4. VDI-Fachkongress: Elektromobilität

Elektromobilität – Vehicle für die erneuerbaren Energien

14. Juni 2012, 15:30 Uhr | Iris Stroh
Vergleich der Netzauswirkung unterschiedlicher Ladeleistungen (ungesteuerter Fall)
© RWE

Elektromobilität stellt aus der Sicht von Dr. Armin Gaul, Leiter Asset Management, Prozesse und Werkzeuge von RWE, eine Möglichkeit dar, um die erneuerbaren Energien weiter voranzubringen. Dafür ist allerdings eine intelligente Infrastruktur notwendig.

Vergleich der Netzauswirkung unterschiedlicher Ladeleistungen (ungesteuerter Fall)
Vergleich der Netzauswirkung unterschiedlicher Ladeleistungen (ungesteuerter Fall)
© RWE

Aufgrund vermehrter regenerativer Erzeuger (zum Beispiel Photovoltaik, Windkraft, Biogas) und einer zunehmenden Elektromobilität steigen laut Gaul die Anforderungen an die Netzstrukturen. Bereits heute würden die regenerativen Erzeuger »Wind« und »Sonne« genügend Strom erzeugen, um die Energieversorgung an einem Niedriglast-Tag in Deutschland abdecken zu können. Aber im Gegensatz zu konventionellen Kraftwerken erfolgt die Einspeisung erneuerbarer Energien dezentral im Mittel- und Niederspannungsnetz. Hinzu kommt noch, dass die regenerativen Erzeuger vom Wetter abhängig sind, das heißt dass sie sich nicht am Verbrauch eines Netzes orientieren.

Deshalb ist es aber erforderlich, Netze, Erzeugung und Verbrauch intelligent miteinander zu verknüpfen. Mithilfe eines Smart Grids lässt sich der Stromverbrauch intelligent steuern und somit der Bedarf an teurem Strom in Spitzenlastzeiten verringern. Außerdem können damit die Netze entlastet bzw. besser ausgelastet werden. Aber: »Die Steuerung der Stromabnahme von Kleinabnehmern reicht bei weitem nicht aus, hier müssten schon die Großabnehmer herangezogen werden«, so Gaul weiter. Das aber wiederum verbietet sich natürlich von selbst, also sind andere Maßnahmen gefragt. Eine Möglichkeit stellt für Gaul die Elektromobilität da. Sie kann ebenfalls einen wichtigen Beitrag zum »Smart Grid« leisten, die Effizienz der Netze verbessern und damit den Ausbau der erneuerbaren Energien schlussendlich fördern.

Durch eine zielgerichtete Steuerung kann das Netz soweit entlastet werden, dass 100 Prozent EV/HH darstellbar sind.
Durch eine zielgerichtete Steuerung kann das Netz soweit entlastet werden, dass 100 Prozent EV/HH darstellbar sind.
© RWE

Gaul ist überzeugt, dass sich die Elektromobilität zuerst in den Ballungszentren bei Flottenkunden und bei Car-Sharing-Ansätzen durchsetzen wird. Denn Flottenkunden müssten ihre CO2-Bilanz verbessern und Nachhaltigkeit demonstrieren. »Und die Elektromobilität ermöglicht das«, so Gaul weiter. Flottenbetreiber könnten dann einen Teil ihrer Fahrzeuge als Speicher anbieten, mit denen das Netz stabil gehalten werden kann. Vorteil wäre, dass sich die Batterien schnell laden lassen, was in einer netzstabilitätsgefährdenden Situation besonders vorteilhaft ist. Car-Sharing-Geschäftsmodelle wiederum eignen sich insofern ideal für die Elektromobilität, als dass es hier vorwiegend um kurze Wegstrecken geht, und die hohen Anschaffungskosten von Elektrofahrzeugen sind für den Endkunden kein Hinderungsgrund mehr.

Doch die Elektromobilität braucht eine entsprechende Ladeinfrastruktur. Im Rahmen der Nationalen Plattform Elektromobilität wurde für 2014 folgende Ladeinfrastruktur als Ziel gesetzt: 62.000 Ladepunkte für die Heimladung, 250 Ladepunkte für die DC-Schnellladung, 35.890 Ladepunkte für das Laden am Arbeitsplatz und 19.250 Ladepunkte in öffentlichen/halböffentlichen Räumen.

