Semikron rechnet für 2011 mit einem moderaten Wachstum im Bereich von 10 Prozent

»Wir werden weitere zuverlässigkeitslimitierende Schnittstellen im Modul ersetzen«

4. Mai 2011, 16:09 Uhr | Engelbert Hopf

Deutschlands Industrieelektronikmarkt bleibt auch nach 2013, wenn der Markt für Elektrofahrzeuge anspringen wird, das wichtigste Absatzsegment für Leistungselektronik in Deutschland. Thomas Grasshoff, Head of Product Management, erwartet, abgesehen vom Solarmarkt, der in der zweiten Jahreshälfte 2011 wohl der reduzierten Förderung Tribut zollen muss, ein moderates Wachstum im Bereich von 10 Prozent.

Thomas Grasshoff, Semikron
Thomas Grasshoff, Semikron: »Wenn der IGBT5 als Produkt wahrscheinlich 2013 im Markt eingeführt wird, werden wir dazu eine geeignete CAL-Freilaufdiode anbieten.«
© Semikron

Engelbert Hopf: Wie stellt sich aktuell aus Ihrer Sicht, nach dem Einbruch des Jahres 2009 und der langsamen Erholung 2010, die Situation im deutschen Maschinen- und Anlagenbau dar, einem der wichtigsten Abnehmer für Leistungselektronik in Deutschland?

Thomas Grasshoff: Der Antriebsmarkt hat erst in der zweiten Jahreshälfte 2010 stark angezogen und wird weiter auf hohem Niveau bleiben. Die Exportindustrie in Deutschland ist gestärkt aus der Krise hervorgegangen. Für die zweite Hälfte des Jahres 2011 rechnen wir weiterhin mit einem moderaten Wachstum im Bereich von 10 Prozent.

Welche Entwicklung erwarten Sie für den weiteren Verlauf des Jahres in den wichtigsten Abnehmerbranchen der Leistungselektronik? Welche Rolle spielt dabei der Automobilbau?

Alle Branchen bis auf Solar werden auch in der zweiten Hälfte auf hohem Niveau bleiben. Für den Solarmarkt rechnen wir mit einer Reduktion auf Grund der reduzierten Förderungen in Deutschland und Europa. Die Automobilindustrie spielt mengenmäßig im IGBT-Bereich für den Umrichter noch keine Rolle.

In Europa rückt die Markteinführung von Elektrofahrzeugen in Großserie näher. Vorreiter wird wohl Frankreich sein. Wie beurteilen Sie aus heutiger Sicht das Potenzial dieses möglichen, zukünftigen Wachstumsmarktes? Wo liegen die besonderen Herausforderungen für die Leistungselektronik, und welche konkreten Konzepte verfolgt Semikron in diesem Bereich?

Der Markt wird ab 2013 anspringen, in Europa wohl eher moderat. Die Stückzahlen bleiben im Vergleich zum klassischen Industriegeschäft auch die nächsten Jahre gering. Der Einsatz von Leistungselektronik im Fahrzeug stellt neue Herausforderungen an die Modultechnologie bezüglich Gewicht, Volumen und Zuverlässigkeit. Klassische Industrieprodukte haben hier ihre Limits erreicht.

Semikron wird auf der PCIM ein neues Aufbaukonzept auf Sinterbasis vorstellen, das einen neuen Benchmark für die Leistungselektronik im Fahrzeug darstellt. Wir sehen den Fahrzeugmarkt als wichtigen Zukunftsmarkt an und haben dafür eigens das Tochterunternehmen VePoint gegründet. Dieses entwickelt und produziert Leistungselektronik-Komponenten und Systeme wie Umrichter, DC/DC-Wandler und Ladegeräte für den Automotive-Markt, optimiert für Elektro- und Hybridautos. Ziel ist die Reduzierung des Platzbedarfes durch deutlich höhere Leistungsdichte und einen höheren Integrationsgrad.

Leistungselektronik ist in Deutschland in erster Linie Industrieelektronik. Häufig basiert diese auf IGBT-Lösungen. Welche Möglichkeiten wird in diesem Zusammenhang die für nächstes Jahr angekündigte Markteinführung der IGBT-5-Generation von Infineon Technologies für Anwender im Bereich Antriebe haben?

