Lebensdauerangaben von LED-Leuchten sind mit Vorsicht zu genießen

Lang lebe die LED!?

27. September 2010, 14:03 Uhr | Willem Ongena
© Toshiba Lighting Systems

Eine »Lebensdauer der LED bis zu 100.000 Stunden« versprechen manche Lampenhersteller großzügig auf der Verpackung ihres Produktes. Was sie damit genau meinen, und vor allem was sie mit ihrer Aussage versprechen oder gar garantieren, bleibt im Dunkeln – für einen Leuchtenhersteller fürwahr etwas beschämend!

Was würden Verbraucherschützer wohl sagen, wenn ein Joghurthersteller großspurig auf die Verpackung schreiben würde: »Verpackung hält mindestens 10.000 Jahre«? Gelogen wäre das nicht – davon können Umweltschützer ein Lied singen, beklagen sie doch, dass unsere Müllberge voll Plastikverpackungen sind, die viele Menschenleben leicht überdauern. Aber eigentlich will das niemand wissen. Viel wichtiger ist es, wie lange der Inhalt – ggf. gekühlt – genießbar bleibt. Unter anderem deshalb schreiben die Joghurthersteller lieber ein Mindesthaltbarkeitsdatum für den köstlichen Inhalt auf ihre Verpackung. Und man könnte erwarten, dass die Lampen- und Leuchtmittelhersteller genau das auch bei ihren Erzeugnissen tun.

Leider gibt es real existierende Leuchtenhersteller, die es dem (hypothetischen) unseriösen Joghurthersteller nachmachen. Manchmal scheint es dabei, als müssten diese Hersteller sich bei der Angabe der Lebensdauer überbieten. »Eine LED kann tatsächlich viele zehntausend Stunden Licht spenden, ohne dass einem ein Rückgang der Helligkeit auffällt«, bestätigt Alexander Müller, Business Development Manager bei Future Lighting Solutions, »das heißt aber nicht, dass das gesamte Beleuchtungssystem diese Zeit auch ohne Funktionseinbuße überdauert «.

Als Schwachstellen nennt Müller die Stromversorgung, manche mechanischen oder elektromechanischen Teile wie Schalter und Stecker oder auch elektrische Bauteile. »Nach wie vor ist vielen Endkunden nicht bewusst, dass auch eine LED komplett ausfallen kann, und oft halten sich auch LED-Hersteller zu diesem Thema sehr bedeckt. Diese Spontanausfälle können heute nur statistisch betrachtet werden. Es gibt aber im Leuchtenkonzept einige Ansätze, die verhindern können, dass diese Ausfälle zum Totalausfall der Leuchte bzw. der LED-Kette führen. Dies gilt es selbst dann zu beachten, wenn die LED z.B. aufgrund mechanischer Einflüsse oder schlechter Verarbeitung (etwa eine »kalte Lötstelle«) als Ausfall gewertet werden kann. Für diesen Fall gibt es aber auch elektronische Komponenten (Nebenschlusskomponenten) die hier die Strom führende Funktion übernehmen können«, so Müller.

Hinzu kommt, dass eine Leuchtdiode nur dann sehr lange leuchten kann, wenn ihr aktiver Kern, die Halbleitergrenzschicht, nie überhitzt wird. Das kann aber leicht geschehen, denn gerade in dieser Grenzschicht entwickelt sich schnell eine hohe Temperatur, weil der starke Stromfluss (in der Regel mindestens 350 mA) nicht nur Photonen freisetzt, sondern auch ungenutzte elektrische Energie, die die Grenzschicht thermisch belastet und leicht überlastet. »Das A und O zur Erhöhung der LED-Lebensdauer ist ein ausgefeiltes Wärmemanagement und eine effektive Strombegrenzung « sagt Wolfgang Zang, Geschäftsführer des Spezialdistributors ED-V, der ein breites Produktportfolio vom Einzelbauelement bis zu kompletten Modulen anbietet. »Thermisches Management ist daher eine der Hauptaufgaben des Entwicklers, die wir ihm aber mit unserem Team ganz oder teilweise abnehmen können.«

