High Electron Mobility Transistor – der HEMT

Nicht nur für Hochfrequenz

7. September 2015, 10:36 Uhr | Wolf-Dieter Roth, Hy-Line
Galliumnitrid - Halbleitermaterial mit hoher Bandlücke.
© Frog - Fotolia

MOSFETs sind inzwischen neben Hochfrequenz- auch Leistungsbauteile geworden. Doch auch andere Bauteile, die man eher mit HF in Verbindung bringt, sind im Power-Segment ebenso gut aufgehoben und bringen dort große Vorteile. So der Gallium-Nitrid-HEMT. Aber wie wird er konkret angewendet?

Die Elektronik begann mit feldgesteuerten Bauelementen: den Röhren, ob als lineares Verstärkerelement, der Elektronenröhre mit geheizter Kathode, oder als Schalter für höhere Leistungen, dem gasgefüllten Thyratron. Beide hatten den Vorzug, über die Gitter hochohmig und rein spannungsgesteuert zu arbeiten. Zudem war zumindest die reguläre Elektronenröhre auch für höherfrequente Anwendungen geeignet.

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Eine höhere Aktivierungsenergie E_A führt zu höherer Lebensdauer.
Eine höhere Aktivierungsenergie E_A führt zu höherer Lebensdauer.
© Transphorm

Viele Halbleiter, die längst den Platz der Röhren eingenommen haben, sind ebenfalls feldgesteuert: Das Prinzip des FET, des spannungsgesteuerten unipolaren Feldeffekttransistors, wurde schon in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts definiert, damals jedoch mangels der Möglichkeit, diese Bauteile herzustellen, nicht weiter verfolgt, weshalb die ersten marktreifen Transistoren Ende der 40er Jahre zunächst bipolar waren. Der FET in all seinen Varianten ist heute jedoch gegenüber dem mit p-n-Sperrschichten stromgesteuerten bipolaren Transistor weiter verbreitet. Eine Kombination aus beiden, der IGBT, hat den Thyristor, das Äquivalent zum Thyratron, in der Leistungselektronik außerhalb einfacher Glühlampendimmer längst abgelöst.

Der FET wurde laufend weiterentwickelt: War er zunächst als Kleinleistungs-JFET wie bipolare Transistoren mit einer Sperrschicht ausgerüstet, die bei falscher Polung leitete, kam der MOSFET mit einem durch Siliziumoxid isolierten Gate, der längst auch als Leistungs-MOSFET verfügbar ist. GaN-HEMTs erreichen aufgrund der besonderen Materialeigenschaften mit und ohne isoliertes Gate eine noch bessere Schaltcharakteristik und -geschwindigkeit als Silizium-Halbleiter, ob JFET, MOSFET oder IGBT.

GaN brachte den Nobelpreis

Der Verbindungshalbleiter Galliumnitrid wurde zunächst als Grundlage für blaue und damit auch weiße LEDs bekannt, was 2014 zur Verleihung des Nobelpreises an deren Erfinder führte. Dann entdeckte man ähnlich zu Galliumarsenid die besonderen Fähigkeiten des Materials für Hochfrequenz-Transistoren, den HEMTs (High Electron Mobility Transistors). Diese sind nun auch als Leistungs-Bauelemente bei Hy-Line Power Components verfügbar. Entwickelt wurden sie von Transphorm, einem Hersteller, der zuvor bereits GaN-LEDs und GaN-Hochfrequenz-Bauteile produziert hatte und so auf viel Erfahrung mit diesem Material zurückblicken kann.

Bild 2. Querschnitt durch einen Leistungs-HEMT, hier mit isoliertem Gate. Das „zweidimensionale Elektronengas“ (2DEG) bildet sich an der Grenzschicht zur AlGaN-Sperrschicht aus.
Bild 2. Querschnitt durch einen Leistungs-HEMT, hier mit isoliertem Gate. Das „zweidimensionale Elektronengas“ (2DEG) bildet sich an der Grenzschicht zur AlGaN-Sperrschicht aus.
© Transphorm

Halbleiter aus Wide-Bandgap-Materialien wie GaN haben den Vorteil, geringe Leckströme und hohe Temperaturfestigkeit zu zeigen: Im Gegensatz zu Germanium-Transistoren, die wegen ihrer geringen Temperaturbeständigkeit und hohen Ruheströme bereits nach wenigen Jahren durch Silizium-Halbleiter ersetzt wurden, können GaN-Halbleiter von Transphorm bis 175 °C Sperrschicht-Temperatur betrieben werden, also noch weiter als Silizium. Dabei fällt dank hohen Wirkungsgrads und infolge der hohen Elektronenbeweglichkeit im Halbleiter, die die Schaltzeiten minimiert, die Eigenerwärmung des Bausteins geringer aus. Es ist deshalb bei Transphorm-HEMTs der Betrieb bis 150 °C am Gehäuse zulässig. Doch auch bei geringeren Temperaturen bringt die höhere Aktivierungsenergie von GaN eine erhöhte Lebensdauer (Bild 1).

Die hohe Elektronenbeweglichkeit der HEMTs entsteht wiederum dadurch, dass sie mindestens zwei unterschiedliche Verbindungs-Halbleitermaterialien mit unterschiedlicher Bandlücke nutzen, neben GaN beispielsweise noch AlGaN. An der Grenzschicht zwischen beiden Materialien entsteht dann das sogenannte zweidimensionale Elektronengas, eine Zone, in der sich Elektronen entlang der Grenzfläche – und nur entlang dieser – besonders schnell bewegen können (Bild 2).


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  2. Leistungshalbleiter müssen selbstsperrend sein
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