KNX IoT und KNX Classic

So werden Ladesäulen und Speicher in KNX integriert

1. Juni 2021, 10:05 Uhr | Heinz Arnold
Damit die Energiewende gelingt, müssen das Home Energy Management System und die Home Automation unter einem Dach integriert werden.
© KNX

Energiemanagement über KNX funktioniert bereits heute – jetzt werden auch Energiespeicher und das Laden von E-Autos eingebunden.

Auf welchen Weg das geschieht, erklärte Joost Demarest, CTO von KNX in seiner Key-Note auf dem Online Event »Smartes Energiemanagement mit KNX«. Außerdem ging er auf eine Neuheit speziell für Deutschland ein: Die sogenannte Steuerbox, die hinter dem Smart Meter Gateway sitzt, wird demnächst KNX-fähig, das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (VDE FNN) arbeitet bereits an der entsprechenden Anlage zum Lastenheft.

Doch was ist Energie-Management überhaupt? Wikipedia definiert den Begriff folgendermaßen: Die Planung und der Betrieb von Energieproduktion und Energieverbrauch mit den Zielen, Ressourcen zu bewahren, das Klima zu schützen – zu möglichst geringen Kosten.

Eine große Rolle spielen dabei Eigenheime und Gebäude vor allem das, was im Haus passiert, also vom Verteiler bis zu den einzelnen Verbrauchern im Haus. Das Energiemanagement sitzt also im Verteiler und steuert die einzelnen Verbraucher. »Es war von Anfang an ein Ziel von KNX, von diesem Zentrum aus die Steuerfunktionen zu übernehmen und darüber die weiteren KNX-fähigen Geräte im Haus anzusprechen – von der Heizung über die Lüftung, die Klimatechnik und die Zähler bis zu den Wärmepumpen«, sagt Joost Demarest. »Deshalb kann KNX schon heute Energie-Management.« Dazu ein Beispiel: Die Einzelraumregelung ist eine der wichtigsten Funktionen von KNX überhaupt und vor allem über diese Funktion wurde KNX in der breiten Öffentlichkeit bekannt: Eine zentrale Kontrolleinheit im Raum steuert die Ventile in den Wärmequellen und Kühlgeräten an. Zudem sind über die vergangenen Jahre KNX-fähige Zähler und Subzähler hinzugekommen, die verschiedene Leistungsmessungen pro Phase oder der gesamten Leistung durchführen können und die Daten über KNX übertragen. Auch Lastmanagement-Module gibt es schon seit den 90er Jahren von verschiedenen Herstellern. »Schon damals ließen sich 120 verschiedene Lasten einbinden, Prioritäten setzen oder Statistikdaten senden«, erklärt Demarest. »Lastmanagement ist bei KNX abgehakt.« Jetzt stehen sogar Produkte mit einer eigenen Energieverbrauchmessung zur Verfügung, über die sich auf der Ebene eines Kreises verschiedene elektrische Größen messen und sich der Verbrauch auf ein festgelegtes Niveau begrenzen lässt.  

Selbstverständlich wäre es auch wünschenswert, dass Daten von intelligenten Zählern (Smart Meter) herangezogen werden können, um Daten über KNX übertragen und überwachen zu können. Auch das funktioniert schon: So lässt sich beispielsweise die eigene PV-Erzeugung messen.

Wenn man Lasten integrieren möchte, kommen dafür Geräte mit potenzialfreien Kontakten in Betracht. So kann eine Ladesäule von Vollladen auf begrenztes Laden über einen KNX-Schalter umgeschaltet werden, eine Wärmepumpe oder Warmwasserproduktion lässt sich über den vorhandenen Smart-Grid-Kontakt steuern – je nach der zur Verfügung stehenden Energie.

 

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Joost Demarest, CTO von KNX: »Für ereignisgesteuerte Kommunikation lässt sich KNX Classic immer noch verwenden. Der Austausch von Geräteparametern aber könnte dann über KNX IoT Point API geschehen.«
Joost Demarest, CTO von KNX: »Für ereignisgesteuerte Kommunikation lässt sich KNX Classic immer noch verwenden. Der Austausch von Geräteparametern aber könnte dann über KNX IoT Point API geschehen.«
© KNX

Seitdem sonnen Mitglied der KNX Association geworden ist, lassen sich nun auch Energiespeicher in die KNX-Welt einfügen. Außerdem steht jetzt beispielsweise mit dem e-charge II von ise ein Gerät zur Verfügung, um die Ladestationen verschiedener Hersteller (ABB, ABL, KEBA, Mennekes, Mobility Made by Stöhr) in KNX zu integrieren. Damit lassen sich alle wesentlichen Informationen bezüglich des Ladevorgangs über KNX übertragen und weiterverarbeiten. Ob Heizungssteuerung, Kühlung, Smart Metering- und Sub-Metering, Last-Management und Peak-Shaving, Energie-Speicher, PV-Analgen, E-Autos oder Wärmepumpen – all diese Geräte und Funktionen lassen sich in KNX integrieren. Das Fazit von Demarest: »Über KNX Classic können wir bereits ein breites Spektrum von Energie-Management-Funktionen abdecken.«

