Weil Kommunikation heute digital ist, gibt´s keine Probleme mehr mit elektromagnetischen Störungen, oder? Weit gefehlt: In Industrieanlagen liegen Kabel für Energie und Daten oft so eng beieinander, dass es sehr wohl zu EMV-Problemen kommen kann. Wie lassen sich diese verhindern?
Ältere können sich noch erinnern: Wenn der Nachbar die Bohrmaschine eingeschaltet hat, kam aus dem Radio die Musik nur noch abgehackt und auf dem Fernseher fiel weißer Schnee durchs Bild. Mit der digitalen Übertragung von Informationen ist vieles besser geworden, doch Probleme mit der Elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) gibt es immer noch – in Fabriken sogar wieder mehr. Das liegt an der rasanten Elektrifizierung, Automatisierung und Vernetzung in Produktionsanlagen. Diese Vernetzung erfolgt zudem vermehrt mit Funkstandards wie 5G und WLAN, was zusätzliche Probleme bei der EMV schaffen kann.
Unter Elektromagnetischer Verträglichkeit versteht die Richtlinie 2014/30/EU Artikel 3 die Fähigkeit eines Betriebsmittels, in seiner elektromagnetischen Umgebung zufriedenstellend zu arbeiten, ohne dabei selbst elektromagnetische Störungen zu verursachen, die für andere Betriebsmittel in derselben Umgebung unannehmbar wären. Unter Elektromagnetischer Störung ist jede elektromagnetische Erscheinung zu verstehen, die die Funktion eines Betriebsmittels beeinträchtigen könnte. Nach der EU-Richtlinie hat die elektromagnetische Verträglichkeit zwei Seiten: Zum einen sollen Geräte so konstruiert sein, dass sie keine Störungen aussenden. Zum anderen sollen sie sich selbst auch nicht von anderen Geräten stören lassen. Elektrotechniker sprechen von Störquelle (source) und Störsenke (sink), wobei Störungen nie nur in eine Richtung wirken und jedes Gerät immer beide Eigenschaften hat.
Der beste Schutz gegen solche Störungen – und damit Produktionsausfälle – ist immer noch eine gute Abschirmung von Gehäusen und Leitungen. Ohne Schirmung ist ein Kabel nichts anderes als eine Antenne, die elektromagnetische Strahlung auffängt und in die Elektronik des angeschlossenen Geräts speist. Wo Daten übertragen werden, zum Beispiel bei Ethernet-Leitungen, ist eine Abschirmung deshalb obligatorisch. Damit ist zwar der Empfänger geschützt, besser ist es allerdings, wenn die Strahlung erst gar nicht entsteht. Deshalb sollten auch Kabel abgeschirmt sein, die hohe und noch dazu impulsartige Ströme übertragen, vor allem, wenn sie an Datenleitungen vorbeiführen.
Schirmung ist allerdings nicht immer Schirmung, es gibt Unterschiede. In Billigkabeln wird am Schirmgeflecht gespart, dann tun sich Lücken auf, vor allem wenn das Kabel gebogen wird. In Kabeln von Lapp ist das Schirmgeflecht dicht, bei bestimmten Kabeltypen auch dann, wenn sie gebogen oder bewegt werden. Besonders neuralgische Stellen sind Kabelverschraubungen oder Stecker, wo das Schirmgeflecht endet und mit einem Gehäuse verbunden wird. Dort ist es wichtig, eine möglichst große Kontaktfläche zwischen Schirmgeflecht und Steckergehäuse zu schaffen. Dazu sollte der Kabelschirm rundherum und ohne Lücken aufliegen. Nur dann kann das Steckergehäuse als faradayscher Käfig wirken und Störsignale von außen sicher fernhalten. Außerdem ist es wichtig, dass diese Schirmkontaktierung an beiden Enden des Kabels stattfindet und mit dem Erdpotenzial verbunden ist, denn das schwächste Glied bestimmt, wie gut die Abschirmung des Gesamtsystems ist.