Damit Smart Grids zuverlässig arbeiten

Sicherheit als Exportschlager

30. Juli 2012, 14:07 Uhr | Heinz Arnold

Das Smart Grid muss möglichst schnell aufgebaut werden - keinesfalls aber auf Kosten der Sicherheit. Widerspricht sich das, zumal in anderen Ländern der Sicherheitsaspekt derzeit eine geringere Rolle spielt als in Deutschland?

Sicherheit ist ein wesentlicher Aspekt des Smart Grid. Die Versorgungssicherheit muss gewährleistet sein, das Netz muss sicher vor Angriffen von außen sein und die Privatsphäre der Verbraucher in den Haushalten muss sichergestellt sein. Es stellen sich also zwei Fragen: Wie lässt sich so viel Sicherheit wie erforderlich so schnell wir möglich in das Smart Grid und das Smart Metering einbauen? Offensichtlich ist, dass es 100-prozentige Sicherheit nicht gibt, schon gar nicht in einem hochkomplexen System wie dem Smart Grid. Das sollte aber niemanden davon abhalten, schon von vorne herein zu kapitulieren.

Klartext: Drei Experten äußern sich zu Sicherheitsfragen im Smart Grid

Sowohl die "Elektronik" als auch Infineon blicken auf eine 60jährige Historie zurück - in diesem Beitrag wirft Ex-Infineon-CEO Peter Bauer einen Blick in die Zukunft.
© Infineon
Cornelia Rogge-Grothe, Staatssekretärin im Bundesinnenministerium
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 Dr. Peter Terwiesch, Vorstandsvorsitzender der ABB AG
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»Sicherheit ist messbar, und wir müssen sie messen, um die Komplexität überhaupt beherrschen zu können«, sagte Peter Bauer, CEO von Infineon, in einer Podiumsdiskussion zum Thema Sicherheit. Auch wenn es absolute Sicherheit niemals gebe, man könne sich zumindest an dieses Ziel heranpirschen. So ließen sich verschiedene Level messbar absichern, man kann sie zertifizieren - und damit könne man schon recht sicher sein, dass die Systeme zumindest vor den Angriffen geschützt sind, die bisher abgewehrt werden konnten. Die Industrie könnte laut Bauer durchaus die Mittel zur Verfügung stellen, die insgesamt für eine akzeptable Sicherheit sorgen. 

Sicherheit für die Infrastruktur zu gewährleisten - das ist auch die Aufgabe des Staates. »Der Staat setzt den Rahmen durch Auflagen und Regelungen«, sagt Cornelia Rogge-Grothe, Staatssekretärin im Bundesinnenministerium. Der Staat habe bereits Sicherheitsinfrastrukturen geschaffen, etwa um den elektronischen Personalausweis und rund um den Email-Verkehr. »Jeder ist aber für seine Systeme verantwortlich, die er betreibt - und ganz allgemein für sein Verhalten gegenüber Sicherheitsfragen«, so Rogge-Grothe. Mehr als den Rahmen zu setzen, könne der Staat nicht tun. Die Industrie müsse die Möglichkeiten in diesem Rahmen nutzen, in die Geschäftsabläufe integrieren und dafür sorgen, dass sich solche Systeme in der Fläche durchsetzen. »Die Elektroindustrie ist dafür verantwortlich, dass die Versorgungssicherheit und der Schutz der Netze vor Störfällen und Angriffen gewährleistet ist.« Insgesamt stellt sie der Industrie ein gutes Zeugnis aus: Die Zusammenarbeit zwischen Bundesnetzagentur und der Bundesanstalt für die Sicherheit in der Kommunikationstechnik funktioniere gut. Die IT-Sicherheit dürfe nicht gegen, sondern müsse mit der Wirtschaft geregelt werden. Und Sicherheit sei eine große Chance, sie könnte Wettbewerbsvorteil und Exportartikel werden.

Doch allein wenn man die Situation im Smart Metering betrachtet, so liegen im Vergleich mit den Ländern Europas, aber auch mit anderen Weltregionen, die Sicherheitsregulierungen - wenn sie denn einmal verabschiedet sind - relativ hoch. Könnte sich das nicht - gegen die guten Intentionen - als ein Wettbewerbsnachteil erweisen?

Peter Bauer sieht das nicht so. Er empfiehlt, die Sicherheitsarchitekturen skalierbar zu machen. »Wir müssen Komponenten anbieten, die es zulassen, das jeweils geforderte Sicherheitsniveau wirtschaftlich erfüllen zu können. Wir können ja hier nicht Smart Meters ohne Sicherheitsvorkehrungen verkaufen, nur weil andere Weltregionen diese Sicherheit derzeit nicht direkt verlangen. Wir brauchen eine auf die jeweiligen Anforderungen zugeschnittene Sicherheit.«

Wie stellt sich die Situation in anderen Weltregionen dar? In den USA besteht nach Beobachtung von Dr. Peter Terwiesch, Vorstandsvorsitzender der ABB AG, ein strenges Regelwerk, das nicht nur die Unternehmen für Verstöße gegen Netzsicherheit verantwortlich macht, sondern auch die Unternehmensführung direkt haftbar macht. »Die Sicherheitsanforderungen sind gestiegen«, so Terwiesch. ABB liefere Netzleitsysteme in die USA und habe sehr viel über die Verwundbarkeit der Netze gelernt. »Wir verfügen über die technischen Mittel, aus jeweils für sich nicht zu 100 Prozent sicheren Komponenten zuverlässige Systeme zu bauen.«

Ganz ähnlich sieht auch Peter Bauer die Sicherheit als eine Chance. Die Unternehmen müssten heute in den Aufbau von Sicherheitstechniken investieren, auch wenn das derzeit noch wie Overhead aussieht, der keinen Return bringt: »In fünf Jahren wird das Sicherheitsproblem viel größere Ausmaße angenommen haben als heute, dann können wir verkaufen und die Früchte der heutigen Investitionen ernten.«


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