Wobei der Leistungsbedarf der verschiedenen Ladungsmöglichkeiten (Standard-, Normal und Schnellladung) entscheidenden Einfluss auf die Netzanforderungen hat. Denn bei einer Standardladung spricht man von einer Maximalleistung von bis 3,7 kW und einer Ladezeit von mehreren Stunden. Bei einer Normalladung liegt die Maximalleistung schon bei 22/43 kW und die Ladedauer dafür nur noch zwischen 15 und 120 Minuten, und bei einer Schnellladung geht die Maximalleistung auf 240 kW (DC) beziehungsweise zirka 220 kW (AC) hoch, die Ladedauer dafür sinkt in den unteren Minutenbereich. Schnellladung hat den Zeitvorteil, aber laut Gaul auch folgende Nachteile:

  • netzkritisch,
  • das Laden erfolgt in Spitzenlastzeiten,
  • die Tarife werden durch die Refinanzierung der Infrastruktur dominiert,
  • die Batterielebensdauer sinkt;
  •  ein zusätzlicher Ladeprozess.

 

Eine Normalladung hat den Nachteil der langen Ladezeiten, aber dafür wiederum folgende Vorteile:

  • netzfreundlich,
  • Laden in Schwachlastzeiten,
  • es sind variable Tarife in Abhängigkeit von der Energiesituation möglich,
  • längere Batterielebensdauer,
  • kein zusätzlicher Prozess. 

Aus der Sicht von Gaul erfüllt eine Ladung mit Wechselstrom den alltäglichen Bedarf der Kunden, schnelles DC-Laden wiederum ermöglicht Fahrten über große Distanzen. Und inwieweit ist das Netz auf die unterschiedlichen Ladeleistungen (3,7 kW und 20 kW) ausgelegt? Unter der Annahme eines vorstädtischen Netzes mit 630 kVA Ortsnetzstationen, einer Batteriekapazität von 16 bis 35 kWh und einer Durchdringungsrate von 40 Prozent mit EV/HH treten laut Gaul nur sehr selten Überlastungen des Netzes auf, auf die muss allerdings reagiert werden. Gaul erklärt, dass man die Kunden dazu bringen muss, dass sie ihr Auto immer anschließen, sobald es parkt, und nicht erst, wenn die Batterie leer ist. Gaul weiter: »Durch eine zielgerichtete Steuerung kann das Netz soweit entlastet werden, dass 100 Prozent EV/HH darstellbar sind. Um insbesondere die erneuerbaren Energien als Treibstoff in Zukunft verwenden zu können, sind intelligentes Laden und damit die Smart Grids der Zukunft erforderlich.«

RWE hat bereits über 1650 intelligente Ladepunkte mit jeweils 22 kW oder mehr Leistung in Europa in Betrieb genommen. Das heißt dass bereits jetzt zirka 35 MW an abruf- und steuerbarer Leistung zur Verfügung stehen. Das ist natürlich nur ein theoretischer Wert, denn nicht an jedem Ladepunkt steht immer ein Elektrofahrzeug, »aber es zeigt, was möglich ist«, so Gaul weiter. Die Integration des Elektrofahrzeugs in das Energie-Management des Endkunden mit lokaler Erzeugung ist seiner Aussage nach bereits heute einfach möglich. Im nächsten Schritt geht es nun darum, das E-Fahrzeug in die Verteilnetzebene des Stromnetzes zu integrieren und somit ein Last-Management durch Elektromobilitätsprovider und Verteilnetzbetrieber/Energielogistiker zu ermöglichen. Auch wenn an der Infrastruktur für den »Grid to Vehicle«-Ansatz bereits gebastelt wird, nennt Gaul die Jahre 2015 bis 2017 als Zeitrahmen, bis hier ein nennenswerter Ausbau erfolgt ist. Im darauf folgenden Schritt, dieses Mal unter dem Begriff »Vehicle to Grid« zusammengefasst, erfolgt dann eine bidirektionale Integration des E-Fahrzeuges in die Verteilnetzebene des Stromnetzes. Damit ist dann ein Laden und Rückspeisen des Stroms in Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage möglich. Doch bis dahin sind noch einige Jahre vergangen, denn Gaul nennt hierfür einen Zeitrahmen von 2018 bis 2020.


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