Smart Meter Gateway (SMGw)

Rollout bleibt Achillesferse der Energiewende

10. Februar 2023, 11:46 Uhr | Günter Fuhrmann, Mer Solutions
Ein Smart Meter Gateway (SMGw) ermöglicht zuhause das intelligente Laden des Elektroautos.
© Mer

Das E-Auto zuhause zur besten Zeit laden und dabei die günstigsten Strompreise abgreifen – das wäre für E-Fahrer möglich, wenn ihr Stromzähler mit einem SMGw ausgestattet wäre. Doch der Rollout verläuft nur schleppend. Wo die Herausforderungen liegen, zeigt Mer-Geschäftsführer Günter Fuhrmann auf.

Smart Meter Gateways (SMGw), die Stromzähler digital vernetzen, sind in Deutschland wenig verbreitet und das, obwohl die Europäische Union bereits 2009 das Ziel vorgegeben hat, bis 2020 eine Abdeckung von mindestens 80 Prozent der Verbraucher zu erreichen. Dabei wäre das Interesse von Verbraucher an flexiblen Stromtarifen – die nur durch Smart Metering möglich sind – groß, wie eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom ergab. Mehr als zwei Drittel (69 Prozent) könnten sich laut diesem vorstellen, einen solchen Tarif zu nutzen.

Doch der Rollout der intelligenten Zähler stockt – und zwar gewaltig. Während die Roadmap des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vorsieht, dass bis 2030 mehr als 15 Millionen SMGw deutschlandweit installiert werden sollen, erreichte die Anzahl verbauter Messgeräte mit SMGw Anfang 2022 gerade einmal rund 150.000. Dass gerade mal ein Prozent des Ausbaus umgesetzt ist, ist sowohl den bürokratischen Hürden und der schleppend umgesetzten Erarbeitung von Markterklärungen geschuldet als auch dem oftmals noch fehlenden Know-how seitens der Messstellenbetreiber (MSB).

Schlüsseltechnologie der Energiewende: Smart Meter Gateways

Der Erfolg des Smart-Meter-Einbaus ist dabei stark mit der erfolgreichen Digitalisierung der Energiewende verknüpft. Mithilfe der modernen Messeinrichtung, welche durch eine moderne Kommunikationseinheit (SMGw) ergänzt wird, können Messwerte verarbeitet, übermittelt und verwaltet werden. Es versorgt die Akteure – vom Netzbetreiber über den Stromlieferanten bis hin zum Verbraucher – mit umfassenden Informationen wie Erzeugung und Verbrauch.

Durch die Nutzung der intelligenten Messsysteme wäre es zudem möglich, das heutige Stromnetz besser zu stabilisieren, indem eine Grundlage für dynamische Stromtarife geschaffen wird. In Verbindung mit der Kommunikationseinheit kann der Strommarkt Stromverbräuche planen und variable Stromtarife einführen. Mithilfe dieser Stromtarife, die niedrigere Preise bei geringer Stromnachfrage und höhere Preise in Zeiten von hoher Stromnachfrage berücksichtigen, können Stromlieferanten dann den Verbrauchern Anreize bieten, um beispielsweise das Laden von Elektroautos intelligent steuern zu lassen.

Ein solches Smart Charging bildet dabei die Grundlage von Angeboten wie der eeFlatNeo von Mer Solutions. Der Ladevorgang wird hier nicht sofort beim Anstecken des Dienstwagens gestartet, sondern findet vielmehr über Nacht in einem optimierten Zeitfenster (Smart Window) statt. Besteht die Möglichkeit der Einbindung von Smart Meter Gateways, so kann eine Stromerfassung bis auf eine Viertelstunde genau erreicht werden.

Dies ermöglicht es, Verbrauch und Erzeugung miteinander zu koppeln und Ladevorgänge an der Einspeisung aus erneuerbaren Energien und damit auch geringeren Strompreisen zu orientieren. So werden selbst bei stark ansteigender Ladenutzung durch Elektroautos die Stromnetze intelligent ausgelastet und unnötige Lastspitzen vermieden.

