Smart Nocebo

Anti-Smart Meter Hysterie: ein neuer Trend?

29. April 2014, 11:35 Uhr | Hagen Lang
Leidet wirklich: Der Nocebo-Patient, hier ein früher Vorläufer von Honoré Daumier.
© Public Domain/Wikipedia

Von Wien bis Berlin, von Michigan bis Ontario, ob Oklahoma oder Florida: International reüssieren Smart Meter als »Krankmacher«. Was steckt hinter dieser Entwicklung?

Smart Meter als Krankheitsursache? Internationale Presseberichte belegen ein seltsames Phänomen: Weltweit fühlen sich Stromkunden von elektronischen Zählern gesundheitlich bedroht und geschädigt. Mehrere Gebietskörperschaften beschlossen nach Bürgerwiderstand Moratorien des Smart Meter Rollouts. Erste Smart Meter Verweigerer haben sich sogar verhaften lassen.

Von »temporärer Lähmung« einer Bürgerin durch ihren Smart Meter berichtet aus Detroit Fox News. Bei einem Diabetiker sorgte der Smart Meter angeblich für die Explosion seiner Blutzuckerwerte. Detroits DTE Energy musste ein »Opt Out Programm« für Smart Meter-Unwillige einführen, doch auch die Ersatz-Zähler werden abgelehnt, nach Ansicht der Kunden produzieren sie »schmutzige Elektrizität«.

In Oklahoma hat es ein Smart Meter-Streit zwischen Stromversorger und –kundin bis vor die Oklahoma Corporation Commission geschafft: Ihr Smart Meter macht sie angeblich krank und der Versorger weigert sich, ihn auszubauen. Sie hat sogar eine Diagnose erhalten: »Electromagnetic Hypersensitivity Disorder«. Ihr Rechtsanwalt teilt dem örtlichen Nachrichtensender mit, er habe »Klienten aus acht Kreisen und alle von ihnen wurden durch Auswirkungen von Smart Metern verschiedener Anbieter betroffen.« Kunden zitieren Studien, die einen Anstieg des durch »Electromagnetic Hypersensitivity Disorder« bedrohten Bevölkerungsanteils von heute 3 Prozent auf künftig 30 Prozent vorhersagen. Eine Sammelklage (Class Action Lawsuit) ist in Vorbereitung.

Aus Florida berichtet die Presse von »entsetzten« Kunden, die den elektronischen Signalen der Smart Meter »genetische Mängel mit Immunsystemdefekten« zuschreiben. »Es ist ein Haufen Zeug, mit dem man es zu tun hat«, weiß ein Bürger. In Canada zahlen Kunden jährlich lieber 420 Dollar Strafe an B.C. Hydro, als dass sie die angeblich schädlichen elektronischen Zähler ins Haus lassen.

Auch in Europa greift die Unsicherheit um sich: In Österreich stellt ein »Zukunftsmagazin« sogenannten »Elektrosmog« bei Smart Metern fest und findet einen Referenten der Österreichischen Ärztekammer, der »möglicherweise krebserregend für den Menschen« eingestufte niederfrequente Magnetfelder ins Spiel bringt. In Deutschland beschränkt sich die Besorgnis bislang auf einschlägig interessierte Anbieter »alternativer« Produkte, Dienstleistungen und Bedrohungsszenarien, sowie einige Boulevard-TV-Beiträge. Aber wie lange noch?

Können Geräte, deren vom Körper absorbierte elektromagnetische Abstrahlungen physiologisch unwirksam sind und wesentlich unter denen allerorts an Ohren klebender »Handys« liegen, Symptome verursachen? Macht die Technik krank, oder vielleicht die Berichterstattung? Eine Frage, auf die es interessantere Antworten gibt, als es zunächst scheint.

 


  1. Anti-Smart Meter Hysterie: ein neuer Trend?
  2. Suggestion reicht zum Wirken: Der Nocebo-Effekt.

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