EBV investiert in grüne Elektronik

Systeme für erneuerbare Energien und rund ums Smart Grid

6. September 2010, 17:50 Uhr | Heinz Arnold

Ob es um Windkraft oder andere erneuerbare Energiequellen geht, um die effiziente Einspeisung der Energie in das Stromnetz und die Stabilisierung des Netzes, ob um intelligente Stromzähler oder um Elektroantriebe für Autos und die Anbindung der Autos ans Stromnetz – EBV will nicht nur die Komponenten für den Aufbau von Systemen rund um das Smart Grid liefern, sondern die Anwender auch mit Systemwissen unterstützen.

»Wir decken eine breite Palette von Komponenten ab, die in Systemen zur Energieerzeugung über Wind, Photovoltaik, Gezeiten und weitere erneuerbare Energiequellen, in Systemen für die Einspeisung ins Netz bis zum Smart Metering auf Seiten der Nutzer Einsatz finden. Kurz gesagt: Wir bieten alle Komponenten rund um das Smart Grid an«, sagt Antonio Fernandez, Vertical Segment Manager EMEA für den Bereich Renewable Energies von EBV Elektronik.

Elektronik für Windräder

Gut im Geschäft ist EBV derzeit mit Elektronik für Windräder. Herz einer Windturbine ist der Inverter, der den unregelmäßig erzeugten Wechselstrom in Gleichstrom umwandelt, der den Qualitätsanforderungen genügt, um ins Netz eingespeist werden zu können. Für diese Anwendungen bietet EBV die entsprechenden Leistungshalbleiter, beispielsweise die IGBTs, die IGBT-Module und die IGBT-Stacks von Infineon. »Neben Infineon haben wir STMicroelectronics, Fairchild, Vishay und Toshiba auf der Linecard. Damit verfügen wir in der Leistungselektronik über eine sehr gute Ausgangsposition«, freut sich Fernandez.

Darüber hinaus kann EBV aber noch eine Vielzahl weiterer Komponenten anbieten, die in Windrädern Einsatz finden: neben den IGBTs und IGBT-Treibern auch High-Precision-Analog-ICs, Mikroprozessoren und DSPs sowie FPGAs (von Altera, besonders für die Echtzeitmessungen). Um ein komplettes elektronisches System aufzubauen, sind weitere Komponenten erforderlich, die weniger spektakulär sind, aber für die Funktion des Systems wesentlich. Deshalb ist es laut Antonio Fernandez sinnvoll, diese Komponenten aus einer Hand geliefert zu bekommen.

Dazu zählen Spannungsregler, Interface-ICs (etwadie Phyter für die Ethernet-Schnittstelle), Optokoppler und Komponenten für Lichtwellenleiter. Die letztgenannten sind in Windkraftanlagen besonders wichtig, denn die Kommunikation vom Control-Board zur Leistungsstufe erfolgt meist über Lichtwellenleiter. »Wer alles aus einer Hand liefern kann, hat die Möglichkeit, das System hinsichtlich Leistungsfähigkeit und hohem Wirkungsgrad zu optimieren «, sagt Antonio Fernandez. »Das übersetzt sich für die Betreiber direkt in mehr Geld, das sie verdienen können.«

Von herausragender Wichtigkeit für die Anwender sind die Zuverlässigkeit und die Langlebigkeit der Produkte, insbesondere wenn die Windräder nur schwer und zeitweise überhaupt nicht zugänglich sind, wie etwa in abgelegenen Bergregionen und in Off-Shore-Anlagen. Denn eventuelle Ausfälle übersetzen sich ebenfalls direkt in Geld, leider aber als Verlust. Deshalb benötigen die Betreiber der Anlagen umfangreiche Diagnosesysteme, um zu erkennen, ob Teile des Systems in Bereichen arbeiten, die einen Ausfall wahrscheinlich machen. Dann kann gehandelt werden, bevor eine Funktion tatsächlich ausfällt. Überhaupt spielt die Sicherheit eine große Rolle, teilweise werden Redundanzen eingebaut, um fehlertolerante Systeme aufzubauen. Darüber hinaus ist es wichtig, die Flexibilität ins System zu bringen, die es erlaubt, Änderungen und Updates während des Betriebs durchzuführen. Das macht den Einsatz zusätzlicher Elektronik erforderlich. In diesem Umfeld erwartet sich Fernandez auch für die Zukunft beachtliches weiters Wachstum. »Wir sind in der Windkraft nicht mehr weit von der Grid-Parity entfernt, in den Jahren 2012 bis 2014 wird es nach Meinung der Experten nach soweit sein.« Das dürfte den Bedarf weiter ankurbeln.

Kleine Windkraftanlagen sind im Kommen

Und plötzlich erscheint auch ein Markt attraktiv, der noch am Anfang seiner Entwicklung steht: kleine Windkraftanlagen, die zwischen 300 W und 100 kW liefern. »Ab 2011 wird es dafür, ähnlich wie bisher für die Photovoltaik, Unterstützung vom Staat geben, dann boomt das Geschäft«, so Fernandez.

