Teilchenbeschleuniger auf Mikrochip

DESY's Mini-Teilchenbeschleuniger

19. April 2016, 11:45 Uhr | Verena Winkler
Drei Miniatur-Beschleunigermodule aus Silizium auf einer durchsichtigen Basis.
© SLAC National Accelerator Laboratory

DESY fördert gemeinsam mit der Universität Hamburg und der Gordon-und-Betty-Moore-Stiftung die Entwicklung eines Teilchenbeschleunigers auf einem Mikrochip. Innerhalb von fünf Jahren soll der Prototyp eines "Accelerator-on-a-Chip" (Beschleuniger auf einem Chip) entstehen.

Teilchenbeschleuniger auf Mikrochip

Teilchenbeschleuniger sind unverzichtbar in vielen Forschungszweigen der physikalischen Grundlagenforschung. Sie untersuchen aber auch die Struktur von Biomolekülen für die Entwicklung neuer Medikamente. Bisher sind Forschungsstätten, die mit einem Teilchenbeschleuniger ausgestattet sind, groß und teuer. Wissenschaftler und Ingenieure forschen deshalb auf unterschiedliche Weise an Möglichkeiten, einen kompakten und günstigen Teilchenbeschleuniger zu bauen. Für viele Forschungsbereiche sind Großanlagen zwar vorerst unverzichtbar, es gibt jedoch Anwendungsgebiete, in denen Miniatur-Beschleuniger für Elektronen sinnvoll sind.

Ziel des Projekts ist es, Teilchenbeschleuniger für einen breiten Anwenderkreis zu entwickeln. Nicht nur die beschleunigten Elektronen an sich sollen für Beugungsexperimente genutzt werden, es ist auch denkbar mit beschleunigten Elektronen Röntgenstrahlung zu erzeugen (analog zu den großen Beschleunigern).

"Der Prototyp kann den Weg für eine neue Generation von Labortisch-Beschleunigern bereiten und damit für unvorhergesehene Entdeckungen in der Biologie und der Materialwissenschaft sowie für mögliche Anwendungen in der Sicherheitstechnik, medizinischen Therapie und Röntgenbildgebung", erläutert Prof. Robert Byer von der Universität Stanford (USA).

Nano-Photonik

Die Entwicklungen basieren auf der Nano-Photonik. Nano-Photonik umfasst die Herstellung von Nanostrukturen, die genutzt werden um Licht zu generieren und zu manipulieren. Im Unterschied zu den bisher genutzten Hochfrequenz-Radiowellen, wird für die Beschleunigung der elektrisch geladenen Elementarteilchen ein Laser mit einer Wellenlänge im sichtbaren oder infraroten Bereich genutzt. Die Wellenlänge dieser Strahlung ist rund zehn- bis hunderttausendmal kleiner als Radiowellen und erlaubt damit eine stärkere Beschleunigung. "Der Vorteil: Alles wird bis zu fünfzigmal kleiner," erläutert der DESY-Wissenschaftler Prof. Franz Kärtner. Die transversale Größe einer Beschleunigerzelle kann dadurch von zehn Zentimeter auf einen Mikrometer reduziert werden. Das Material, aus dem die Miniatur-Beschleunigermodule sind, ist Silizium. Silizium wird deshalb verwendet, da man auf die ausgereifte Fertigungstechnik für Silizium-Mikrochips zurückgreift.

Vom Labor zum Prototyp

Der Weg vom experimentellen Laboraufbau hin zu einem funktionsfähigen Prototyp ist noch weit. Viele Komponenten des Teilchenbeschleunigers müssen neu entwickelt werden. DESY arbeitet u. a. an einer hochpräzisen Elektronenquelle, mit der die Elementarteilchen in die Beschleunigermodule eingespeist werden. Auch der leistungsfähige Laser zur Beschleunigung der Teilchen und die Elektronen-Slalomstrecke zur Erzeugung der Röntgenstrahlen sind Teil der Prototypenentwicklung. Außerdem ist das Zusammenspiel der Miniatur-Komponenten noch keine Routine, v. a. die Kopplung mehrerer Beschleunigungsmodule ist schwierig.

Das Entwicklungslabor SINBAD ("Short Innovative Bunches and Accelerators at DESY") ist im Aufbau. Es bietet eine Testumgebung für Miniatur-Beschleunigermodule. "Bei SINBAD lässt sich ein qualitativ hochwertiger Elektronenstrahl in die Module einspeisen, die Strahlqualität testen und eine effiziente Laser-Kopplung erarbeiten.", erläutert DESY-Wissenschaftler Dr. Ralph Aßmann.

Gordon-und-Betty-Moore-Stiftung

Die Gordon-und-Betty-Moore-Stiftung fördert wissenschaftliche Entdeckungen, den Umweltschutz, Fortschritte in der Pflege von Patienten und den Erhalt der Bay Area bei San Francisco. Gordon Moore ist Mitbegründer des Chipherstellers Intel und Urheber des "Moore'schen Gesetzes". Das Moore'sche Gesetz prognostiziert, dass sich die Zahl der Schaltkreiskomponenten (Transistoren) auf Mikroprozessoren in etwa alle zwei Jahre verdoppelt.

 

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