Der Einsatz von Power-Management-ICs und Leistungshalbleitern könnte bis zu 30 Prozent des Weltelektrizitätsbedarfs einsparen

Bevölkerungs- und Wohlstandswachstum treiben den Energieeffizienz-Gedanken voran

6. Oktober 2010, 17:07 Uhr | Engelbert Hopf
© Infineon Technologies

Mit der Erholung der Weltkonjunktur steigt auch ihr Energiebedarf wieder an. Wachsender Wohlstand und die steigende Weltbevölkerung lassen den Weltenergie- und -elektrizitätsbedarf bis 2030 deutlich ansteigen. Ein möglichst effizienter Umgang mit Energie wird darum in Zukunft nicht nur zum wirtschaftlichen Differenzierungskriterium werden, sondern entscheidenden Einfluss auf die globale Entwickung haben.

»Die billigste Kilowattstunde Strom ist immer die, die nicht verbraucht wird«, stellt Andreas Urschitz, Leiter des Geschäftsbereiches Power Management Discretes bei Infineon Technologies Infineon Technologies, nüchtern fest, »unsere Powermanagement- Produkte sind dabei eine Kernkomponente für einen möglichst effizienten Umgang mit Energie«.

Um zu verdeutlichen, über welche Dimensionen er spricht, verweist Urschitz unter anderem auf Zahlen der Energy Information Administration (EIA), des BP World Energy und des U.S. Census Bureau. Demnach wird die Weltbevölkerung in den nächsten 20 Jahren um 16 Prozent auf et wa 7,9 Mrd. Menschen wachsen. Im selben Zeitraum wird sich das Wohlstandsniveau verdoppeln, vor allem in den Emerging-Markets. Konkret bedeutet das eine jährliche Steigerung des Energiebedarfs von 2 bis 2,5 Prozent. Bei der Sekundärenergie Strom liegt die jährliche Steigerung mit 2,5 bis 3 Prozent noch höher. Beträgt der heutige Anteil der Elektrizität am Weltenergiebedarf 35 Prozent, soll er 2030 bereits ein Niveau von 45 Prozent erreicht haben.

»Wir stehen dieser Entwicklung aber nicht hilflos gegenüber: Wenn wir wollen, können wir bereits mit den heute zur Verfügung stehenden technischen Mitteln unseren Bedarf an elektrischer Energie um 20 bis 30 Prozent reduzieren«, versichert Urschitz. »Diesem Ansatz fühlen wir uns als Technologiemarktführer im Power-Management-Bereich verpflichtet!« MOSFETs, intelligente Leistungshalbleiter und Protected Switches sind dabei die Mittel seiner Wahl, um so verlustarm wie nur irgend möglich zu schalten und damit das größte Maß an Leistung und Performance aus den Power-Management-ICs und der sie umgebenden Leistungselektronik herauszuholen.

Spitze in punkto Leistungseffizienz sind derzeit sicherlich Solarumrichter. Ihr Wirkungsgrad wurde mit Leistungshalbleitern wie Silizium-Karbid-Dioden und - MOSFETs auf Werte von 98,1 Prozent getrieben. Im Herbst dieses Jahres wird Infineon dem noch einen draufsetzen: Mit der Markteinführung von SiC-JFETs wird sich der Wirkungsgrad in Solarumrichtern auf über 99 Prozent steigern lassen, wie Modellaufbauten beweisen. Die auftretenden Leistungsverluste werden durch den Einsatz der JFETs halbiert. Bislang kommen in diesen Applikationen CoolMOS-MOSFETs, SiC-Dioden und MOSFETs sowie IGBTs von Infineon zum Einsatz.

