoll-Version unserer Wafer anbieten.«

In einer der ersten Anwendungen von Element Six wurde synthetischer Diamant in der Telekommunikationsindustrie als Kühlkörper für empfindliche elektronische Komponenten genutzt. »Seitdem haben wir ein ganzes Sortiment an polykristallinem Diamant und Verbundwerkstoffen aus synthetischem Diamant für das Wärmemanagement entwickelt«, erklärt Wilson. Typischerweise ersetzen Diamant-Wärmespreizer Hochleistungskeramiken wie AlN (Aluminiumnitrid), BeO (Berilliumoxid) oder AlOx (Aluminiumoxid). Wilson: »Auch Kupfer und Kupferlegierungen (CuW; CuMo (Kupfer/Wolfram; Kupfer/Molybdän)) werden zunehmend durch Diamant ersetzt.«

So bietet beispielsweise das thermische, polykristalline Diamantmaterial »Diafilm 200« eine Wärmeleitfähigkeit von mehr als 2000 W/mK, das ist fünfmal mehr als bei Kupfer. Für kostengünstigere Anwendungen im Wärmemanagement von elektronischen Systemen bietet Element Six »SCD Thermal«, das Partikel aus synthetischem Diamant mit Siliziumkarbid kombiniert.


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