Für die Elektromobilität

Thermisch leitfähige Elastomere in der Erprobungsphase

19. Oktober 2020, 8:43 Uhr | Corinna Puhlmann-Hespen
Freie Fahrt für den Wärmetransport: Das Spezial-Silikon vereint scheinbar gegensätzliche Eigenschaften. Es leitet Wärme gut, ist aber elektrisch isolierend.
© Freudenberg FST

Freudenberg Sealing Technologies hat ein neues Material entwickelt, das eine relativ hohe Wärmeleitfähigkeit mit elektrisch isolierenden Eigenschaften kombiniert. Derzeit erprobt der Zulieferer erste Anwendungen für Ladebuchsen, Steuergeräte und Akkus von Elektrofahrzeugen.

Als eine mögliche Serienanwendung für das neue, thermisch leitfähige Silikon benennt Freudenberg die Ladebuchse. Prototypen mit integrierter Sensorik werden derzeit bereits von einem Autohersteller getestet. Das Material trägt dazu bei, die Abwärme von der Wärmequelle an die im Kontakt befindliche Wärmesenke abzuführen. Das spezielle Know-how von Freudenberg besteht darin, einen Verbund zwischen den in der Applikation verwendeten Materialien und dem Spezialsilikon herzustellen.

Dass sich die Freudenberg-Experten für Silikon – einen im Automobilbau bislang eher selten verwendeten Werkstoff – als Grundmaterial entschieden haben, begründet Armin Striefler, Senior Application Manager unter anderem mit der erweiterten Temperaturbeständigkeit: »Unser Werkstoff behält seine Eigenschaften über einen sehr hohen Bereich von -50 bis +250 °C, ist aber gleichzeitig durch eine relativ geringe Kraft deformierbar. Spritzt man ihn auf eine Metalloberfläche, füllt er dort winzige, durch die Rauheit entstehende Lücken, was nicht nur den Wärmeübergang verbessert, sondern auch eine Haftung ohne zusätzliche Oberflächenbehandlung ermöglicht.«

Die Eigenschaften des Werkstoffs sind eine hohe elektrische Durchschlagsfestigkeit von mindestens 20 Kilovolt pro Millimeter. Durch die Zugabe der Füllstoffe wird die Wärmeleitfähigkeit von 0,2 auf 1,6 bis 2 Watt pro Meter und Kelvin erzielt. Die Füllstoffe selbst sind spezielle Metallverbindungen, das Technologiewissen von Freudenberg bezieht sich aber vor allem auf deren Kombination und die Weiterverarbeitung.

Perspektiven für das Elektroauto

Neben Ladedosen ist eine weitere interessante Anwendung die Entwärmung von Steuergeräten, wie sie etwa zur Schaltung des Stromflusses zwischen Batterie und Antrieb eines Elektroautos eingesetzt werden. Während die Leistungselektronik über das Aluminiumgehäuse entwärmt wird, strahlt die von den elektronischen Bauelementen abgegebene Wärme in der Regel nur in die Luft zwischen Leiterplatte und Gehäusewand ab. Hier kann das Silikon nun seine Vorteile ausspielen. Es kann als ein beliebiges dreidimensionales Formteil hergestellt werden und ermöglicht so den direkten Bauteilkontakt, obwohl sich die Komponenten in der Regel nicht auf dem gleichen Höhenniveau befinden. Dadurch kann der Wärmestrom direkt in das Gehäuse abfließen. Eine erste Anwendung in einem Batteriesteuergerät für ein hybridisiertes Nutzfahrzeug befindet sich ebenfalls in der Testphase.

Auch für den Akku eröffnen thermisch leitfähige Elastomere neue Perspektiven. Denn die Stromschienen, mit denen Akkumodule und Leistungselektronik verschaltet werden, produzieren bei schnellem Laden oder hohen Leistungsanforderungen während der Fahrt relativ viel Abwärme. Der Einsatz des thermisch leitfähigen Silikons kann maßgeblich dazu beitragen, hier die Abwärme von der Wärmequelle an die Wärmesenke abzuführen.

»Wir stehen mit den Anwendungen für thermisch leitfähige Elastomere noch am Anfang«, erklärt Joachim Heinemann, Technischer Direktor für Spezialdichtungen von Freudenberg Sealing Technologies. »Es ist aber jetzt schon zu erkennen: Die Kombination aus Wärmeleitfähigkeit und elektrischer Isolation hat hohes Potenzial, künftige Elektroauto-Generationen effizienter zu gestalten.«

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