Retrofit mit garantierter Lebensdauer

Keine besonderen Gedanken über die Lebensdauer muss sich der Käufer einer so genannten Retrofit-Lösung mit Leuchtdioden machen. »Retrofit« heißt hier schlicht und ergreifend, dass das LEDWas Leuchtmittel sich äußerlich kaum von einer Glüh- oder Halogenlampe unterscheidet: Es verfügt über einen Schraub- oder Stecksockel in einem der gängigen Formate. Nahezu alle großen Leuchtmittelhersteller bieten diese inzwischen an – und keiner von ihnen verspricht 100.000 Betriebsstunden. »Auch die oft kolportierten 50.000 Stunden halten wir für unseriös «, sagt Peter Dillen, Sprecher des Elektroherstellers Havells-Sylvania, der sich selber in der Weltrangliste für Energiesparlampen zwischen Philips als Nummer 1 und Osram als Nummer 3 sieht. »Wir garantieren eine durchschnittliche Brenndauer von 15.000 Stunden. Das heißt gemäß gängiger Definition, dass rund 50 Prozent der Lampen nach Ablauf dieser Zeit das Kriterium für das Lebensende erfüllt.«

Mitbewerber Osram differenziert die für seine LED-Leuchtmittel angegebene Lebensdauer nach Typ: »Die durchschnittliche Lebensdauer geben wir pro Produkt an, sie liegt zwischen 10.000 und 25.000 Betriebsstunden. Sie bezieht sich auf den Zeitpunkt, zu dem das Leuchtmittel 70 Prozent des Ursprungs- Lichtstroms erreicht.« Und auch Osram räumt ein, dass meist nicht die LED selber, sondern in der Tat elektronische Komponenten das Lebensdauerende definieren. »Die Komponenten sind aber von Lampe zu Lampe unterschiedlich«, differenziert Caroline Schliephake, Leiterin Produktmarketing LED-Lampen bei Osram.

Etwas weiter hinaus lehnt sich Konkurrent Toshiba Lighting Systems, der erst kürzlich LED-Retrofits für Endverbraucher ankündigte und für diese eine Brenndauer von 24.000 Stunden anpreist. »Wir bieten auch eine Lampe für den professionellen Endnutzer an, die mit 40.000 Betriebsstunden aufwarten kann«, betont Thomas Heider, Leiter Sales & Marketing bei Toshiba Lighting Systems. Auch Toshiba legt hier die Lebensdauerdefinition von Energiesparlampen zu Grunde, die derzeit einen Mindest-Lichtstrom von 70 Prozent des Anfangswertes vorsieht.

Im Gegensatz zu Energiesparlampen, die man nicht allzu oft ein- und ausschalten soll, gelten LED-Lampen als schaltfest. Zwar garantiert kein Hersteller, dass man sie im Extremfall Millionen Male ein- und ausschalten darf, jedoch sind die minimal 60.000 Schaltspiele, die Havells-Sylvania angibt, für nahezu alle Anwendungsfälle ausreichend. Bei 15.000 Betriebsstunden ergeben sich rechnerisch 60.000 Zyklen von einer Viertelstunde. Auch Osram räumt ein: »LED-Lampen sind nicht generell unendlich schaltbar. Osrams LEDLampen können, je nach Modell, 100.000 Schaltzyklen und mehr verarbeiten«, so Caroline Schliephake.

Schon eher zählt in der Praxis die tägliche Betriebsdauer. Dillen: »In einem Privathaushalt gelten drei Stunden täglich als durchschnittliche Betriebsdauer für eine Lampe. Bei 15.000 Betriebsstunden wäre ihre Standzeit 15 Jahre. Wir denken nicht, dass viele Kunden einen Ausfall nach sieben bis acht Jahren reklamieren würden. Großabnehmern, die nachweisen, dass die Lampen nicht lange genug gehalten haben, würden wir in dem Fall dennoch 50 Prozent der installierten Exemplare kostenlos austauschen.« Konkurrent Toshiba übertrumpft Havells-Sylvania auch bei der Zahl der Schaltzyklen: »Wir garantieren mindestens 100.000 Zyklen«, sagt Heider. Allerdings kleidet er die Garantie-Zusage etwas vorsichtiger aus als Dillen: »Als japanischer Hersteller, der sich besonders zu Qualität und kontinuierlicher Verbesserung verpflichtet fühlt, prüfen wir jeden Reklamationsfall besonders gewissenhaft und klären den Sachverhalt zusammen mit dem Kunden«.

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