Einen Namen gemacht hat sich das Unternehmen, das inzwischen als einer der wenigen Anbieter in diesem Bereich auf zehn Jahre SiC-Erfahrung zurückblicken kann, auf dem Gebiet der Energieeffizienz mit der vor zwölf Jahren erfolgten Einführung der CoolMOS-MOSFETs. Ihr Einsatzspektrum lag von Beginn an im Bereich Netzteile, vor allem für PCs und Konsumelektronikgeräte, sowie für Lampenvorschaltgeräte. Inzwischen befindet sich die 6. Generation dieser Bausteine auf dem Markt, die 7. Generation kündigt Urschitz für das nächste Jahr an.

Welche Einsparmöglichkeiten leistungsfähige MOSFETs bieten, macht der Infineon-Manager am Beispiel der laut Gartner jährlich rund 50 Mio. allein in der EU verkauften neuen PCs deutlich: Ihre 300-W-Netzgeräte laufen im Durchschnitt acht Stunden am Tag bei halber Last. Jährlich konsumieren damit allein die »Neugeräte« 21,6 TWh. Eine Einsparung von nur 10 Prozent würde damit 2,16 TWh ergeben, bei Kosten von etwa 13 Eurocent pro kWh und einer CO2-Emission von 500 g pro kWh. Umgerechnet auf die weltweit mögliche Energiekosteneinsparung, ergeben sich so jährlich etwa 280 Mio. Euro und 1.080.000 t CO2.

Eine ähnliche Rechnung macht Urschitz für einen anderen Energie fressenden Applikationsbereich auf: Datencenter. Ihr Energiehunger verschlingt heute schon 1 bis 2 Prozent des weltweiten Bedarfs elektrischer Energie. Mit der schnell wachsenden Zahl von Servern und Datencentern schnellt auch die damit verbundene CO2-Emission in die Höhe: von 80 (2007) auf 340 (2020) Mio. Tonnen. Ein in SMD-Technologie unter Verwendung von CoolMOS-MOSFETs und SiC-Dioden realisierter 3,3-kW-Demonstrator, der eine Energiedichte von 1,11 kW/dm3 und einen Wirkungsgrad von über 99 Prozent erreicht, zeigt, was bereits mit heutigen Mitteln in diesem Applikationsbereich möglich ist. »Durch den Einsatz unserer Powermanagement-ICs sind bei der Realisierung dieser Stromversorgung übrigens weder Kühlkörper noch Lüfter erforderlich «, hebt Urschitz noch hervor.

Mit der Erholung der Weltwirtschaft nach dem Krisenjahr 2009 zieht die Nachfrage nach effizienten Leistungsschaltern weltweit deutlich an. »Wir sind inzwischen bei Lieferzeiten von 16 bis 20 Wochen angekommen«, stellt Urschitz fest, »es gibt auch Produkte, die auf Allokation sind«. Da jedoch alle namhaften Leistungshalbleiterhersteller mit demselben Problem kämpfen, dürfte keiner der führenden Anbieter von der aktuellen Situation überdurchschnittlich profitieren. »Über alle Marktsegmente hinweg registrieren wir weiterhin eine stabile, starke Nachfrage«, analysiert Urschitz die aktuelle Marktentwicklung, »unser Auftragseingang liefert auch keinen Hinweis darauf, dass sich die Situation im dritten oder im vierten Quartal dieses Jahres spürbar entspannen wird«.

Sich bei der weiteren Optimierung der Leistungsschalter allein auf die Siliziumebene zu konzentrieren, greift zu kurz. Die Frage, wie das Silizium mit dem umgebenden Gehäuse interagiert, hat deshalb in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung bei der Weiterentwicklung der Leistungsschalter gewonnen. Dabei hat sich auch die Einsicht durchgesetzt, dass proprietäre Lösungen nicht immer nach dem Geschmack des Kunden sind und Kooperationen bei der Gehäuseentwicklung oder dem Gehäuseeinsatz durchaus dem weiteren Markterfolg eines Unternehmens dienen können.

