Elektrofahrzeuge

Die drei wichtigsten Designaspekte für EV-Ladestationen

19. Oktober 2022, 14:00 Uhr | Irina Hübner
© AdobeStock

Beim Design von EV-Ladestationen sind flexible Konnektivität und Sicherheit entscheidend, um eine langfristige Einbindung in das Netz zu ermöglichen. Bei der Entscheidung für das richtige prozessorbasierte Design gilt es dabei, aktuellen Datenverarbeitungs- und Software-Anforderungen nachzukommen.

Die für kommerzielle Anwendungen und den privaten Einsatz angebotenen Ladestationen für Elektrofahrzeuge (EVs) enthalten einen Energiezähler, Funktionen zur Detektierung von Fehlerströmen (AC und DC), Isolationsmaßnahmen zur Einhaltung der einschlägigen Sicherheitsnormen, Relais und Schütze samt den entsprechenden Ansteuerschaltungen, bidirektionale Kommunikationsfunktionen sowie Service- und Benutzeroberflächen. Auch wenn der eigentliche Zweck einer Ladestation darin besteht, Energie an das jeweilige Fahrzeug zu übertragen, ist die Umsetzung dieses Energietransfers doch nur der Anfang.

Schätzungen zufolge werden bis zum Jahr 2030 etwa 20 Millionen öffentliche Ladestationen am Netz sein werden. Wie jüngsten Berichten von IHS Markit zu entnehmen ist, dürften private Ladestationen bzw. Wallboxen ebenfalls erheblich an Verbreitung gewinnen, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden.

Das Design einer EV-Ladestation birgt ganz spezifische Herausforderungen, denn Versorgungs-Equipment für Elektrofahrzeuge muss Kommunikations-, Safety- und Security-Funktionen aufweisen und gleichzeitig problemlos modernisierbar sein, um die Zukunft der Netzintegration zu berücksichtigen. Der vorliegende Artikel beleuchtet drei Aspekte, auf die beim Design einer skalierbaren, auf dem Prozessor Sitara AM625 von TI basierenden Hard- und Software-Demonstration für eine AC-Ladestation gemäß Level 2 Wert gelegt wurde.

Designaspekt Nr. 1: Verstehen der künftigen Kommunikations-Standards und Netzintegrations-Konzepte

Es ist davon auszugehen, dass künftige EVs auch als Energiequellen genutzt werden, indem sie die in ihren Batterien gespeicherte Energie zu Spitzenbedarfszeiten oder bei Stromausfällen in das Netz zurückspeisen. Das Koordinieren dieses Energieaustauschs hat mit der Netzintegration zu tun und macht die Kommunikation zu einem kritischen Aspekt beim Design von EV-Ladestationen. Für die Kommunikation zwischen Ladepunkt und Netz sowie zwischen Ladestation und Cloud muss das Design der Front-End- und Back-End-Kommunikation den für den Ladevorgang relevanten Daten-, Safety- und Security-Standards Rechnung tragen (Bild 1).

Bild 1. Das Konzept der V2G-Technik.
Bild 1. Das Konzept der V2G-Technik.
© Texas Instruments

Die ISO-Norm 15118 skizziert ein Protokoll für die bidirektionale Kommunikation zwischen EV und Ladestation, mit dem der Austausch von Informationen zur Identifikation des Fahrzeugs, zur Steuerung des Ladevorgangs und zu Übermittlung des Ladezustands möglich ist, um Features wie etwa »Plug and Charge« zu unterstützen. Die Einbindung von Front-End- und Back-End-Kommunikationsanforderungen zur Einhaltung der Norm ISO 15118 sorgt nicht nur für die heutige Konformität, sondern rüstet das Design auch für die künftige Netzintegration.