Vergleicht man eine 5-kW-Photovoltaik-Anlage mit einem 5-kW-Windrad, so nimmt ein Windrad sehr viel weniger Fläche ein. Für den Anwender könnten also Windräder Vorteile aufweisen. Es könnte aber auch Vorteile bieten, beide Energieerzeuger parallel laufen zu lassen. Aus dem Blickwinkel der Elektronik sind sich beide Methoden der Energieerzeugung recht ähnlich, die Leistungselektronik unterscheidet sich praktisch nicht. Allerdings mangelt es den Mini-Windrädern noch an Sicherheitsstandards, hier müsse sich nach Meinung von Fernandez noch einiges tun, um dieser Technik tatsächlich zum Durchbruch zu verhelfen.

Was ihn darüber hinaus optimistisch in die Zukunft blicken lässt: Die Elektronik, die Windräder für ihren Betrieb benötigen, ist in geringen Abwandlungen auch für weitere erneuerbare Energiequellen die Voraussetzung. Zwar setzt EBV einen Schwerpunkt auf Elektronik für Windkraft, will aber die effiziente Energieerzeugung nicht nur aus einem Blickwinkel betrachten, sondern das gesamte Bild sehen. Ob Windturbinen, Photovoltaik-Anlagen, Biokraftwerke oder Gezeitenkraftwerke den Strom erzeugen, oder ob es um die Einbindung von Speichern wie Akkus geht: Mit seiner breiten Palette an Bausteinen will EBV für die jeweiligen Anwendungen die richtige Auswahl an Komponenten zu Systemen zusammenstellen.

FACTS stabilisieren das Stromnetz

Und es genügt nicht, den Strom nur zu erzeugen, er muss ins Netz eingespeist werden, und es muss dafür gesorgt werden, dass das Netz, das ursprünglich nicht dafür geschaffen war, die Energie aus den neuen Quellen auch verträgt. Das Stichwort lautet hier FACTS (Flexible AC Transmission Systems). Unter diesem Begriff findet sich alles,was dazu erforderlich ist, flexible Drehstromübertragungssysteme aufzubauen. FACTS ermöglicht es, Netzkapazitäten zu erhöhen und gleichzeitig die Netzstabilität zu verbessern. Insgesamt werden die Netze dadurch flexibler als bisher. Das bedeutet im Endeffekt: Die Endkunden erhalten mehr Leistung, die Energieversorger müssen nicht so viel Geld in den Ausbau von Übertragungsstrecken und neuen Kraftwerken stecken. Gerade wenn es darum geht, Energie aus erneuerbaren Quellen, vor allem aus der Windkraft, ins Netz einzuspeisen, ist das wichtig. Dazu zählt die Blindleistungskompensation. Über FACTs lassen sich Übertragungsimpedanzen, Ströme, Spannungen und Phasenwinkel zwischen verschiedenen Netzknoten regeln.

Static Var Compensator – SVC

Ein Beispiel für FACTS ist die statische Blindleistungskompensation (Static Var Compensator, kurz SVC). Gerade bei der Erzeugung von Energie über Windkraft sind SVCs erforderlich. Denn die Einspeisungen variieren je nach Wind, was zu schwankenden Blindleistungen im Netz führen kann, also zu Spannungseinbrüchen oder Überspannungen. Weil dadurch die angeschlossen Verbraucher beschädigt werden können, müssen die Energiever- sorger das verhindern. SVCs können die Blindleistungsschwankungen kompensieren. Sie bestehen aus Kondensatoren und Spulen, die zu den zu kompensierenden Lasten oder Netzabschnitten parallel geschaltet werden. Den Stromdurchfluss durch die einzelnen Komponenten regeln Thyristoren. Ein solcher statischer Kompensator kann schnell und dynamisch auf Lastschwankungen reagieren und die Spannung im Netz stabilisieren, weil er immer die jeweils zur Kompensation erforderlichen kapazitiven und induktiven Blindleistungen liefert. Außerdem kann er subsynchrone Schwingungen im Netz dämpfen und Flicker kompensieren.