Vor diesem Hintergrund hat sich Infineon im Bereich der Hochvolt-MOSFETs mit STMicroelectronics zusammengetan und ein neues SMD-Gehäuse ohne Anschluss- Pins für HV-MOSFETs entwickelt. Mit 64 mm2 benötigt das neue Gehäuse, das Infineon »ThinPACK 8x8« und ST »Power- FLAT 8x8 HV« nennt, auf der Leiterplatte deutlich weniger Platz als ein D2PAK-Gehäuse mit 150 mm2. Gegenüber dem D2PAK ist es mit 1 mm gegenüber 4,4 mm auch deutlich flacher. Trotz seiner kompakten Abmessungen kann das Gehäuse eine Chipgröße wie das Standard-TO220-Gehäuse aufnehmen. Das 8 mm x 8 mm große Gehäuse verfügt über ein »exposed « Metall-Pad zur effizienten Ableitung der intern erzeugten Wärme.

Das Gehäuse zeichnet sich durch eine geringe Source-Induktivität von nur 2 nH (im Vergleich zu 6 nH beim D2PAK), eine separate Treiber-Source-Verbindung sowie eine mit dem D2PAK vergleichbare thermische Performance aus. »Silizium-Technologien wie CoolMOS ermöglichen mittlerweile ein so effizientes und schnelles Schalten, dass konventionelle Gehäuse für die Durchsteckmontage zum limitierenden Faktor geworden sind, um die Energieeffizienz und Leistungsdichte weiter steigern zu können «, begründet Urschitz noch einmal die gemeinsamen Entwicklungsanstrengungen für ein Leadless-SMD-Gehäuse für HVMOSFETs. Infineon wird zu Beginn drei 600-V-CoolMOS-Bausteine in dem neuen Gehäuse anbieten: 199 mOhm (IPL60R199- CP), 299 mOhm (IPL60R299CP) und 385 mOhm (IPL60R385CP).

Bereits kurz vor der Bekanntgabe der Gehäusekooperation mit ST hatte Infineon eine ähnliche Zusammenarbeit im Niedervoltbereich mit Fairchild Semiconductor bekannt gegeben. Sie bezieht sich auf die Kompatibilität ihrer Leistungs-MOSFETs, Power- Stage 3x3 von Infineon und MLP 3x3 von Fairchild. Beide Unternehmen bringen ihre Expertise bei asymmetrischen Dual- und Single-MOSFETs für DC/DC-Anwendungen im Bereich von 3 bis 20 A ein. »Unsere Kunden profitieren von der Standardisierung der Gehäuse für Leistungshalbleiter, da die Anzahl der spezifischen Gehäuse auf dem Markt reduziert wird. Gleichzeitig bieten wir Lösungen mit höherer Performance bei kleineren Abmessungen im Vergleich zu früheren Generationen «, begründet Urschitz diese Kooperation.

Was sich an Leistungssteigerung durch kontinuierliche Optimierungen aus den Powermanagement- Bauteilen herausholen lässt, hat Infinion im Mai auf der diesjährigen PCIM demonstriert. Dort präsentierte das Unternehmen an neuem Silizium unter anderem die zweite Generation seiner Silizium-Karbid-Schottky-Dioden im TO220-FullPAK-Gehäuse. Das neue Produktportfolio kombiniert die elektrischen Kennwerte der ThinQ!-SiC-Schottky-Dioden der 2. Generation mit den Vorteilen eines voll isolierten Gehäuses.

Durch seine patentierte Diffusions-Löttechnik hat Infineon erreicht, dass der thermische Widerstand vom Chip zum Leadframe deutlich reduziert wurde und so der interne Isolations-Layer des FullPAK kompensiert wird. Die neuen TO220-FullPAK-Dioden weisen dadurch einen ähnlichen thermischen Widerstand zwischen Sperrschicht und Kühlkörper auf wie nicht isolierte Standard-TO-220-Bauelemente. Erhältlich ist das 600-V-FullPak-Portfolio mit Stromwerten von 2 bis 6 A. Damit steht das industrieweit umfangreichste Portfolio an SiC-Dioden in diesem Gehäuse zur Verfügung.



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