Bild 2. Blockschaltbild für eine AC-Ladestation.
Bild 2. Blockschaltbild für eine AC-Ladestation.
© Texas Instruments

Wenn man sich in der Gegenwart für das richtige Maß an Prozessorintegration und Softwarefähigkeiten entscheidet, kann dies den Weg für eine optimierte Netzintegration in der Zukunft bahnen. Der Prozessor Sitara AM625, der in dem EV-Ladestationsdesign aus Bild 2 zum Einsatz kommt, enthält einen Mainline-Linux-Kernel mit einem standardmäßigen Softwareentwicklungs-Kit, um eine effiziente Wartung zu gewährleisten und Updates zu vereinfachen.

Der AM625 unterstützt ferner Secure-Boot-Funktionen zum Schutz der enthaltenen IP mithilfe eines eingebauten HSM (Hardware Security Module) und bedient sich fortschrittlicher Power-Management-Unterstützung, um den Strombedarf des Systems bei Nichtgebrauch zu minimieren.

Bild 3. Blockschaltbild für eine DC-Ladestation.
Bild 3. Blockschaltbild für eine DC-Ladestation.
© Texas Instruments

Designaspekt Nr. 2: Nutzung eines Modulkonzepts im Interesse flexibler Ladeoptionen für Gleich- und Wechselstrom

Um die geeignetste Konnektivitätslösung für eine EV-Ladestation festzulegen, ist es notwendig, neben der Anwendung auch die vorgesehene Einsatzumgebung zu berücksichtigen sowie die Skalierung für die Netzintegration zu beachten. Kommerzielle EV-Ladestationen erfordern in der Regel eine Cloudanbindung, um die Rechnungsstellung abzuwickeln und Einblick in die Fahrzeugdaten zu bekommen. Dabei muss unter Umständen die Möglichkeit eines zentralisierten Datenmanagements für mehrere Ladepunkte beachtet werden. Ladestationen im privaten Bereich wiederum werden letztendlich als Ergänzung des Smart-Home-Konzepts realisiert und müssen als solche in die existierenden (leitungsgebundenen oder drahtlosen) Netzwerke eingebunden werden.

Das Open Charge Point Protocol (OCPP) ist der Kommunikationsstandard, der für die Kommunikation zwischen den Ladestationen und dem für den Datenaustausch zuständigen Ladestations-Netzwerk definiert wurde. Beim Design für dieses Protokoll müssen Optionen für mehrere Konnektivitäts-Lösungen berücksichtigt werden, was mit Ethernet, Mobilfunk, Wi-Fi oder Sub-Gigahertz umsetzbar ist.

Um die Forderung nach Flexibilität mit der OCPP-Tauglichkeit in Einklang zu bringen, müssen EV-Ladestationen mehrere Konnektivitäts-Optionen bieten. Das allgegenwärtige Wi-Fi etwa bietet sich an, um eine Ladestation an die bestehende Infrastruktur anzubinden oder die lokale Konnektivität für ein Ladestations-Netzwerk für den Fall zu realisieren, dass keine leitungsgebundene Verbindung realisierbar ist. Werden EV-Ladestationen in funktechnisch anspruchsvollen Umgebungen, wie etwa in unterirdischen Parkgaragen eingerichtet, eignet sich die Kommunikation mit niedrigeren Frequenzen (z. B. Sub-Gigahertz) besser als LTE, um eine verlässliche Anbindung sicherzustellen. Unabhängig davon, ob das jeweilige Design für gewerbliche oder private Zwecke vorgesehen ist, sowie ungeachtet des Standorts der Ladestation wird das Design stets auf eine flexible und zuverlässige Konnektivitätslösung angewiesen sein.

Bei der Wahl der passenden Konnektivitätslösung müssen größere Betriebstemperaturbereiche unterstützt werden, damit die Stabilität der Verbindung auch bei widrigen Umgebungsbedingungen und starken Temperaturschwankungen sichergestellt ist. Zusätzlich muss auch die Interoperabilität mit kommerziellen oder privaten Netzwerken gewährleistet sein. Das WiLink-8-Modul WL1837MOD von TI zeichnet sich durch hervorragende HF-Performance und robuste Interoperabilität zu anderen Wi-Fi-Produkten aus. Um das Provisioning und das Deployment zu erleichtern, ist auch Bluetooth integriert. In Verbindung mit dem produktionsbereiten, Arm-basierten Multicore Processor System-on-Module Phycor-am62x von Phytec bietet das WL1837MOD sowohl die Ökosystem-Softwarekompatibilität zur einfachen Einbindung von Third-Party-Software als auch Upgrade-Möglichkeiten für die künftige Migration und Optimierung von OCPP 2.0.1 usw.