Der IGBT5 wird als Produkt im Markt wahrscheinlich 2013 eingeführt. Wir werden dazu eine geeignete CAL-Freilaufdiode anbieten. Das Ziel des IGBT5 ist eine Kostenersparnis durch bessere Performance. Das wird erreicht durch höhere maximale Sperrschichttemperaturen und eine erhöhte Zuverlässigkeit durch neue Verbindungstechnologien. Für den Anwender im Industriebereich bedeutet dies in Abhängigkeit von der Konstruktion eventuell höhere Kühlkörpertemperaturen. Ähnlich wie beim IGBT4 ist das im Design zu berücksichtigen.

Höhere Leistung und Performance verlangen im Zusammenhang mit gesteigerten Effizienzanforderungen nach Verbesserungen in der Gehäuse- und Verbindungstechnik. Welche konkreten Verbesserungsmöglichkeiten gibt es hier, und für welchen Weg hat sich Semikron entschieden?

Semikron adressiert bereits seit Jahren das Thema Zuverlässigkeit in der Aufbau- und Verbindungstechnologie. Das begann in den Neunziger-Jahren mit der bodenplattenlosen SKiiP-Technologie, setzte sich mit der Einführung des Federkontaktes Ende der Neunziger-Jahre fort und fand dann 2007 seine Fortsetzung in der Einführung der Sintertechnologie zwischen Chip und DCB. Damit konnte das erste lotfreie Modul dem Markt angeboten werden. Wir werden den Weg, zuverlässigkeitslimitierende Schnittstellen im Modul zu ersetzen, weitergehen. Dies sind die bisherigen Bonddrahtverbindungen und die Performance-limitierende Wärmeleitpastenschicht. Die neuen Verfahren werden auf der Sintertechnologie basieren.

Erneuerbare Energien, im speziellen die Windkraft, haben sich nicht nur für Sie in den letzten Jahren zu einem wichtige Absatzsegment entwickelt. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein? Welche Rolle werden Schwellenländer wie China und Indien in Zukunft spielen? Gibt es spezifische technische Anforderungen aus diesem Anwendungsbereich heraus?

China und Indien sind seit drei Jahren die Wachstumsmärkte im Windbereich. In China werden pro Jahr 18 GW installiert. Diese Rate wird in den nächsten Jahren weiterhin Bestand haben. Auch Indien wird weiter wachsen. Die klimatischen Anforderungen sind ähnlich wie in anderen Regionen – Unterschiede ergeben sich in der Aufstellhöhe, und dadurch, dass bei den Windkraftanlagenherstellern der Schutz der Umrichter minimiert wird. Deshalb existiert der Trend, die Leistungselektronik immer besser zu schützen.

Welches Markt- und Bedarfspotenzial eröffnet sich nach Ihrer Einschätzung durch die zunehmende Inverterisierung der weißen Ware? Werden von diesem Trend vor allem asiatische Bauelementehersteller profitieren, oder sehen Sie hier auch für europäische Leistungselektronik-Spezialisten gute Marktchancen?

Die weiße Ware ist kein Fokus-Markt für Semikron, weil wir nicht die geeigneten Produkte im Bereich unter 1 kW anbieten.

Welche Bedeutung haben nach Ihrer Einschätzung Halbleitermaterialien mit großer Bandlücke für den Einsatz im Bereich der industriellen Leistungselektronik? Welche Parameter müssten dazu nach Ihrer Einschätzung bei diesen Materialien noch verbessert werden?

Bisher deckt SiC spezielle Anwendungen wie Solarumrichter, medizinische Geräte und UPS ab. Entscheidungsrelevante Faktoren für die Technologie sind dort Wirkungsgrad und Schaltfrequenz. Das entscheidende Kriterium für andere Applikationen ist der Chippreis. Wenn der Vorteil auch kommerziell abbildbar ist, wird der weiteren Verwendung der neuen Materialien in anderen Applikationen die Tür offen stehen.

Ihr Unternehmen zählt zu den Leuchttürmen des Leistungselektronik-Clusters in und um Nürnberg. Wie stellt sich aus Ihrer Sicht die Situation heute dar, und welches zukünftige Potenzial sehen Sie für das Leistungselektronik-Cluster?

Das Leistungselektronik-Cluster ist ein gutes Forum, die Sichtbarkeit von Semikron in der Region zu erhöhen. Das verbessert die Chancen auf dem umkämpften Bewerber-Markt und ermöglicht neue Beziehungen in Politik und Wirtschaft.


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