Der Weisheit letzter Schluss?

Moderate Verbesserung der Stromnetze durch »Intelligenz«

10. Juli 2017, 15:23 Uhr | Hagen Lang
© EUROPÄISCHE UNION

Im Rahmen des Forschungsprojekt Grid4EU wurde das Ortsnetz des münsterländischen Reken mit intelligente Ortsnetzstationen, Kontrolleinheiten, Mess- und Schaltprogrammen ertüchtigt. Neben der Verbesserung der Einspeisekapazität in Höhe von 17 % und der Netzstabilität wurden Verluste minimiert.

innogy SE hat die Ergebnisse des  Projektes im Rahmen des Grid4EU-Forschungsprojektes in der Gemeinde Reken vorgestellt. Reken wurde als typische »Erzeuger-Gemeinde« ausgewählt, weil dort mehr als 800 dezentrale Erzeugungsanlagen in Betrieb sind, die mit einer Leistung von knapp 36.000 kW ins Verteilnetz einspeisen. 

In einem Teilbereich mit 100 Ortsnetzstationen wurden 18 intelligente Stationen eingebaut und eine Kontrolleinheit in der zugehörigen Umspannanlage installiert, die den Netzbereich selbständig überwacht, schaltet und steuert. 

Projektleiter Thomas Wiedemann von innogy erklärt: »Die Balance zwischen Einspeisung und Verbrauch kann deutlich verbessert werden. So wird der Lastfluss durch die automatisch agierenden Schaltstellen optimiert, kritische Netzsituationen lassen sich vermeiden und Netzverluste reduzieren.“ 

Wiedemann quantifiziert die Ergebnisse wie folgt: »Die intelligente Netzsteuerung sorgt dafür, dass die Einspeisekapazität des örtlichen Stromnetzes im Vergleich zu einem herkömmlichen Netz um 17 Prozent erhöht wird. Ein notwendiger Netzausbau könnte entsprechend verzögert werden. Gleichzeitig kann die Steuerung die Verluste im Netz um 20 bis 30 Prozent verringern. 

Aber auch die Versorgungsqualität für die Stromkunden wird durch die intelligente Steuerung deutlich verbessert. Die Ausfallzeiten können um etwa 30-40 % gesenkt werden. Wenn es dennoch zu einer Störung kommt, wird die Zeit bis zur Wiederversorgung um mehr als 20 Prozent gesenkt. Das Projekt zeigt daher ganz klar: Unsere Netze brauchen mehr Intelligenz statt nur mehr Kupfer.« 

So positiv unterm Strich das Fazit innogys ausfällt: Die Zahlen zeigen, dass der Ausbau der Verteilnetze zu intelligenten Netzen nicht die technischen Probleme lösen kann, die die fluktuierenden erneuerbaren Energien verursachen und noch verursachen werden. Mit der Erweiterung der Netzkapazität um 17 Prozent lässt sich ein Netzausbau um 3-4 Jahre verschieben, aber nicht umgehen. Das Fehlen von Kostenaufstellungen im Forschungsbericht Grid4EU macht zudem einen Vergleich von Kosten intelligenter Netzertüchtigung und normalem Netzausbau unmöglich.

Auch wenn über Kosten in den Abschlusspressemitteilungen des Forschungsprojektes nicht gesprochen wurde: Es aus finanziellen Gründen in Versorgungsgebieten mit hohem Erneuerbaren-Anteil sinnvoll, die Ausstattung von Ortsnetzen mit intelligenter Netztechnik als Alternative zum Aufgraben und Verlegen von »dicken Kupferkabeln« zu prüfen.

17 Prozent höhere Netzeinspeisekapazität sind erfreulich, aber angesichts der Pläne der Regierung, den Anteil erneuerbarer Energien noch zu vervielfachen, nicht ausreichend. Ohne Lösung der ungelösten Speicherfrage erfolgt der Zubau von Erneuerbaren weiter nach dem »Prinzip Hoffnung, auf dass eine künftige Technologie und Geldquelle bitte die Probleme löse, die sich aufgrund des fluktuierenden Stromes für Verteilnetze und Grundlastsicherung einstellen. 

Immer deutlicher wird, dass die Energiewende die Energiekosten von der Stromerzeugung (Solar-Grenzkosten Null) weg in die Netz-Infrastruktur verlagert.

 


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