Energie-Überangebot in nachfrageschwachen Zeiten sinnvoll nutzen

Elektrofahrzeuge als Energiespeicher

9. Oktober 2012, 10:06 Uhr | Nicole Wörner

Elektroautos könnten künftig eine wichtige Funktion als Energiespeicher einnehmen. Das ist das Ergebnis einer Studie der TU Wien, des Austrian Institute of Technology AIT und des Netzbetreibers Salzburg Netz.

Angebot und Nachfrage müssen sich im Stromnetz zu jedem Zeitpunkt decken – auch wenn die Sonne gerade nicht auf die Photovoltaikzellen scheint oder der Wind nicht in die Windkraftwerke bläst. Als Speicher für die erzeugte Energie sollte man laut der österreichischen Studie auch vermehrt über Elektroautos nachdenken. Denn wann genau das Elektroauto geladen wird, ist für den Benutzer meist nicht wichtig. Hauptsache, es ist zum gewünschten Abfahrtszeitpunkt aufgeladen und einsatzbereit. Nach Überzeugung von Rusbeh Rezania von der Energy Economics Group der TU Wien könnte man genau diesen Umstand nutzen, um ein Energie-Überangebot in Zeiten geringer Nachfrage auszugleichen. Durch Kommunikation mit einer Aufladebox, die beispielsweise in der Garage installiert wird, könne das Auto genau dann aufgeladen werden, wenn gerade mehr elektrische Energie zur Verfügung steht als nachgefragt wird.

Das kann besonders bei der Verwendung alternativer Energiequellen interessant werden, deren Leistung schwer steuerbar ist und – etwa bei Windkraft oder Photovoltaik – vom Wetter abhängt. Wenn durch die Ladesteuerung von Elektroautos erneuerbare Energien einfacher und besser ins Netz eingespeist werden können, leisten sie einen substanziellen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgase.

Der umgekehrte Weg ist noch nicht wirtschaftlich

Zusätzlich zum koordinierten Laden von Batterien gibt es Überlegungen, Strom aus Autobatterien bei Bedarf auch wieder zurück ins Netz fließen zu lassen. Das erscheint aus wirtschaftlicher Sicht heute allerdings nicht sinnvoll: »Der Wirkungsgrad des Ladens und Entladens von Autobatterien ist zwar sehr hoch, jedoch zeigen Studien, dass die Batterien nicht auf eine große Anzahl an Lade- und Entladevorgängen ausgelegt sind.«

Setzt man Elektroautos als Energiespeicher ein, die bei Bedarf vom Energiemarkt angezapft werden können, werden die Batterien zusätzlich abgenutzt, und das verursacht zusätzliche Kosten. Trotzdem lassen sich große Vorteile erzielen, wenn man durch kluge Steuerung die Ladezeiten der Autos passend steuert und das gleichzeitige Laden vieler Autos innerhalb eines Netzabschnittes vermeidet.

Doch auch wenn Angebot und Nachfrage im Energiesystem insgesamt zusammenpassen, hat man noch nicht alle Probleme gelöst: Das Netz muss es außerdem schaffen, den Strom richtig zu verteilen und überall für die richtige Spannung zu sorgen. »Bei Mittelspannungsnetzen erwarten wir in diesem Punkt unter Berücksichtigung des gesteuerten Ladens auch für hohe Elektromobilitätsdurchdringungen keine Probleme, solange nicht alle Fahrzeuge gleichzeitig zugeschaltet werden«, meint Rusbeh Rezania. »Schwieriger ist die Situation bei Niederspannungsnetzen.«

Auch eine überwiegende Zahl der bestehenden Niederspannungsnetze, so die Studie, wird für die erste Zeit mit der steigenden Zahl von Elektroautos gut zurechtkommen. Sollte eines Tages tatsächlich ein großer Teil des Verkehrs auf elektrischen Antrieben basieren, wird man allerdings intelligentere Steuerungsmöglichkeiten benötigen. »Wir werden nicht unbedingt neue, zusätzliche Stromleitungen brauchen, sondern wir müssen unsere Netze zu Smart Grids machen. Damit kann der Netzzustand zu jedem Zeitpunkt ermittelt und bei Bedarf die Ladesteuerung an die Netzsituation angepasst werden«, ist Rezania zuversichtlich.


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