DIN VDE-Novellen

Überspannungsschutz gemäß der neuen DIN-Normen

23. April 2018, 12:27 Uhr | Hagen Lang
Leitungen zwischen Überspannungsschützen, Neudeutsch Surge Protection Devices, SPD genannt und dem zu schützenden Gerät dürfen ohne zusätzliche Überspannungsschutzeinrichtungen eine Länge von 10 Metern nicht überschreiten.
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Das »Novellen-Paket« der DIN-Normen zum Überspannungsschutz ist recht umfangreich und wird ab Dezember 2018 verbindlich. Die wichtigen Änderungen haben wir für Sie in einem kurzen Beitrag zusammengefasst.

DIN VDE 0100-443:2016-10  »Schutz bei transienten Überspannungen infolge atmosphärischer Einflüsse oder von Schaltvorgängen« gibt vor, bei welchen Anwendungen Überspannungsschütze installiert werden müssen, DIN VDE 0100-543-2016-10 »Errichten von Niederspannungsanlagen Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel - Schaltgeräte und Steuergeräte - Überspannungs-Schutzeinrichtungen« bestimmt die auszuwählenden Überspannungs-Schutzeinrichtungen und deren normgerechte Installation.

In VDE 0100-443 werden neben den induzierten Überspannungen aus Blitzeinwirkungen jetzt auch explizit Überspannungen aufgrund direkter Blitzeinschläge in die Niederspannungsversorgung berücksichtigt. VDE 0100-443 enthält keine Anforderungen zum Schutz bei Überspannungen bei direkten oder nahen Blitzeinschlägen. In diesen Fällen sind die Blitzschutznormen VDE 0185-305 zu berücksichtigen.

Außerdem können neben der Überspannung auch Blitzströme auf einer Leitung fließen. Deshalb werden die Überspannungs-Schutzeinrichtungen, Neudeutsch “Surge Protection Devices” (SPD) nach den Anforderungen in drei Gruppen unterteilt:     

SPD Typ 1 schützt gegen hohe Überspannungen und Blitz(teil)ströme, SPD Typ 2 schützt gegen Überspannungen, SPD Typ 3 schützt empfindliche Verbraucher gegen "kleine" Überspannungen.  SPDs sollen so nah wie möglich am Speisepunkt der elektrischen Anlage errichtet werden zum Beispiel in der Gebäudehauptverteilung. Damit werden  die nachgeordneten Installationseinrichtungen geschützt.

Überspannungs-Schutzeinrichtungen vom Typ 1 kommen zum Einsatz, wenn hohe Blitzströme über die Erde oder das äußere Blitzschutzsystem in den Potenzialausgleichsleiter der Niederspannungsanlage gelangen. Obwohl sie Überschläge und Isolationsschäden verhindern, schützen sie nicht die gesamte Niederspannungsinfrastruktur, die meist niedrigere Bemessungsstoßspannungen aufweist.

Typ 2 Überspannungs-Schutzeinrichtungen schützen Geräte als Überspannungsschutzableiter und begrenzen als zweite Schutzstufe nach den Typ 1-Ableitern. Typ-3 Überspannungs-Schutzeinrichtungen werden nah am zu schützenden Gerät eingebaut, z.B. nahe an der EDV an Steckdosen oder Kabelkanälen. Spezielle Kombiableiter verschiedener Hersteller decken auch mehrere Schutzklassen ab, z.B. der Typen 2 und 3 in einem Gerät.

Die Notwendigkeit Überspannungsschütz zu installieren wurde nach VDE 0100-44 erweitert, sie gilt mittlerweile für   

-Anlagen für Sicherheitszwecke zum Schutz des menschlichen Lebens, z. B. medizinische genutzte Bereiche    

-Öffentliche Einrichtungen und Kulturbesitz, z. B. Ausfall von öffentlichen Diensten, Telekommunikationszentren, Museen    

-Gewerbe- oder Industriegebäuden, z. B. Hotels, Banken, Industriebetriebe, Gewerbemärkte, landwirtschaftliche Betriebe    

-Gebäuden mit Menschenansammlungen wie zum Beispiel Büros, Schulen, Kirchen    

-Wohngebäuden und kleine Büros, wenn in diesen Gebäuden Betriebsmittel der Überspannungskategorie I oder II errichtet sind.

Es ist davon auszugehen, dass in derartigen Gebäuden grundsätzlich Betriebsmittel der Überspannungskategorie I, also empfindliche elektronische Geräte, z. B. Computer, TV-Geräte, Videoüberwachung oder II - Haushaltsgeräte, Werkzeuge z. B. Waschmaschinen, Geschirrspüler, Kaffeeautomaten - angeschlossen und genutzt werden. 

Deshalb sind in quasi allen Gebäuden Überspannungs-Schutzeinrichtungen in der Elektroinstallation zu verwenden. Bisher galt dies nur für bestimmte Anwendungsfälle wie medizinisch genutzte Bereiche, öffentlich genutzte Einrichtungen und Gewerbe- und Industriegebäude, bzw. musste in anderen Fällen eine Risikoanalyse erstellt werden.


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