Forschungsprojekt SynergIE

Kli­maf­reund­li­ch flie­gen mit hy­brid-elek­tri­schem An­trie­b

22. November 2021, 12:52 Uhr | Kathrin Veigel
Auf der Tragfläche verteilte elektrische Antriebe verbessern die Aerodynamik und erhöhen damit deutlich die Effizienz.
© DLR

Beim DLR erforscht man im Rahmen des Projekts SynergIE Flugzeuge, die mit deutlich geringerer Emissions- und Lärmbelastung kommerziell erfolgreich betrieben werden können. Elektrische oder hybrid-elektrische Antriebe haben das Potenzial für Flugzeugkonfigurationen, die diese Anforderungen erfüllen.

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Verbundprojekts SynergIE haben Wissenschaftler des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in HamburgBraunschweig und Göttingen gemeinsam mit den Partnern AirbusRolls-Royce und Bauhaus Luftfahrt das Gesamtsystem eines hybrid-elektrischen Kurzstreckenflugzeugs für bis zu 100 Passagiere mit verteilten Antrieben am Flügel untersucht. Bei dieser Technologie sind die Antriebe über die Spannweite des gesamten Flügels verteilt und führen damit zu einer effizienteren Umströmung.

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Aerodynamische Vorteile durch elektrische Antriebe

»Bei klassischen Regionalflugzeugen sind die Flügel oft überdimensioniert, um gute Start- und Landeleistungen zu erreichen«, erklärt Dr. Martin Hepperle vom DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik. »Diese Flugzeuge fliegen dann im Reiseflug mit zu hohem Energieverbrauch.« In hochgenauen Strömungssimulationen zeigte sich, dass elektrische Antriebe eine Verteilung des Schubs auf viele kleinere Propeller ermöglichen. Überströmen diese dann den Tragflügel, sorgen sie für einen erhöhten Auftrieb und eine effizientere Aerodynamik. Durch diesen Effekt konnten die Projektpartner die Flügelfläche und die Flügelmasse reduzieren und den Widerstand durch die Interaktion der Propellerstrahlen mit den Randwirbeln des Flügels verringern.

Als finalen Entwurf für ein Flugzeug mit verteilten hybrid-elektrischen Antrieben haben die Forscher aus unterschiedlichen Anordnungen ein Konzept mit Turbogeneratoren im Rumpf und zehn Elektromotoren entlang der Flügelvorderkante als beste Lösung gewählt und bewertet. Durch die optimale Auslegung und Installation der Propeller ist eine Verringerung der Flügeltiefe und der Seitenleitwerksgröße und damit eine Senkung des Energieverbrauchs um etwa zehn Prozent möglich.

»Durch die spezielle Anordnung der Propeller konnten wir die Gewichtsnachteile des hybrid-elektrischen Antriebssystems kompensieren«, sagt Hepperle. »Auch das Seitenleitwerk konnten wir bei unserem mehrmotorigen Konzept kleiner und damit leichter und widerstandsärmer auslegen«, so Hepperle weiter. Dieses Konzept könne sogar den Ausfall von zwei Elektromotoren kompensieren, böte also auch eine höhere Betriebssicherheit.

Flugeigenschaften auf dem Prüfstand

Beim virtuellen Erstflug im DLR-Flugsimulator AVES bewerteten Testpiloten des DLR die Flugeigenschaften des hybrid-elektrischen Kurzstreckenflugzeugs. Insbesondere im Landeanflug zeigte sich, dass die aerodynamische Interaktion von Propellernachlauf und Flügel die Flugeigenschaften des Flugzeugs stark beeinflusst. Um die geringere Wirksamkeit des kleineren Seitenleitwerks und -ruders auszugleichen, entwickelte ein Forschungsteam des DLR-Instituts für Flugsystemtechnik einen Flugsteuerungsregler, der die Giersteuerung – die Steuerung um die Vertikalachse – mittels Seitenruder und differentiellem Schub ermöglicht.

In SynergIE haben die Projektbeteiligen eine durchgängige Software-Simulations-Tool-Kette für zukünftige Flugzeugentwürfe mit verteilten hybrid-elektrischen Antrieben im DLR entwickelt und etabliert, um die Gesamtbewertungsfähigkeit der deutschen Forschung und Industrie auszubauen. Die disziplinübergreifenden Arbeitsinhalte umfassen die integrierte Aerodynamik von Flügel und Propeller in enger Wechselwirkung mit flugmechanischen Fragestellungen zur Steuerung sowie Randbedingungen der Struktur und der Aeroelastik. In Zukunft sollen noch offene Fragen zur Aeroakustik der verteilten Propeller und zu optimalen Klappensystemen im Landeanflug geklärt werden.


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