Herausforderungen des SMGw-Rollouts in der Praxis

Als einer der Vorreiter bei der Einbindung von Smart Meter Gateways im Bereich von Ladeinfrastruktur bemüht sich Mer seit zwei Jahren darum, SMGw als Teil ihrer Ladekonzepte anzubieten. In Zusammenarbeit mit Teleseo, einem Anbieter für Zählerfernauslese und Messstellenbetrieb, verbaut Mer SMGws bereits heute so oft wie möglich als Teil seines nachhaltigen Ladekonzepts bei Flottenkunden. Während Mer Smart Metering bereits in rund sechs Prozent aller seiner Lösungen verbaut hat, scheint das ausgerufene Ziel der Bundesregierung bei der aktuellen Installationsrate in Deutschland immer weiter in die Ferne zu rücken.

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Mer Smart Meter Gateway
Mer bietet zwei Jahren Smart Meter Gateways als Teil seiner Ladekonzepte an.
© Mer

In der Praxis zeigt sich dabei deutlich, wie vor allem die vielen komplexen Regelungen und bürokratischen Hürden den Rollout aktiv behindern. So sehen sich beispielsweise Messstellenbetreiber aktuell komplizierten Lieferkettenvorgaben gegenüber, die erhebliche Zusatzkosten verursachen. Aktuell müssen von Transport bis Einbauort der SMGws höchste Sicherheitsstandards eingehalten werden, und Smart Meter müssen separat verschickt und in einem speziell gesicherten Lagerbereich aufbewahrt werden.

Monteure müssen zudem für den Einbau aufwändig geschult werden und dürfen aktuell nur für einen einzigen Messstellenbetreiber tätig sein. Besonders für kleinere wettbewerbliche Anbieter, die nur eine geringe Zahl von SMGws in einer Region einbauen, bedeutet dies eine aufwändigere und kostenintensivere Logistik mit den Monteuren.

Hinzu kommt, dass auch die Stromnetzbetreiber in vielen Fällen die Prozesse bei der Anmeldung von SMGws nicht gut oder überhaupt nicht abbilden können, da sie mit dem Thema nicht ausreichend vertraut sind. Auf Seiten der wettbewerblichen Messstellenbetreiber (wMSB) wiederum sorgen vor allem die über 800 Verteilnetzbetreiber (VNB) für Kopfzerbrechen. Diese sind mit der Neuanlage des zweiten Hauptstromzählers, wie ihn beispielsweise Mer für seine intelligente Ladelösung eeFlatNeo verbaut, oftmals überfordert.

Für ihre Systeme ist eine solche Anlage gemäß den Vorgaben der Bundesnetzagentur (BK6-20-160 WiM Strom) zwar prozessual vorgegeben und gemäß des Messstellenbetriebsgesetz gesetzlich verpflichtend, in der Praxis scheitert es jedoch oftmals an der systemseitigen Umsetzung. Die oftmals noch konventionelle Herangehensweise sowie ein unzureichendes Verständnis und Fachwissen beteiligter Mitarbeiter zu relevanten Rahmenprozesse und Use Cases wird schnell zum Stolperstein bei der Umsetzung.  

Wenn die VNBs in ihren Systemen nun auch noch die für sie neuen intelligenten Messsysteme (Zähler + SMGw) eines wMSB wie Teleseo abbilden (hierzu zählt Anmeldung, Abrechnung, Bilanzierung) sollen, kann mit noch längeren Verzögerungen und manuellen Aufwänden gerechnet werden.   

Umdenken für Smart-Meter-Gateway-Offensive

Um den Rollout der Smart Meter Gateways schneller und einfacher zu gestalten, ist jetzt ein Handeln seitens der zuständigen Entscheider notwendig. Die deutsche Stromwirtschaft muss endlich aufwachen, Prozesse digitalisieren und standardisieren sowie Fachkräfte in der Marktkommunikation angemessen auf die Anforderungen der modernen Netzlandschaft vorbereiten. Besonders die Verschlankung der sicheren Lieferkette ist jetzt notwendig.

Nicht zuletzt aber geht es darum, Kapazitäten und Anreize zu schaffen, um die bis 2030 angestrebten 15 Millionen Einbaufälle zu bewältigen. Sei es im Rahmen einer Fachkräfteinitiative, Weiterbildungsmöglichkeiten oder auch durch den Einsatz von Prämien und Förderprogrammen, die darauf abzielen, den Einbau der neuen Technik attraktiv zu gestalten. Nur so kann der Rollout der SMGws beschleunigt werden und die intelligenten Messsysteme können ihre Vorteile im dezentralen Energiesystem der Zukunft entfalten. (kv)

Mer Günter Fuhrmann
Günter Fuhrmann von Mer Solutions
© Mer

Der Autor

Günter Fuhrmann
ist Geschäftsführer bei Mer Solutions.


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