Wie Energiemanagement über KNX funktioniert

Doch wie wird Energie-Management über KNX nun konkret realisiert? Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten: Das Energie-Management kann in die Geräte integriert sein, von denen es eine große Vielzahl von verschiedenen Herstellern gibt. Es kann aber auch in der Visualisierungssoftware, in der zentralen Anzeigeeinheit mit erweiterten Logikfunktionen, im zentralen Gebäudeserver oder in einer Kombination von all dem ablaufen. Außerdem stehen Apps zur Verfügung, so dass die Steuerung über das Internet geschehen kann. Geschulte KNX-Partner realisieren das.

Doch nun kommt das Neue in der Gestalt der neuen Norm EN50491-12-2, die Teil einer Normenreihe ist. Der erste Teil EN50491-12-1 gibt es bereits. Im Mittelpunkt steht jetzt der Custom Energy Manager (CEM). Ihm zugeordnet sind verschiedene Ressource-Manager (RM). Hinter einem RM kann sich ein Produkt, mehrere Produkte oder ein gesamtes Home and Building Electronic System Solutions (HBES) verbergen. Ein HBES kann KNX sein, aber auch andere Systeme kommen in Betracht. Der RM teilt dem CEM die Energieflexibilität mit: welche Ressourcen stehen zur Verfügung, wer benötigt gerade Energie oder wer kann wieviel Energie liefern. Beispielsweise ließe sich durch eine RM ein komplettes HLK-System darstellen, das den CEM darüber informiert, wie hoch der Energiebedarf oder das Energieangebot gerade ist. Der Informationsaustausch zwischen CEM und RM ist standardisiert, jedoch unabhängig vom verwendeten Protokoll. Der CEM ist praktisch der Dirigent, der das Orchester der Verbraucher und Erzeuger im Haus harmonisch zusammenspielen lässt und die Energieflexibilitäten in Einklang bringt.

Die fünf Kontrolltypen für die Energieflexibilität

Was ist nun unter Energieflexibilität zu verstehen? Je nachdem, was in der Anwendung beabsichtigt ist, wie alles gesteuert werden soll, sieht EN50491-12-2 fünf sogenannte Kontrolltypen vor:

Der Kntolltyp Power "Envelope Based Control".
Der Kontrolltyp »Power Envelope Based Control«
© KNX

Power Envelope Based Control

Hier sorgt der CEM dafür, dass die RM innerhalb von festgelegten Leistungsgrenzen bleiben, die über die Zeit variieren können. Der CEM passt die Leistungshülle (Power Envelope) an die Leistungsvorhersage der RMs an und er steuert die RMs so, dass die vorgegebenen Leistungsgrenzen eingehalten werden. Er befiehlt beispielsweise der Wärmepumpe, über einen gewissen Zeitraum weniger Energie zu liefern. Der RM wiederum gibt die Vorhersagen an das CEM, was ein Gerät zu leisten in der Lage ist. Der CEM bringt diese Vorhersagen mit der vorgegebenen Leistungshülle in Einklang, es herrscht also ein Zusammenspiel zwischen CEM und RM über die Zeit.

Der Kontrolltyp »Power Profile Based Control«
Der Kontrolltyp »Power Profile Based Control«
© KNX

Power Profile Based Control

Dieser Kontrolltyp ist für Geräte gedacht, die zu einer bestimmten Zeit starten sollen, etwa eine Wachmaschine. Sie teilt über den RM mit, wann sie starten kann, wie lange sie laufen muss und wann sie gegebenenfalls unterbrochen werden kann (Power Sequence Containers). Der CEM legt dann fest, in welcher zeitlichen Folge die Power Sequence Containers gestartet werden, so dass der gesamte Vorgang zu der vorgegebenen Zeit abgeschlossen werden kann.

Der Kontrolltyp » Operation Mode Based Control«
Der Kontrolltyp »Operation Mode Based Control«
© KNX

Operation Mode Based Control

Dieser Kontrolltyp wird für Geräte angewandt, die verschiedene Betriebszustände einnehmen können. Weil der CEM die Geräte kennt und weiß, welche Betriebsmodi sie einnehmen können. steuert er sie so, dass die Vorgaben eingehalten werden und sie in diesem Rahmen jeweils optimal arbeiten. Er kann beispielsweise einer Ladestation befehlen, über einen bestimmten Zeitraum mit voller Energie zu laden, dann aber den Betriebszustand zu wechseln.

