Weitere Pilotprojekte erforderlich

Supraleiter für Netzausbau

1. Dezember 2015, 8:23 Uhr | Heinz Arnold
Ein Teil des Hochtemperatur-Supraleiter-Kabels, das RWE im Rahmen des Pilotprojekts AmpaCity in Essen betreibt.
© Nexans

Supraleitende Stromkabel können den Flächenverbrauch und den Bauaufwand für neue Stromübertragungsstrecken stark verringern. Das zeigt das erste deutsche Pilotprojekt in Essen.

Laut der RWE AG, dem Betreiber des weltweit längsten supraleitenden Mittelspannungskabels (AmpaCity), sei dieses Kabel schon jetzt ökonomisch sinnvoll.  Das kompakte Kabel transportiert sehr hohe Strommengen und arbeiten praktisch ohne Verluste und Emissionen. Akzeptanzprobleme und Rechtsstreitigkeiten beim Netzausbau ließen sich so entschärfen.

Um Chancen und politische Handlungsmöglichkeiten zu diskutierten, hatte der Industrieverband Supraleitung (ivSupra) und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), Fachpolitiker aller Bundestagsfraktionen zur Diskussion eingeladen.

Europäische Dimension

Im Mittelpunkt des Berliner Informationstreffens standen nicht nur die Merkmale der neuen Kabeltechnologie, sondern auch die Bedingungen, unter denen sie zum Einsatz kommen kann. Dr. Joachim Pfeiffer, Sprecher der CDU/CSU Fraktion im Bundestagsausschuss für
Wirtschaft und Energie, unterstrich zu Beginn der Veranstaltung die Bedeutung des Netzausbaus in Deutschland für die Energiewende und die Integration des europäischen Strommarkts. Er sprach sich dafür aus, regulatorische Voraussetzungen zu schaffen, unter denen neue technologische Entwicklungen rasch in den Netzausbau einfließen können. In diesem Zusammenhang benannt Pfeiffer besonders die Kosteneffizienz und die öffentliche Akzeptanz als kritische Erfolgsfaktoren.

Zeitdruck beim Netzausbau

Eine wichtige Voraussetzung für die Einführung supraleitender Kabel sind weitere Pilotprojekte, um die Zuverlässigkeit der Technologie im Netz im großen Maßstab zu demonstrieren. Klaus Barthel, SPD, stellvertretender Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie, mahnte mit Hinweis auf den Zeitdruck
beim Netzausbau zu raschem Handeln: »Es könnte eine große Chance sein, wenn Deutschland als Land der Energiewende nun auch einen technologischen Sprung beim Stromtransport vorweisen könnte.« Der Gesetzgeber benötige deshalb zeitnah eine belastbare Informationsgrundlage und Kostenvergleiche mit anderen Verfahren der Stromübertragung. »Wenn sich zeigt, dass wir sinnvoll in die Leistungsfähigkeit der Stromnetze investieren und dadurch eine technologisch führende Positionierung Deutschlands in diesem Bereich fördern können, sind das Argumente für die Regulierungspolitik«, erklärte Barthel.

Industrie braucht Pilotprojekte

Nach den Wirtschaftlichkeitsberechnungen der RWE AG ist bereits das erste supraleitende Kabel im deutschen Stromnetz ökonomisch sinnvoll, betonte der Vorsitzende des ivSupra, Dr. Werner Prusseit. Für kurze Mittel- und Hochspannungsstrecken in Ballungsräumen
Gebieten könnten supraleitende Kabel in den nächsten Jahren rentabel eingesetzt werden. »Industrielle Produktionen von supraleitendem Draht für Kabel von einigen Kilometern Länge sind in Deutschland im Aufbau. Entscheidend ist nun, dass weitere Projekte beschlossen
werden, damit wir die Fertigung ausweiten und die Materialkosten senken können.«

Nachhaltigkeit im Fokus

Eva Bulling-Schröter, Sprecherin der Fraktion Die Linke im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie und Kuratoriumsmitglied der DBU, machte die Auswirkungen der
supraleiterbasierten Kabeltechnologie zum Thema: »Wir sollten von vornherein nachhaltig denken und darüber sprechen, welche weitergehenden Zukunftsperspektiven die Technologie erschließt und wie ökologisch sie ist.« Sie regte an, das Potenzial der Supraleitertechnologie für die Schaffung neuer zukunftsorientierter Industriearbeitsplätze zu untersuchen und nannte als weitere Kriterien die Materialeffizienz und die Kühlung supraleitender Kabel. »Die Widerstandsverluste konventioneller Kabel sind höher als der Energiebedarf für die Kühlung supraleitender Systeme. Das Kühlmedium Stickstoff verursacht zudem keine Umweltrisiken«, erläuterte der Vorsitzende des ivSupra.
Dr. Werner Prusseit wies außerdem darauf hin, dass der Materialbedarf für widerstandslose Supraleiter aufgrund ihrer hohen Stromtragfähigkeit um ein Vielfaches geringer ist, als für konventionelle Erdkabel oder Freileitungsseile.

Kostenvorteile möglich

Oliver Krischer, stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen, sprach sich dafür aus, Supraleiter für bestimmte Netzausbauvorhaben konkret ins Auge zu fassen: »Besonders für verdichtete Siedlungsräume, in denen konventionelle
Erdkabeltrassen nicht realisierbar sind, brauchen wir eine Alternative. Wenn es dort nicht zu Klagen von Anwohnern kommt, lassen sich hohe Kosten vermeiden, selbst wenn die technische Lösung teurer ist.« Als Voraussetzung nannte Krischer die Zusage der Industrie,
dass stabil funktionierende supraleitende Systeme in zwei bis drei Jahren ans Netz gehen könnten. Auch Dr. Heinrich Bottermann, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, votierte für ein gemeinsames Vorgehen, um die Markteinführung der neuen
Effizienztechnologie zu beschleunigen und stellte in diesem Zusammenhang eine gezielte Risikounterstützung für Anwenderunternehmen zur Diskussion: »Die Supraleitertechnologie
kann aus Sicht der DBU sehr wichtige Beiträge zu einem umwelt- und sozialverträglichen Netzausbau leisten.«

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