Gebäudetechnik

Intelligenten Gebäuden gehört die Zukunft

8. November 2022, 14:54 Uhr | Barry Mulligan, Analog Devices
In einem intelligenten Gebäude werden die Ressourcen mithilfe verschiedener Systeme effektiv verwaltet.
© metamorworks/Adobe Stock

Was bedeuten intelligente Gebäude genau? Was sind die Faktoren, die solche Gebäude beeinflussen? Und welche Ethernet-Techniken ermöglichen den Übergang von bestehenden Gebäuden zu intelligenten Gebäuden? Antworten auf diese Fragen liefert der Autor hier.

Was bedeuten intelligente Gebäude genau? Was sind die Faktoren, die solche Gebäude beeinflussen? Und welche Ethernet-Techniken ermöglichen den Übergang von bestehenden Gebäuden zu intelligenten Gebäuden? Antworten auf diese Fragen liefert der Autor hier.

Der Unterschied zwischen einem smarten und einem intelligenten Gebäude ist folgender: In einem smarten Gebäude programmiert der Nutzer Systeme dahingehend, dass sie die Anforderungen der Nutzer bestmöglich erfüllen. Ein intelligentes Gebäude ist dagegen in der Lage, die Systeme selbst optimal zu programmieren. Damit das möglich ist, muss das Gebäude entsprechende Messmöglichkeiten besitzen, um so viele Daten wie möglich aus der externen Umgebung aufzunehmen. Dazu müssen die geeigneten Kommunikationswege vorhanden sein, um diese Daten dann zurück in das »Gehirn« des Gebäudes zu senden (das lokal oder in der Cloud angesiedelt sein kann). Hier verarbeiten maschinenlernende Algorithmen die Daten zu Informationen, mit denen die optimalen Aktionen ausgeführt werden.

Im Zusammenhang mit intelligenten, digitalisierten Gebäuden gibt es vier Schlüsselbereiche zu beachten:

  • Gesundheit und Sicherheit: Ist der Raum dahingehend entwickelt, das Wohlbefinden seiner Bewohner zu verbessern? Denn wenn sich die Bewohner sicher fühlen und ihre Umgebung so gestaltet ist, dass sich ihre Lebensqualität steigert, werden sie produktiver sein.
  • Nachhaltigkeit: Ist der Raum so effizient wie möglich gestaltet, um den CO2-Fußabdruck zu verringern? Dieses Thema wirkt sich nicht nur für die Immobilienbesitzer von Vorteil, da sie bei der Energieversorgung und reduzierten Wartungskosten Geld sparen, sondern wirkt sich auch positiv auf die Umwelt, Ökonomie und das Sozialwesen aus.
  • Belastbarkeit: Ist der Raum so zukunftssicher entwickelt, dass er sich auch zukünftig bewährt? Heutige Gebäude sind für 150 Jahre und mehr ausgelegt. Wir wissen zwar nicht, welche Innovationen oder Technologien uns in Zukunft erwarten, aber wir können so planen, dass die Infrastruktur der Informationstechnik (IT) und Betriebstechnik (OT) unserer Gebäude den künftig erwarteten steigenden Datenverkehr handhaben kann. Denn es werden immer mehr Systeme in den Gebäuden online gehen und über IP-Adressen verfügen.
  • Ökonomie: Ohne die richtigen finanziellen Anreize ist es sehr schwer, einen Wandel herbeizuführen. Es gibt zwar eine Wertschöpfung bei Gebäuden, wenn man sie intelligent macht. Zunächst einmal sind aber Investitionen nötig, bevor man von Einsparungen profitiert. Innovative Finanzierungsmodelle werden nötig sein, damit Immobilienbesitzer ihre bestehenden Gebäude in intelligente Gebäude umrüsten.

Diese vier Themen lassen sich alle mit der Gebäudeautomatisierung adressieren. Heutzutage basiert sie jedoch häufig auf geschlossenen und isolierten Systemen, die unabhängig voneinander arbeiten. Sie führen ihre Funktionen ohne Einfluss auf oder Aktivierung von anderen Systemen aus. In einem Gebäude handelt es sich bei diesen Systemen um Heizung und Klimatisierung, Beleuchtung, Zugangskontrolle, Feueralarm, Aufzüge oder Anwesenheitserkennung. Solche isolierten Systeme sind ineffizient, was zu einer schlechteren CO2-Bilanz führt.

Treiber für den Übergang zu intelligenten Gebäuden

In Bild 1 ist der sogenannte Einflusstrichter dargestellt. Er stellt eine grobe Übersicht des Ökosystems dar und zeigt, wie der Bedarf für intelligente Gebäude in der modernen Welt getrieben wird. Zunächst sind da die Makro-Trends der Welt, nämlich Urbanisierung und Klimawandel.   

