Deutschland als zukünftiger Leitmarkt für Elektromobilität setzt auf Lithiumbatterien der 2. bis 4. Generation

Li-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge

15. November 2011, 14:24 Uhr | Engelbert Hopf
Herbert Schein, Varta Microbattery
© Varta Microbattery

Um eine integrierte Zell- und Batterieproduktion für E-Mobility-Anwendungen in Deutschland zu etablieren, bedarf es allein R&D-Aufwendungen von knapp 1 Mrd. Euro. Eine der Schlüsselstrategien für die Zukunft lautet dabei: Optimierung existierender Lithium-Ionen-Techniken und parallel dazu Forschung an Folgegenerationen.

Zu den Folgegenerationen zählen Lithium-Schwefel- und Lithium-Luft-Systeme. Die ersten großformatigen Lithium-Zellen aus deutscher Produktion werden 2012 wohl im Smart ED3 zum Einsatz kommen.

Es hat eine Weile gedauert, doch langsam kommt auch bei den deutschen Automobilbauern das Thema Elektromobilität ins Rollen. Doch ob es nun der »Ampera« von Opel ist, oder die Modelle aus Stuttgart und München, die 2012 und 2013 auf den Markt kommen sollen, ihnen allen ist gemeinsam: Diese E-Cars sind zwar deutschem Ingenieurgeist entsprungen, doch die zum Einsatz kommende Batterietechnologie kommt nur in den seltensten Fällen aus Deutschland.

Wobei natürlich »Batterie« nicht mit »Batterie« zu verwechseln ist. Das kundenspezifische Packaging der Batterien, das Umsetzen der besonderen mechanischen und thermischen Anforderungen geschieht, ob es sich nun um Plug-In-Systeme handelt, oder um den wirklichen Energiespeicher für den Hauptantrieb, mit hoher Wahrscheinlichkeit in Deutschland. Doch die in den Batterien verwendete Zelltechnologie kommt nur in den seltensten Fällen aus Deutschland.

Um Deutschland bis 2020 zu dem, von der Politik proklamierten Leitmarkt für Elektromobilität zu machen, bedarf es nach den Erkenntnissen der Nationalen Plattform Elektromobilität allein im Batteriebereich eines F&E-Invests von rund 900 Mio. Euro. Verwendet werden soll diese Forschungs- und Entwicklungsgelder für die Materialentwicklung und die notwendige Zelltechnologie für die Batterien der 2. und 3. Generation. Der Grundlagenentwicklung für neuartige Batteriekonzepte der 4. Generation sowie zur Entwicklung von Sicherheitskonzepten und Testmethodiken. Forschungen zur Verbesserung der Lebensdauer sowie der Modellierung und Analytik stehen ebenso im Fokus, wie Prozesstechnologien für die Massenfertigung.

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Lithium-basierte Batteriesysteme
Auf absehbare Zeit werden Lithium-basierte Batteriesysteme das Backbone der weltweiten Elektromobilität bilden.
© Nationale Plattform Elektromobilität

Über die Bedeutung der notwendigen Forschungs- und Entwicklungserfolge lässt der Zwischenbericht der Nationalen Plattform Elektromobilität keinen Zweifel: Der Wertschöpfungsanteil der Batterie am Gesamtfahrzeug liegt bei 30 bis 40 Prozent. Deutschland braucht darum eine integrierte Zell- und Batteriesystemproduktion, wenn das Ziel von Leitmarkt der Elektromobilität erreicht werden soll. Für den Bereich der Batterien wird dabei eine duale Strategie verfolgt: Zum einen die Optimierung der heutigen Lösungen und parallel dazu die Forschung an den Folgegenerationen.

Für die Erzielung akzeptabler Reichweiten in Applikationen wie Elektrofahrzeugen, Plug-In- und Fahrzeugen mit Reichweiten-Steigerer bietet nach wie vor die Lithium-Ionen-Technologie die besten Optionen. Für den Zeitraum 2015 bis 2025 werden Lithium-Systeme der 2. und 3. Generation zum Einsatz kommen, an deren Optimierung derzeit weltweit gearbeitet wird. Ihre maximale Energiedichte dürfte bei etwa 180 Wh/kg erreicht sein. Für Fahrzeuganwendungen nach 2025 wird derzeit bereits an Post-Lithium-Ionen-Technologien gearbeitet. Als Favoriten gelten derzeit Lithium-Schefelbatterien, die eine Energiedichte von 400 Wh/kg erreichen würden und Lithium-Luft-Systeme, deren Energiedichte bei über 800 Wh/kg liegen soll.

Dr. Karl-Heinz Pettinger, Leclanché
Dr. Karl-Heinz Pettinger, Leclanché
© Leclanché

Zu den deutschen Batteriespezialisten, die sich mit deutschen Automobilherstellern zusammengetan haben, zählt Varta Microbattery. Seit 2009 betreibt das Unternehmen ein Joint Venture mit Volkswagen. Gemeinsam wird an Batteriezellen für Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge geforscht. Um spätere Produktionskosten zu senken, liegt ein Schwerpunkt des Joint Ventures auf der Erforschung und Erprobung neuer Produktionsmethoden. »Unsere Arbeiten in diesem Bereich kommen gut voran und liegen im Plan«, versichert Herbert Schein, CEO von Varta Microbattery.

Schein betont aber auch, dass speziell die Materialforschung für künftige Generationen der Lithium-Ionen-Batterien verstärkt werden muss. Mit der 2009 gegründeten Varta Micro Innovation wurde dazu eigens ein Forscherteam für die Materialforschung an Lithium-Ion aufgebaut. Andere Forscherteams bei Varta Microbattery beschäftigen sich mit elektrochemischen Systemen der übernächsten Generation wie etwa Lithium-Luft. »Mit einem solchen System«, so Schein, »ließen sich die heutigen Energiedichten und damit die Reichweiten um den Faktor 5 erhöhen«!

Nach Einschätzung von Dr. Karl-Heinz Pettinger, bei Leclanché im Bereich Research & Development tätig, dürften sich neue elektrochemische Systeme wie etwa die Lithium-Schwefel-Technologie mittel- und langfristig wohl vor allem im Traktionsbereich durchsetzen. Lithium-Luft-Lösungen sind aus seiner Sicht, »noch recht weit weg«. Wie Dr. Pettinger erläutert, hätten es bis heute Chemikergenerationen nicht geschafft, Zink-Luft in ein ordentliches, wieder aufladbares System zu verwandeln, »Lithium-Luft-Systeme werden sich da noch als wesentlich trickreicher erweisen«! Für den nicht zu vernachlässigenden Infrastrukturbereich, etwa an Tankstellen, wird die Lösung der Zukunft nach Überzeugung von Dr. Pettinger in Redox-Flow-Systemen bestehen.

Dr. Hubert Jäger, weist in seiner Funktion als Vorstand des Kompetenznetzwerk Lithium Ionen Batterien darauf hin, dass die Herausforderung, die existierenden Lithium-Technologien und -Batteriesysteme an die Anwendungen im Automobilbereich hinsichtlich höherer Energiedichte anzupassen, weltweit gleich sei. Er weist darauf hin, dass es Batterien, welche die bisherigen Reichweiten von 150 bis 200 km um 50 Prozent und mehr steigern können, heute noch nicht gibt.

Die Entwicklung und Herstellung solcher Batterien ist das Ziel der geplanten, vom BMBF geförderten, Pilotanlage am ZSW in Ulm. Geplant ist der Produktionsstart dort für 2014.


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  2. Zukunft ab 2020

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