Einige Hersteller haben SVCs entwickelt, die auf Basis der »Voltage Sourced Converter«-Technik arbeiten und mit IGBTs schalten. Die modulare Multilevel-Stromrichtertechnik des von Siemens entwickelten »SVG plus« erlaubt es im Gegensatz zu anderen selbstgeführten Stromrichter- Topologien, eine nahezu sinusförmige Spannung zu generieren. Das macht niederfrequente harmonische Filter überflüssig. Der SVC-Plus-Stromrichter besteht aus einer Vielzahl von in Reihe geschalteten kapazitiven Spannungsquellen – daher der Name »Multilevel Voltage-Sourced Converter «. Diese in Reihe geschalteten Spannungsquellen wirken wie ein Spannungsteiler, der – zum Netz hin gesehen – die Sinusspannung aufbaut. Jede dieser Spannungsquellen besteht aus einem Kondensator und einem Umschalter mit Standard- Industrie-IGBT. Die Steuerungselektronik schaltet diese Leistungstransistoren so, dass der Kondensator auf Wunsch überbrückt oder aktiviert werden kann. Dadurch kann die SVC-Spannung, die in der Mitte des Spannungsteilers abgegriffen wird, nahezu beliebig eingestellt werden. Drohende Spannungseinbrüche durch Leistungsschwankungen von Windkraftwerken auf der Netzseite lassen sich so verhindern. Mit der Multilevel-Technik ist das SVC-Plus-System nicht nur für die Netzanbindung von fluktuierend einspeisenden Energiequellen geeignet, sondern kann auch in Übertragungsnetzen zur dynamischen Spannungsstützung bei und nach Netzfehlern Einsatz finden. Ein weiteres Anwendungsfeld ist der Einsatz in Industrieanlagen zur Blindleistungs- und Flickerkompensation im Leistungsbereich bis etwa ±100 MVAr.

ABB hat mit dem »SVG Light« ein ähnliches System entwickelt, das sich mit einem Energiespeicher – Li-Ionen-Batterien – kombinieren lässt. Die IGBTs und die Dioden sitzen in Submodulen. Wenn der Wind gerade nicht weht oder die Sonne sich hinter Wolken versteckt, kann »SVC Light« über die Batterien Leistung ins Netz einspeisen. Auch Spitzen lassen sich so abfangen. Derzeit liegt die typische gespeicherte Leistung bei 20 MW, die über 10 Minuten zur Verfügung gestellt werden kann, die Technik erlaubt bis 50 MW für 60 Minuten. Weil die IGBTs sehr schnell schalten, kann »SVC Light« Harmonische auch aktiv filtern: Es werden Ströme ins Netz gespeist, deren Phase und Amplitude die Harmonischen kompensieren. Weil künftig immer mehr Windräder und Photovoltaikanlagen variable Energie ins das Netz liefern, sagen Analysten auch den Anlagen zur Blindstromkompensation Wachstum voraus.

Alles rund ums Smart Grid

Mit der Einspeisung ins Netz hört das Engagement von EBV aber noch nicht auf. »Im Zentrum steht das Smart Grid, und das heißt: Wir müssen auch die Seite der Nutzer sehen, und künftig müssen die Informationen vom Nutzer zum Erzeuger fließen können«, so Antonio Fernandez. Das Stichwort sind hier »Intelligente Zähler «. »Bis 2020 werden 80 Prozent aller Stromzähler in Europa intelligent sein.« Auch das wird die Nachfrage nach elektronischen Bauelementen anheizen, und auch hier kann EBV den Vorteil ausspielen, die Bauelemente aus einer Hand zu liefern und das eigene Systemwissen einfließen lassen zu können. Im Moment besteht allerdings noch ein großes Problem: Energiequellen, die nicht kontinuierlich und vorhersehbar Energie liefern, machen es erforderlich, die Energie zu speichern, wenn sie im Überfluss erzeugt wird, und erst später, wenn sie tatsächlich gebraucht wird, abzurufen. Das Thema wird heiß diskutiert, es gibt viele Ansätze, doch von einer Lösung ist das Problem noch ein gutes Stück entfernt.

Autos als riesige, dezentrale Stromspeicher

Worauf viele Experten setzen: Elektroautos. Wenn nämlich genügend Elektro- und Hybridautos unterwegs sind, könnte man sie als einen riesigen, dezentralen Stromspeicher nutzen. Wenn das Auto an der Steckdose hängt, könnte es zu Zeiten, in denen der Strom im Überfluss erzeugt wird, billig geladen werden, und zu Zeiten, in denen Strom knapp wird, wieder zum Teil entladen. Dabei könnte der Halter des Autos sogar noch Geld verdienen. Zwar ist die Kapazität der Akkus pro Auto klein, aber mit 40 kW pro Fahrzeug würden 200.000 angeschlossene Fahrzeuge in ihrer Summe rund 8 GW liefern, die als Regelleistung zur Verbesserung der Netzstabilität zur Verfügung stünden.

Diese Vision erfordert es aber, eine umgangreiche Infrastruktur aufzubauen. Für den, der elektronische Komponenten herstellt oder vertreibt, sind das schöne Aussichten. Denn es werden nicht nur die Ladegeräte benötigt: Ins Auto muss eine Menge zusätzliche Intelligenz wandern, um die Vision vom verteilten Energiespeicher umsetzen zu können. Auch hier ist wieder die gesamte Palette elektronischer Komponenten gefragt, auch hier kommt es wieder auf hohe Qualität, hohe Zuverlässigkeit, Langlebigkeit und einen hohen Wirkungsgrad an. »Das kommt uns entgegen, denn genau das sind unsere Schwerpunkte«, freut sich Antonio Fernandez. »Was uns aus meiner Sicht vor allem unterscheidet: Es gibt kaum weitere Distributoren, die bereit sind, in all die neuen Techniken rund um das Smart Grid zu investieren – und zwar jetzt.«


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