Interview

"99 Prozent der Infrastruktur noch nicht `smart´"

17. Dezember 2019, 12:58 Uhr | Hagen Lang
Cedrik Neike ist Mitglied des Vorstands der Siemens AG und Chief Executive Officer von Siemens Smart Infrastructure.
© Siemens AG

Cedrik Neike, CEO von Siemens Smart Infrastructure, erklärt uns in der Smart City Seestadt Aspern, einem Stadtteil Wiens, warum das Marktsegment der intelligenten Infrastrukturen künftig wachsen wird, welche Produkte Siemens hierfür entwickelt und anbietet und wie das Umwelt und Kunden nutzt.

Frage: Herr Neike, Sie sind 2019 CEO von Siemens Smart Infrastructure geworden, einer der drei neu gebildeten Operating Companies von Siemens. Können Sie uns das Unternehmen kurz skizzieren?

Cedrik Neike: Gerne. Der Fokus von Siemens Smart Infrastructure liegt auf der intelligenten Vernetzung von Energiesystemen, Gebäuden, urbanen Räumen und Industrien, um diese hinsichtlich des Betriebs und Ressourcenverbrauchs effizienter und für die Nutzer bequemer und lebenswerter zu machen. Dabei reicht unsere Expertise von der Energieautomatisierung im Smart Grid, über die Nieder- und Mittelspannungsverteilung bis zu intelligenter Vernetzung, Technik und Services für Gebäude und Städte sowie industrieller Schalttechnik. Dies fassen wir unter dem Begriff „Smart Infrastructure“ zusammen. 71.000 Mitarbeiter haben in diesem Bereich im vergangenen Jahr ein EBITA, also einen Gewinn vor Finanzergebnis, außerordentlichem Ergebnis, Steuern und Abschreibungen von 14,4 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Frage: Wer sich mit Themen wie Smart Cities oder Smart Infrastructure beschäftigt, wird die Entwicklung des Segments in den letzten Jahren nicht gerade als übermäßig dynamisch beschreiben. Warum hat Siemens eine neue Operating Company mit diesem Programm und Namen geschaffen?

Cedrik Neike: Wegen der großen Chancen, die die derzeitigen Veränderungen bieten. 99 Prozent der Infrastrukturen sind nicht „smart“, weltweit betrachtet – noch nicht. Ohne umfassende Vernetzung von Gebäuden und urbaner Infrastruktur sind die gestellten Herausforderungen aber nicht zu schaffen, zum Beispiel die anhaltende Urbanisierung. 70 Prozent der Weltbevölkerung werden 2050 in Städten leben, wobei über ein Drittel des Energieverbrauchs auf Gebäude entfallen wird. Dazu wird bei steigendem Gesamtenergieverbrauch bis 2035 ein Wachstum des Anteils erneuerbarer Energien auf über 50 Prozent erwartet. Dies induziert die Dezentralisierung der Stromerzeugung, weg von wenigen zentralen Großkraftwerken, hin zu unzähligen kleineren Erzeugern, die alle in das Stromnetz integriert werden müssen. Bei einer weltweiten Urbanisierung muss die Umweltverträglichkeit im Fokus stehen – nennen Sie es Ressourceneffizienz, nennen Sie es Dekarbonisierung. Dies gelingt nur mit verbrauchsoptimierten und kommunizierenden Gebäuden und Infrastrukturen.

Frage: Also sehen Sie die Wachstumschancen als gut an?

Cedrik Neike: Ja. Wir gehen von einem gesunden Kernmarkt für Smart Infrastructure von ca. 150 Milliarden Euro jährlich aus, der voraussichtlich im niedrigen einstelligen Prozentbereich per annum wachsen wird. Interessant sind aber auch die Märkte am „Grid Edge“, die derzeit dynamisch wachsen, vor allem die Bereiche verteilte Energiesysteme und Energiespeicher, deren jährliches Wachstum wir auf je 10 Prozent veranschlagen. Dazu kommt die Elektromobilitäts-Infrastruktur, der wir ein jährliches Wachstum von 30 Prozent in den nächsten fünf Jahren zutrauen.


  1. "99 Prozent der Infrastruktur noch nicht `smart´"
  2. Best Practices der Gebäude- und städtischen Digitalisierung
  3. Was der Kunde davon hat

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