Der Kontrolltyp »Fill Rate Base Control«
Der Kontrolltyp »Fill Rate Based Control«
© KNX

Fill Rate Based Control

Dieser Kontrolltyp eignet sich für Geräte, die Energie speichern oder puffern. Die RMs informieren über ihre aktuelle sowie ihre minimalen und maximalen Füllmengen und ob sie unterschritten oder überschritten werden dürfen. Das Gerät kann auch mitteilen, wann es wieder aufgefüllt sein möchte. Auch ihr Leckverhalten teilen die RMs dem CEM mit. Ein Warmwasserspeicher verliert ja über die Zeit Wärme, auch wenn keine Energie entnommen wird. Weil auch bekannt ist, was an einem Wochentag im Durchschnitt verbraucht wird, lässt sich berechnen, wieviel Energie nötig ist, um den Speicher wieder zu füllen. Ihn zu füllen wird wiederum modelliert: Das ist die Aufgabe eines oder mehrerer Aktoren, die mit dem RM verknüpft sind. Sie werden auf die gleiche Weise modelliert wie die Geräte im Kontrolltyp Operation Mode Based Control. Lediglich der Effekt, den sie auf den Füllstand haben, muss noch ergänzt werden. Auf Basis dieser Informationen sendet der CEM die Befehle und gibt den gewünschten Betriebsmodus des Aktors und die Zeit für den Übergang an.

Der Kontrolltyp »Demand Driven Base Control«
Der Kontrolltyp »Demand Driven Base Control«
© KNX

Demand Driven Based Control

Dieser Kontrolltyp wurde für Geräte erstellt, die in Bezug auf die verwendete Energieart flexibel sind, aber keine Energie speichern oder puffern können. Eine hybride Wärmepumpe, die über Elektrizität oder Gas Energie erzeugen kann, ist dafür ein Beispiel. Sie kann mitteilen, wie hoch ihr Bedarf ist oder in welchem Bereich ihr Bedarf liegt bzw. wie hoch er demnächst sein wird. Die Betriebsmodi der Aktoren geben an, wieviel in diesem Modus produziert werden kann. Der CEM kombiniert die Betriebsmodi der Aktoren so, dass der Bedarf erfüllt wird.   

Die Steuerbox erlaubt es, Lasten im Smart Home oder in intelligenten Gebäuden zu schalten. Jetzt ist die Anlage B zum Steuerbox-Lastenheft der FNN in Vorbereitung, in der festgelegt wird, wie sich die Steuerbox auch mit KNX realisieren lässt.
Die Steuerbox erlaubt es, Lasten im Smart Home oder in intelligenten Gebäuden zu schalten. Jetzt ist die Anlage B zum Steuerbox-Lastenheft der FNN in Vorbereitung, in der festgelegt wird, wie sich die Steuerbox auch mit KNX realisieren lässt.
© KNX

KNX Classic und KNX IoT

Was bedeutet das nun für KNX, wie lassen sich diese Kontrolltypen in der KNX-Welt realisieren?

Vor allem geht es um Parameter, die sich über die Zeit ändern. Per Gruppenkommunikation in KNX wäre dies durchaus möglich. Aber in der Realität würden dazu die 14 Byte großen Telegrame nicht ausreichen, dafür müssten Extended Frames verwendet werden. In einer typischen Gruppenkommunikation spricht aber der CEM immer nur ein Gerät an, fast nie mehrere Geräte zur gleichen Zeit. Deshalb wäre die Object/Property-Kommunikation besser geeignet, oder sogar Function Properties. Dazu müssten aber der Installateur die individuellen Adressen der RMs in dem CEM hinterlegen, was ETS derzeit nicht unterstützt.

Deshalb wäre es besser, KNX IoT Point API mit JSON- oder CBOR-Datenstrukturen für den Austausch zwischen CEM und RM zu benutzen. »Für ereignisgesteuerte Kommunikation lässt sich KNX Classic jedoch immer noch verwenden«, sagt Joost Demarest. »Der Austausch von Geräteparametern aber könnte dann über KNX IoT Point API geschehen.«

Und jetzt noch eine Neuheit für Deutschland. Hier kümmert sich der FNN um die Spezifikation der sogenannten Steuerbox, die hinter dem Smart Meter Gateway (SMGW) sitzt. Die Steuerbox erlaubt es, Lasten im Smart Home oder in intelligenten Gebäuden zu schalten. Bisher waren die Steuerboxen mit vier Relaiskontakten erhältlich. »Jetzt ist die Anlage B zum Steuerbox-Lastenheft der FNN in Vorbereitung, in der festgelegt wird, wie sich die Steuerbox auch mit KNX realisieren lässt«, freut sich Joost Dermarest. Die Steuerbox ließe sich dann als KNXnet/IP-Tunneling-Client realisieren. Das wichtigste: Der Installateur kann die KNX-Anlage wie gehabt konfigurieren, für ihn ändert sich nichts. Er muss nur handelsübliche KNX Secure Tunneling Server in die Anlage integrieren. Der Hersteller der Steuerbox mit KNX-Schnittstelle muss allerdings eine ETS App zur Verfügung stellen. So ist gewährleistet, dass bei der Erstmontage oder einem Austausch der Steuerbox die Parameter ausgetauscht werden können, die die Steuerbox benötigt. »Die Anlage B wird demnächst verabschiedet, dann können die Hersteller entsprechend Steuerboxen entwickeln und auf den Markt bringen«, erklärt Joost Dermarest.


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