Bei Raumtemperatur verformbar

Biegsames Glas – härter als Stahl

21. November 2019, 13:48 Uhr | Hagen Lang
ÖAW-Materialforscherin Megan Cordill am Mikroskop
© ÖAW

Vom Smartphone Displays bis zur Maschinenbauanwendung: Groß sind die denkbaren Einsatzfelder des biegsamen Glases, das von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Partnern entwickelt wurde.

Der neue Werkstoff lässt sich bei Raumtemperatur bruchfrei dehnen und biegen, ist leicht und sogar härter als Stahl. Forscher des Erich-Schmid-Instituts für Materialwissenschaft der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) sowie Kollegen aus Finnland, Frankreich, Italien, USA, Norwegen und der Schweiz haben den Durchbruch in Experimenten mit Aluminiumoxid erzielt, einer Sauerstoffverbindung von Aluminium, die ein Bestandteil von herkömmlichem Glas ist. Indem die Forscher diese Substanz extrem schnell abkühlten, konnten sie innen eine Kristallisation im Zuge der Glasherstellung verhindern und damit die Brüchigkeit des Materials drastisch reduzieren.

„Es war überraschend, dass Glas auch bei Raumtemperatur über eine so hohe Plastizität verfügen kann,“ sagt Megan Cordill, Ko-Autorin der im Fachmagzin Science veröffentlichten Publikation und Materialwissenschaftlerin der ÖAW. „Gemeinsam mit unseren internationalen Kollegen konnten wir zeigen, dass sich Aluminiumoxid bei Raumtemperatur und hoher Dehnungsrate dauerhaft ohne Bruch verformen kann.“

Im neuen Glasmaterial haben Atome keine reguläre Ordnung, sondern sind zufällig gemischt, was zu einer hohen Verformbarkeit des gesamten Materials führt. In Simulationen entdeckten die Forscher, dass das neue Material sogar eine Gesamtdehnung von 100 Prozent erreichen kann, wenn es dicht und frei von Fehlern ist. Das bedeutet, dass die Länge verdoppelt werden kann, bevor das Material bricht, wie Zugversuche, Druckversuche und Scherversuche bestätigten. 

„Wir haben unsere Beobachtungen durch 3D-Messungen mittels Rasterkraftmikroskopie gemacht. So konnten wir die experimentell erreichte Verformung auch in Simulationen abbilden“, erläutert Cordill.


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu elektroniknet

Weitere Artikel zu Forschung und Lehre