Designaspekt Nr. 3: Sicherstellung der Langlebigkeit mit Security- und Safety-Optionen

Angesichts der künftigen Weiterentwicklung von ISO 15118 und OCPP 2.0.1 zugunsten vermehrter Einblicke in Fahrzeug- und Nutzerdaten ist sichere Software von entscheidender Bedeutung für die Konnektivität und Kommunikation. Der Prozessor wird zudem eine zentrale Rolle als Wegbereiter einer skalierbaren Zukunft für das Laden von Elektrofahrzeugen spielen, denn er überwacht einerseits auf der Systemebene die Datenqualität und die Ladezustände und dient andererseits als sicheres Gateway für den Zugriff auf Zahlungs- und Fahrzeugdaten.

Sowohl die Anwendungs- als auch die Transportschicht der Norm ISO 15118 sind auf Datensicherheit angelegt, wobei die Kommunikation auf der Transportschicht per Transport Layer Security (TLS) 1.2 oder höher verschlüsselt wird. Obwohl die TLS-Funktionalität der Norm ISO 15118-2 nur bei Verwendung des Plug-and-Charge-Identifikationsmechanismus zwingend erforderlich ist, ist TLS in der künftigen Norm ISO 15118-20 für alle Anwendungsfälle und sämtliche Identifikationsmechanismen bindend. Der AM625 ist mit eingebauten Security-Features ausgestattet wie etwa:

  • Secure Boot
  • Selbst programmierbare Hardwareschlüssel (eFuse)
  • Unterstützung für verschlüsselte und authentifizierte Boot-Vorgänge
  • Debugging-Port (Joint Test Action Group)
  • Bei Geräten mit hohen Sicherheitsanforderungen standardmäßig geschlossen
  • eFuse-Einstellung ermöglicht permanente Schließung

Bei der Einbindung von Sicherheit in alle EV-Ladestations-Designs kommen mehrere Aspekte zum Tragen – darunter gesicherte Kabelverbindungen, Überwachung auf Erdschlüsse, Relais-Ansteuerung und Hochspannungs-Isolierung. Der Motortreiber-IC DRV8220 von TI ist mit einer integrierten H-Brücke, Logiksteuerung und Schutzfunktionen ausgestattet, um eine einfache Umsetzung der Steckerverriegelung, der Erdschluss-Überwachung und der Relaisansteuerung zu ermöglichen.

 


 

Die Autorinnen

Errol Leon, Texas Instruments.
Errol Leon, Texas Instruments.
© Texas Instruments

Errol Leon
leitet das Team für EV-Ladeinfrastruktur und Smart-Metering-Systeme bei Texas Instruments. In dieser Funktion konzentriert er sich darauf, aktuelle technische Designherausforderungen zu lösen und die Entwicklung von Subsystemlösungen mit TI-Komponenten voranzutreiben. Leon hat einen Bachelor- und einen Master-Abschluss in Elektrotechnik von der California Polytechnic State University San Luis Obispo.

 

 

 

Gina Hann, Texas Instruments.
Gina Hann, Texas Instruments.
© Texas Instruments

Gina Hann
leitet das Plattform-Marketing für Prozessoren bei Texas Instruments. Ihr Hauptfokus liegt auf der Hardware- und Software-Benutzererfahrung und die Entwicklung eines entsprechenden Ökosystems. Sie hat einen Bachelor of Science in Elektrotechnik von der University of Arizona und einen Master of Business Administration von der Eller School of Management.


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