Überall ist von Milliarden verbundener Geräte und dem IoT die Rede. Kann dieser Trend Energy Harvesting beflügeln? Die Halbleiterexperten sind eher skeptisch, denn technisch lässt sich zwar viel realisieren, doch die Kosten will keiner übernehmen.
Das Marktforschungsunternehmen MarketsandMarkets prognostiziert, dass der Markt mit Energy-Harvesting-Systemen von 485 Mio. Dollar in diesem Jahr auf 775 Mio. Dollar bis 2025 ansteigen wird. Das entspricht einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 9,8 Prozent pro Jahr (CAGR). Für das Wachstum werden mehrere Treiber ausgemacht. Dazu zählt beispielsweise der steigende Bedarf an sicheren, energieeffizienten und langlebigen Systemen, die nur ein Minimum an oder gar keine Wartung benötigen.
Daneben führen die Marktforscher aber auch die massive Implementierung von IoT-Ansätzen in der Automatisierungstechnik sowie Energy-Harvesting-Technologien in Gebäuden und im Bereich Home Automation als Wachstumstreiber an. Darüber hinaus würden der verstärkte Trend hin zu „grüner Energie“ sowie Fördermaßnahmen seitens der Regierungen ihren Teil zum Wachstum beitragen. Und schließlich verweisen die Marktforscher darauf, dass drahtlose Sensornetze, die mit Energy-Harvesting-Systemen ausgerüstet sind, verstärkt genutzt werden.
2019 machten Energy-Harvesting-Systeme auf Basis von Licht den größten Anteil am Gesamtmarkt aus. Das Wachstum in diesem Segment schreiben die Marktforscher auch der zunehmenden Zahl von Unternehmen zu, die sich mit der Herstellung von Solarprodukten für Gebäudeautomatisierung, Unterhaltungselektronik und Sicherheitsanwendungen befassen. Geht es um die Komponenten, so kamen Transducer im letzten Jahr auf den größten Anteil auf dem Energy-Harvesting-Markt.
Transducer, also Harvester, die die Umgebungsenergie in Elektrizität umwandeln, um elektronische Geräte zu betreiben, basieren auf verschiedenen Technologien (Piezoeffekt, Photovoltaik, elektromagnetisch, Hochfrequenz und thermoelektrisch). Die Analysten gehen davon aus, dass die Photovoltaik-Harvester während des Prognosezeitraums mit der höchsten Wachstumsrate pro Jahr zulegen werden. Dieses Wachstum führen die Analysten auf die steigende Zahl von Unternehmen zurück, die Photovoltaik-Zellen und -Panels anbieten.
Darüber hinaus erwarten die Spezialisten von MarketsandMarkets, dass die Gebäude- und Home Automation im Prognosezeitraum den höchsten CAGR-Wert erreichen wird. In diesem Zusammenhang weisen die Analysten auf die zunehmende Verbreitung von drahtlosen Sensornetzen (WNS) und IoT-Anwendungen im Bereich der Heimautomatisierung und Steuerungssysteme hin, die Transducer und Sensoren einsetzen. In diesem Zusammenhang verweisen die Analysten darauf, dass in den USA 2017 ein Anteil von 39 Prozent aller CO2-Emissionen des Landes auf Gebäude entfallen ist.
Das zeige, dass es dringend notwendig ist, das Energiemanagement zu verbessern. Ein Wachstumstreiber, denn laut Analysten führt das dazu, dass in den USA Energy-Harvesting-Systeme beispielsweise in Klassenzimmern zur Messung der Belegung und Temperaturregelung, in gewerblichen Gebäuden für automatische Beleuchtungssysteme je nach Belegungsstatus, in Hotels zur intelligenten Leistungssteuerung und in Wohngebäuden zur Senkung des Energieverbrauchs installiert werden.
Bequemlichkeit sollte auch ein Wachstumstreiber sein
Uwe Westmeyer, Marketing Manager Automotive Solution Business Unit bei Renesas Electronics Europe, erwartet ebenfalls eine deutliche Nachfragesteigerung, denn »angenommen, es kommen wirklich so viele Geräte, wie die IoT-Welt verspricht, seien es Sensoren oder Aktoren, diese Geräte müssen alle mit Energie versorgt werden.« Und zumindest ein Teil der Energie müsste mit Energy Harvesting generiert werden. Westmeyer begründet: »Heute sind die meisten in einem Haushalt genutzten Smart-Home-Geräte batteriebetrieben. Das heißt, dass derzeit in regelmäßigen Abständen überprüft werden muss, welche Batterien noch funktionieren, und gegebenenfalls müssen die leeren Batterien ersetzt werden.« Für Technik-Freaks ist das sicherlich kein Problem, aber ist das benutzerfreundlich im Sinne von Otto Normalverbraucher?
Doch nicht nur eine erhöhte Benutzerfreundlichkeit spricht für Energy Harvesting. Westmeyer weiter: »Auch bei Anwendungen im öffentlichen Raum oder in der Industrie ist ein Batteriewechsel nicht sinnvoll. Die Leute können und wollen nicht dauernd Batterien wechseln.« Auch eine Versorgung mittels Kabel ist in diesen Anwendungsfällen oft keine Alternative. Zum einen, weil es in bestimmten Fällen gar nicht möglich ist, zum anderen weil es viel Geld kostet und darüber hinaus auch noch ein erheblicher Aufwand darin besteht, diese Geräte per Kabel mit Strom zu versorgen.
Für Westmeyer ist dementsprechend klar: »Unternehmen wie Renesas und andere Halbleiterhersteller sind gefordert, Technologien auf den Markt zu bringen, die mit sehr wenig Energie auskommen. Sonst findet die „IoTisierung“ so nicht statt bzw. sonst wird zu viel Energie bzw. Material verbraucht.«