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Bild 1: Der Einflusstrichter für intelligente Gebäude: Urbanisierung und Klimawandel sind wichtige bestimmende Trends.
© Analog Devices

Urbanisierung: Die Menschen gehen in die Städte, um ein besseres Leben für sich zu finden. Städte bieten Beschäftigungsperspektiven, aber auch Zugang zu Waren, Dienstleistungen, Gesundheitsversorgung und Bildung. Das Bevölkerungswachstum trägt ebenfalls zur Urbanisierung bei, und es wird geschätzt, dass bis 2050 über 65 Prozent der Weltbevölkerung im urbanen Bereich leben werden. Es wird auch vorhergesagt, dass sich der globale Flächenbedarf von Gebäuden bis 2060 verdoppeln wird, was in den nächsten 40 Jahren jeden Monat dem zusätzlichen Verbrauch der Fläche von New York entspricht.

Klimawandel: Dieser hat wegen der Nutzung fossiler Brennstoffe stark zur gestiegenen Konzentration von Kohlenstoff-Dioxid in der Atmosphäre beigetragen. Die IEA schätzt, dass 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen von Gebäuden stammen, wobei 28 Prozent dieser Emissionen allein vom Betrieb und der Wartung der Gebäude stammen. Alarmierend dabei ist, dass 50 Prozent der Energie, die derzeit von Gebäuden verbraucht wird, verschwendet wird. Der Energieverbrauch und damit die CO2-Emissionen von Gebäuden haben sich in den vergangenen Jahren kaum verringert.

Viele einflussreiche Denkfabriken wie das United Nations Environment Programme und die Weltbank fokussieren sich daher auf eine Politik, die die Energieeffizienz in Gebäuden verbessern soll. Sie liefern Anreize dafür, in nachhaltige und intelligente Gebäude zu investieren und ältere Gebäude aufzurüsten, damit die aktuellen EU-Nachhaltigkeitsstandards erfüllt werden. Auch die Regierungen der Welt wollen den Klimawandel stoppen und beginnen, entsprechende Maßnahmen umzusetzen. So bietet die EU mit ihrer Green-Deal-Politik nun Förderungen für ein großes Sanierungsprogramm an.

Es gibt etwa 220 Millionen Gebäude in der EU, wovon 85 Prozent vor 2001 gebaut wurden und 90 Prozent der bestehenden Gebäude bis 2050 genutzt werden – eine große Basis für die Umrüstung. Bis 2030 möchte die EU 30 Millionen Gebäude umgerüstet haben. Und es gibt die Hoffnung, dass in den USA der Infrastructure Bill and Smart Buildings Acceleration Act und der Fünf-Jahres-Plan in China ähnliche Initiativen in diesen Regionen beflügeln werden.

Eine Zertifizierung als »grünes« oder intelligentes Gebäude zu haben, ist häufig eine Voraussetzung für besondere finanzielle Investitionen, aber meist werden diese Zertifikate als ein signifikanter Beitrag für das Gewinnpotenzial der Gebäude angesehen. LEED, BREEAM und EDGE sind bekannte grüne Zertifikate aber auch die lokale Zertifizierung in China gewinnt an Fahrt. Die Zertifizierung intelligenter Gebäude ist noch recht neu, aber mit dem Zusammenschluss von TIA und UL, um SPIRE zu gründen, wird auch diese Zertifizierung populärer werden.

Es kommt auch immer häufiger vor, dass Gebäude eine Zertifizierung als grüne und intelligente Gebäude erhalten. In der Regel kann man davon ausgehen, dass diese Zertifikate das Ertragspotenzial der Gebäude deutlich steigern. LEED, BREEAM und EDGE sind bekannte Umweltzertifikate; Zertifikate für intelligente Gebäude sind dagegen noch recht neu, aber mit dem Zusammenschluss von TIA und UL zu SPIRE werden auch diese immer beliebter werden.

Dass diese Zertifizierungen ihren Wert haben, zeigt eine Untersuchung aus London, wo zertifizierte Gebäude im Vergleich zu nicht zertifizierten Gebäuden in der gleichen Gegend eine vierprozentige Steigerung bei Miete und Verkauf einbrachten.

Von den Weltereignissen bis hin zur Weltökonomie, das Wesen von Gebäuden ändert sich. Die Hersteller von Gebäudeautomatisierung reagieren darauf und wollen CO2-Einsparungen künftig mithilfe der Digitalisierung ermöglichen. Das bedeutet Intelligenz in die Edge-Knoten integrieren, intelligente Daten sammeln und handlungsorientierte Erkenntnisse über mehrere Gebäudesysteme hinweg generieren. Dies macht es möglich, die Leistung jedes einzelnen Gebäudes sehr fein zu justieren und zu optimieren, um so eine maximale Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sicherzustellen.

