Prozess-Desaster bei Intel

Hardware-Chef geht, Abteilung wird neu geordnet

29. Juli 2020, 14:00 Uhr | Heinz Arnold
© Intel

Intel zieht personelle Konsequenzen aus der Verzögerung des 7-nm-Prozesses: Die Technology Systems Architecture and Client Group wird restrukturiert, ihr Chef verlässt Intel.

Vor wenigen Tagen musste Intel anlässlich der Bekanntgabe der Ergebnisse des zweiten Quartals 2020 einräumen, dass sich die Einführung des 7-nm-Prozesses noch einmal um ein halbes Jahr nach hinten verschieben werde. Bis der Prozess für die Fertigung eigene CPUs zum Einsatz kommt, könnte es nun 2023 werden.

Jetzt hat das Unternehmen personelle Konsequenzen gezogen. Die Technology Systems Architecture and Client Group (TSCG), die bisher Murthy Renduchintala geleitet hat, wird in fünf Verantwortungsbereiche aufgeteilt, deren jeweilige Leiter direkt an CEO Bob Swan berichten. Murthy Renduchintala wird Intel zum 3. August verlassen.

Damit macht Intel auch personell klar, dass das Unternehmen die Verzögerungen in der Prozessentwicklung keinesfalls auf die leichte Schulter nimmt. Wie es hieß, wolle Intel Teile der Fertigung von Chips an Dritthersteller auslagern, um liefern zu können. Die Ausbeute auf der 7-nm-Ebene hinkt nach Angaben von Intel dem ursprünglichen Plan um ein Jahr hinterher.

Das könnte die Chancen für die Wettbewerber in Asien verbessern. Sofort nach der Ankündigung von Intel waren die Aktien von TSMC um 10 Prozent gestiegen. Am 28. Juli war TSMC mit einer Bewertung von 432 Mrd. Dollar auf Platz zehn der wertvollsten Firmen der Welt gelandet.

TSMC wie auch Samsung arbeiten bereits an 5-nm-Prozessen. TSMC fertigt mit deren Hilfe beispielsweise die Chips, die in den 5G-iPhones der neusten Generation Einsatz finden werden. TSMC hat bereits angekündigt, die 3-nm-Prozesstechnik in der zweiten Jahreshälfte 2022 hochfahren zu wollen. TSMC investiert in diesem Jahr 17 Mrd. Dollar in den Ausbau der Kapazitäten, Intel 15 Mrd. Dollar und Samsung will bis 2030 über 107 Mrd. Dollar in den Ausbau der Logik-ICs stecken.

Ob Intel mehr und mehr seiner Chipproduktion auslagert, wird davon abhängen, ob sich damit eine bessere Kostenstruktur erzielen lässt. Bisher hatte Intel größten Wert darauf gelegt, die Fertigung in eigener Verantwortung voranzutreiben, weil das Unternehmen überzeugt war, nur so an der Spitze der Technik verbleiben zu können. Das hat sich über Jahrzehnte als richtig erweisen. Jetzt ist Intel aber gegenüber TSMC und Samsung um mindestens zwei Jahre zurückgefallen.

Laut der Taiwan News habe Intel mit TSMC bereits eine Übereinkunft erzielt, um 6-nm-Chips bei der größten Foundry der Welt fertigen zu lassen.

Ob Intel diesen Vorsprung aufholen kann? Oder über die nächsten 5 bis zehn Jahre die Entwicklung neuer Prozesse vollständig aufgibt? Bob Swan hatte gesagt, es werde einfach pragmatisch danach entschieden, welche Prozesstechniken die beste Performance für die Kunden bringe, unabhängig davon, ob sie im Hause, in Foundries oder in einer Kombination aus beiden stattfinde.

Die neue Struktur

In der Pressemitteilung zur neuen Struktur und zu den Managern, die die fünf Abteilungen künftig führen werden, ging Intel auf diese Fragen nicht ein:

Das Technology Development führt künftig Dr. Ann Kelleher, die bisher die gesamte Herstellung von Intel leitete. Sie wird nun für die Entwicklung der 7-nm- und 5-nm-Prozesse verantwortlich sein. Dr. Mike Mayberry, der das Technology Development bisher leitete, wird während der Übergangszeit beratend tätig sein, bevor er sich wie geplant Ende des Jahres nach 36jähriger Tätigkeit für Intel – unter anderem führte er die Intel Labs – in den Ruhestand verabschiedet.

Die Leitung von Manufacturing and Operation übernimmt Keyvan Esfarjani, der bisher die Produktion  der Non-Volatile Memory Solutions Group (NSG) geführt hat. Dort hat er die Strategie für die Fertigung der nichtflüchtigen Speicher von Intel definiert und die Kapazitäten für die Produktion schnell ausgebaut. In seiner neuen Rolle übernimmt er die Verantwortung für die globale Produktion, das Hochfahren neuer Prozesse und den Ausbau der Fab-Kapazitäten.

Für das Design-Engineering sucht Intel noch einen geeigneten Manager. Bis dahin führt Josh Walden diesen Berteich, der zuletzt die Intel Product Assurance and Security Group (IPAS) geführt hat.

An der Spitze von Architecture, Software and Graphics wird weiterhin Raja Koduri stehen. Er ist dafür verantwortlich, die Architektur- und Software-Strategie sowie das Produktportfolio im Grafikbereich von Intel voranzutreiben.

Auch an der Spitze der Supply Chain ändert sich nichts: Dr. Randhir Thakur berichtet nach wie vor als Supply Chain Officer direkt an Bob Swan.

 

 

 

 

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