EMV-Schutz

Das leichteste Abschirmmaterial der Welt

7. Juli 2020, 10:26 Uhr | Hagen Lang
Eine Probe des an der Empa hergestellten elektromagnetischen Abschirmmaterials – ein Kompositwerkstoff aus Zellulose-Nanofasern und Silber-Nanodrähten.
© Empa

Forscher der Schweizer Empa haben Aerogele auf Basis von Zellulose-Nanofasern entwickelt, die elektromagnetische Strahlung in weiten Frequenzbereichen abschirmen. Das neue Material ist konkurrenzlos leicht.

Elektromagnetische Felder können benachbarte elektronische Bauteile und Anlagen sowie die Übertragung und Verarbeitung von Signalen stören, wobei es gegen hochfrequent elektromagnetische Felder nur einen Schutz durch die Abschirmung mittels allseitig geschlossener, leitfähiger Hüllen gibt. Gängige Bleche oder metallbedampfte Folien sind für viele Anwendungen zu schwer und/ oder nur schwer auf vorgegebene Geometrien anpassbar.

Ein Forscherteam um Zhihui Zeng und Gustav Nyström an der Empa entwickelte ein Aerogel auf Basis von Nanofasern aus holzbasierter Zellulose und Silber-Nanodrähten und damit ultraleichte Feinstrukturen zu erzeugen, die elektromagnetische Strahlung hervorragend abschirmen. Bei einer Dichte von nur 1,7 Milligramm pro Kubikzentimeter erzielt das silberverstärkte Zellulose-Aerogel im Frequenzbereich von hochauflösender Radarstrahlung (8 bis 12 GHz) mehr als 40 dB Abschirmung, ein Großteil der Strahlung dieses Frequenzbereichs wird also abgefangen.

Verantwortlich für die abschirmende Wirkung ist die Porenstruktur des Materials. In ihr werden die die elektromagnetischen Felder hin und her reflektiert und lösen zusätzlich im Composite-Material elektromagnetische Felder aus, die dem eingestrahlten Feld entgegenwirken. Um zu Poren mit optimaler Größe und Form zu gelangen, gießen die Forscher das Material in vorgekühlte Formen und lassen es langsam ausfrieren. Das Wachstum der Eiskristalle erzeugt die für die Dämpfung der Felder optimale Porenstruktur.

Selbst nach tausendfachem hin- und her biegen ist die dämpfende Wirkung praktisch gleich groß wie beim Neumaterial. Die gewünschte Absorption kann noch leicht angepasst werden durch eine Zugabe von mehr oder weniger Silber-Nanodrähten in die Mixtur, durch die Porosität des gegossenen Aerogels und die Dicke der gegossenen Schicht.

In einem weiteren Experiment ließen die Forscher die Silber-Nanodrähte aus der Mixtur weg und verbanden ihre Zellulose-Nanofasern mit zweidimensionalen Nanoplättchen aus Titancarbid, die mit Hilfe eines speziellen Ätzprozesses hergestellt wurden. Die Nanoplättchen wirken wie harte "Ziegel", die mit flexiblem "Mörtel" aus Zellulosefasern miteinander verbunden werden. Auch diese Mixtur wurde in gekühlten Formen zielgerichtet eingefroren. Bezogen auf das Materialgewicht lässt sich eine derartige Abschirmung mit keinem anderen Material erreichen. Damit ist das Titancarbid-Nanocellulose-Aerogel das leichteste elektromagnetische Abschirmmaterial der Welt.


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