Ein intelligentes Gebäude realisieren

Die meisten Gebäude verfügen heute über Gebäudemanagementsysteme (GMS). Diese bestehen aus voneinander unabhängigen Subsystemen, die spezifische Funktionen ausführen, wie Beleuchtung, Heizen, Klimatisierung oder Zugangskontrolle. Um diese Gebäude intelligent zu machen, ist es nicht nötig, sie komplett zu entkernen und eine völlig neue Infrastruktur einzubauen – das wäre dann doch zu teuer.

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Bild 2: Infrastruktur eines intelligenten Gebäudes
© Analog Devices

Daher baut die Halbleiterindustrie einen Retrofit-Markt mit Technologien auf, die die vorhandene Infrastruktur digitalisieren und separate Gebäudesysteme miteinander verbinden können. Bild 2 zeigt ein Beispiel, wie unterschiedliche Technologien und Kommunikationsprotokolle ein bestehendes Gebäudemanagementsystem in ein für intelligente Gebäude geeignetes überführen können.

Ethernet ist ein gängiges Protokoll, das mit seinen hohen Datenraten unser heutiges Leben und unsere Geschäftstätigkeiten ermöglicht, aber begrenzt ist in seiner Reichweite und den Topologien, die es unterstützen kann. Was wäre, wenn man Ethernet und IP über einfache Kabel, wie zum Beispiel über ein einziges verdrilltes Leitungspaar über eine Entfernung von 1 km betreiben könnte? Dies würde eine nahtlose Konnektivität von der Cloud bis zum Edge-Knoten bieten und die IT- und OT-Welt zusammenführen. Damit würden die Beschränkungen der bestehenden Systeme beseitigt, wo Daten zwar gesammelt werden, sie aber weder verwertbar sind noch damit wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden können. 

10BASE-T1L ist eine Schlüsseltechnik, um die Edge-Konnektivität zu ermöglichen – dieses Protokoll macht die nahtlose Verbindung von der Cloud bis zum Endknoten möglich. Dies erlaubt wiederum IP-adressierbare Endknoten, die sich in Echtzeit von überall her steuern lassen. Eine derart nahtlose Steuerung verursacht weniger Kosten, da das Netzwerk sowie die Installation und Wartung einfacher sind, und die Daten leichter gesammelt und interpretiert werden können. Nun kann man dort Intelligenz einfügen, wo in der Vergangenheit nur einfache analoge Messungen möglich waren.

10BASE-T1L wurde von der IEEE im Jahre 2019 als Standard 802.3cg ratifiziert. Analog Devices ist Mitglied diese Komitees und hat diesen Standard aktiv mit vorangetrieben. Vorteile dieses Standards sind, dass die Datenübertragung über ein einziges Kabel läuft, mit Datenraten von 10 Mbit/s – dabei besteht das aus nur einem einzigen verdrillten Leitungspaar mit einer Reichweite von 1 km. Wichtig anzumerken ist hierbei, dass sich für das Aufrüsten von bestehenden Gebäuden die vorhandenen verdrillten Leitungspaare weiterverwenden lassen.

Vergleicht man dies mit Infrastrukturen wie RS-485, ist dies ein deutlicher Fortschritt. Die Datenrate bleibt über 1 km konstant und ist nicht wie bei RS-485 von der Entfernung abhängig. Darüber hinaus ist die Anzahl der Datenknoten bei 10BASE-T1L unbegrenzt, bei RS-485 jedoch auf 256 beschränkt. Ein entscheidender Vorteil ist die Bereitstellung der Stromversorgung für Leistungen bis zu 52 W über das gleiche verdrillte Leitungspaar – ähnlich wie bei POE. Da die komplette digitale Transformation eines Gebäudes nicht von einem auf den anderen Tag möglich ist, wird RS-485 für bestimmte Anwendungsfälle immer noch eine Rolle in der Gebäudeautomatisierung spielen. Das heißt, dass 10BASE-T1L in nächster Zeit noch zusammen mit bestehenden Systemen arbeiten muss.

Zusammenfassung

Intelligente Gebäudemanagementsysteme liefern die nötigen Daten, um Entscheidungen bezüglich Nachhaltigkeit und Effizienz, Kommunikation, Gebäudesteuerung und Automatisierung, Gesundheit der Arbeiter und der Sicherheit zu treffen. Dies verbessert die Gesundheit und Sicherheit der Bewohner, optimiert die Nachhaltigkeit und Belastbarkeit und erhöht die Wirtschaftlichkeit des Immobilienmarktes.

 

Analog Devices Barry Mulligan
Barry Mulligan, Marketing Manager bei Analog Devices.
© Analog Devices

Der Autor

Barry Mulligan
ist Marketing Manager in der Intelligent Buildings and Infrastructure Group von Analog Devices in Limerick, Irland, und fokussiert sich darauf, den Einfluss von Analog Devices im Markt für intelligente Gebäude auszubauen. Er arbeitet seit 2016 für ADI.


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