Neue Energiesparnorm ratifiziert

Ethernet wird gEEEn

11. Oktober 2010, 11:22 Uhr | Manne Kreuzer

IEEE hat jetzt mit 802.3az einen neuen Standard ratifiziert, der als »Energy Efficient Ethernet« (EEE) den Stromverbrauch in Netzwerken deutlich reduzieren soll. Der Trick: Mit »Low Power Idle« (LPI) werden die PHYs in einen Sparmodus versetzt.

Netzwerk-Equipment verbraucht viel Strom - die Erhebung exakter Zahlen ist allerdings schwierig. So wurde beispielsweise für US-amerikanische Büros bereits im Jahr 2000 ein Leistungsverbrauch von 13TWh durch das reine Netzwerk-Equipment  ermittelt. Neben diesen Produkten verbraucht Ethernet natürlich auch Strom in den eigentlich zu vernetzenden Geräten - deshalb ist es schwierig einen halbwegs zuverlässigen Wert zu ermitteln. Mittlerweile ist die Vernetzung dichter, die Geschwindigkeit der Ports höher (und damit der Stromverbrauch) und Ethernet in Privathaushalten ist auch keine Seltenheit mehr. Die Stückzahl der Ethernet-Bausteine geht damit in die Milliarden - das Einsparpotenzial ist entsprechend groß.

IEEE hat dies schon vor einigen Jahren erkannt und an einer neuen Norm gefeilt - nun ist 802.3az, auch Energy Efficient Ethernet genannt, offiziell ratifiziert. Als Ansatzpunkt für Einsparungen wurde der PHY (physical layer) identifiziert und der Umstand, dass die meisten Ethernets nur gelegentlich Daten und dann meist sehr große Blöcke übertragen (Burst). Damit liegt die praktische Auslastung bei unter zehn Prozent und der PHY ist die meiste Zeit im Idle-Modus. Dieser hat - seit der 100-MBit/s-Generation - leider nur eine mäßig niedrigere Leistungsaufnahme als der aktive Modus, um keine Datenpakete zu verpassen. Damit verbraucht zurzeit der durchschnittliche 1-GBit/s-PHY rund 500 mW.

 

Der Datenverkehr im Ethernet ist sehr ungleichmäßig verteilt und bedingt dadurch häufige Idel-Phasen.
© Broadcom

Mit »Low Power Idle« (LPI) soll nun dieser Wert deutlich gedrückt werden - Einsparungen von 80 bis 90 Prozent gelten dabei als realistisch. LPI verfolgt dazu folgende Strategie:

  • Durch die »Auto-Negotiation« des Ethernet wird die EEE-Fähigkeit den beteiligten PHYs angezeigt und gegebenenfalls vereinbart.
  • Die Datenübertragung erfolgt im schnellsten Modus der dem Link möglich ist,
  • wenn danach keine Daten mehr übertragen werden, erfolgt die Abschaltung nicht benötigter Schaltungsteile.
  • Ein »Refresh«-Paket hält dabei den Empfänger periodisch informiert, unter anderem darüber, dass die Verbindung noch besteht.
  • Der Transmitter initiiert den Übergang zu und von LPI.
  • Der Transmitter verzögert die Sendung des ersten Datenpaketes um eine vorher definierte (Aufwach-)Zeit. Diese liegt je nach PHY-Generation zwischen 30 µs (100Base-TX) und 8 µs (10GBase-T),
  • der Receiver muss nach dieser Zeit wieder empfangsbereit sein.
  • Da im LPI-Modus garantiert keine Daten übertragen werden, können andere Systembestandteile wie MAC oder CPU in ihre Spar-Modis versetzt werden.
  • Zur Koordination dieser Maßnahmen kommt das Link Layer Discovery Protocol (LLPD - definiert in 802.1ab) zum Einsatz.

IEEE erwartet, wenn alle Geräte 802.3az-fähig wären, in Summe eine Ersparnis von 5 TWh pro Jahr alleine in der USA. Da eine Um- bzw. Nachrüstung in vielen Fällen nicht möglich ist, z.B. bei diversen Embedded Systemen, kommt die Umstellung oftmals nur mit der Installation neuer Geräte. Damit wird es wohl noch Jahre dauern, bis durch die natürliche Fluktuation alle Verbindungen dem neuen Standard entsprechen. Auch kommen nicht alle PHY-Varianten in den Genuss der neuen Technologie - für Twisted-Pair-Verkabelungen sind nur 100BASE-TX, 1000BASE-T und 10GBASE-T nutzbar. Dafür berücksichtigte IEEE aber die wachsende Bedeutung von Ethernet in Systemen mit passiver Backplane: 10GBASE-KR, 10GBASE-KX4, 1000BASE-KX und XAUI sind in der neuen Spezifikation berücksichtigt.

Für den neuen Standard wurden neben LPI auch andere Ansätze lange diskutiert. So sollte beispielsweise »Rapid PHY Selection«, das Umschalten auf eine langsamere, dafür aber auch sparsamere PHY-Generation erlauben, um eine geringe Netzauslastung zu nutzen. Mit »Subset PHY« waren Modis für die Reduktion des Leistungsumfangs eines PHYs (speziell bei 10 GBit/s) angedacht, der so nur noch die Schaltungsteile nutzen sollte, die aktuell auch benötigen werden. Für 10-MBit/s-Ethernet war auch die Reduktion der Ausgangsamplitude im Gespräch. Das Rennen hat LPI gemacht, da die Mehrheit der in der Standardisierung Beteiligten sich davon die größte Energieersparnis und Rückwärtskompatibilität erwartet und das bei einem vertretbaren technischen und finanziellen Aufwand. Erste Bausteine, die EEE unterstützen sind bereits angekündigt, unter anderem von Lantiq und Broadcom.

 


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