Vishay: Hilfe beim MOSFETs-Vergleich

Nichtlineare Kapazitäten von MOSFETs berechnen

7. November 2017, 10:23 Uhr | Von Sanjay Havanur, Senior Manager Systems Applications bei Vishay Siliconix
Bild 1: Kapazitäten von planaren und Superjunction-MOSFETs im Vergleich
© Grafiken: Vishay

Nichtlinearitäten in heutigen MOSFETs sorgten für das Aus von COSS und CRSS. Bei Design-Betrachtungen ist deshalb darauf zu achten, dass nicht die Kapazität selbst mit dem Rest der Schaltung interagiert, sondern die gespeicherte Ladung und Energie das Verhalten bestimmen.

Charge-Balancing – eine Technologie, die ursprünglich für Hochspannungs-MOSFETs entwickelt wurde und zum Superjunction-MOSFET führte – wird zunehmend auch bei MOSFETs mit niedrigeren Sperrspannungen angewandt. Charge-Balancing verringert sowohl den RDS(on) als auch die Sperrschichtkapazitäten drastisch, führt aber auch zu einem starken Anstieg der Nichtlinearität dieser Kapazitäten. Auf diese Weise wird die im MOSFET gespeicherte effektive Ladung und Energie signifikant reduziert; allerdings ist es wesentlich schwieriger geworden, diese Parameter zu berechnen oder verschiedene MOSFET-Typen diesbezüglich miteinander zu vergleichen.

Es ist nicht ganz einfach, diese Kapazitäten in Abhängigkeit von VDS zu messen, und erfordert, dass einige von ihnen während der Messung kurzgeschlossen werden oder einseitig „in der Luft hängen“ müssen. Gemessen und im Datenblatt angegeben werden letztlich drei Werte, die folgendermaßen definiert sind:

CISS = CGS + CGD
COSS = CDS + CDG
CRSS = CGD

Von diesen drei Kapazitäten ist die Gate-Source-Kapazität CGS diejenige mit der geringsten Nichtlinearität; sie ändert sich kaum in Abhängigkeit von VDS. CGD hingegen ist extrem nichtlinear und ändert sich bei Superjunction-Typen innerhalb der ersten 100 V um fast drei Größenordnungen. Sie trägt auch zu dem leichten Anstieg von CISS bei VDS = 0 bei.

In jüngerer Zeit gab es in der Fachwelt ein reges Interesse daran, die Natur von COSS und die Auswirkungen dieser Kapazität auf hochfrequente Schaltvorgänge zu verstehen. Die in COSS gespeicherte Ladung und die damit zusammenhängenden Leistungsverluste sind mittlerweile die größten Herausforderungen bei der Implementierung von Hochfrequenz-AC/DC-Wandlern. So sind die mit Kapazitäten zusammenhängenden Schaltverluste proportional zum Quadrat der anliegenden Spannung. Wie in [1] ausgeführt, speichert ein und derselbe Kondensator bei 550 V etwa 2100 Mal mehr Energie als bei 12 V; entsprechend höher sind auch die Verluste.

Über die Jahre haben die erfolgreichen Bemühungen zur Reduktion des RDS(on) zu einer signifikanten Verringerung der Durchlassverluste geführt. Leider ist es nicht gelungen, COSS im gleichen Maße zu reduzieren. Früher lag der kleinste RDS(on) für einen 600-V-MOSFET im ­TO-220-Gehäuse bei 340 mΩ. Aktuell beträgt der Wert für 600-V-Superjunction-Typen nur noch 65 mΩ.

Wenn es um Kapazitäten geht, ist es sinnvoller, MOSFETs mit ähnlichen RDS(on)-Werten über unterschiedliche Technologien hinweg zu vergleichen. Bild 1 vergleicht die Kapazitäten des planaren SiHP17N60D mit denen des Superjunction-MOSFETs SiHP15N60E. Hinsichtlich des RDS(on) sind die beiden Typen vergleichbar; der RDS(on) des Superjunction-Typs ist minimal kleiner. Man beachte, dass die COSS-Werte in logarithmischem Maßstab dargestellt sind.
 

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+
Grafiken: Vishay
Bild 2: Konstante vs. variable Kapazitäten
© Grafiken: Vishay

Es wurden mehrere Versuche unternommen [2 – 9], die nichtlineare Natur von COSS zu erklären und neue Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie sich diese Nichtlinearität auf das Schaltverhalten bei hohen Frequenzen auswirkt. Es wurden die Terme „Kleinsignal-“ und „Großsignal-Kapazität“ eingeführt, simuliert und analysiert. Abgesehen davon, dass diese neue Nomenklatur sachlich falsch ist, unterscheidet sie sich nicht von der bisherigen Praxis. Bei der sogenannten Großsignalkapazität handelt sich um nichts anderes als den zeitbezogenen Wert COTR, den die MOSFET-Hersteller seit Jahren spezifizieren [2].

Andere Reihe von Analysen behaupten, dass ein verborgener Widerstand (ROSS) in Serie mit COSS für all die unerklärlichen Verluste infolge der nichtlinearen Kapazität verantwortlich sei [3]. Dies widerspricht jedoch der grundlegenden Schaltungstheorie, wonach die Lade- und Entladeverluste eines Kondensators ausschließlich durch die darin gespeicherte Energie bestimmt sind, unabhängig vom Wert eines etwaigen Serienwiderstands. Andere Konferenzpublikationen jüngeren Datums [4, 5], die ein Peer-Review durchlaufen haben, gehen davon aus, dass die in COSS gespeicherte Ladung und Energie eine Hysterese aufweisen und vom jeweiligen Spannungspfad abhängig sind. Eine logische Schlussfolgerung aus der Annahme einer solchen Hysterese wäre jedoch, dass der Ladungserhaltungssatz nicht für Leistungs-MOSFETs gilt.

Anstatt grundlegende physikalische Gesetze in Zweifel zu ziehen, ist es vielleicht lehrreicher, sie nochmals genauer anzuschauen und sich zu vergewissern, ob sie im vorliegenden Kontext auch korrekt zum Einsatz kommen werden. Spannend wird die Sache, wenn wir ein kleines Gedankenexperiment durchführen:
Wenn zwei parallelgeschaltete Kondensatoren auf die gleiche Spannung aufgeladen sind und exakt die gleiche Ladung speichern, folgt daraus nicht zwingend, dass sie auch die gleiche Energiemenge speichern?


  1. Nichtlineare Kapazitäten von MOSFETs berechnen
  2. Wohlbekannte Gleichungen
  3. Literatur

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Vishay Electronic GmbH

Weitere Artikel zu Vishay Intertechnology Inc.

Weitere Artikel zu VISHAY Measurements Group GmbH

Weitere Artikel zu Leistungshalbleiter-ICs