FVEE: Wirtschaftliche Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien ist machbar

»Es gibt keinen unsubventionierten Preis für Energie«

14. Februar 2011, 10:21 Uhr | Heinz Arnold
Prof. Wolfgang Eberhardt, Sprecher des FVEE: »Eine Korrektur der EEG-Umlagen wäre angebracht, allerdings sollte man das nicht so machen wie in Spanien, wo der Markt über Nacht vollständig zusammen brach.«
© FVEE

»Wer die Versorgung auf Erneuerbare Energien umstellen will, der muss auf europäischer Ebene denken«, sagt Prof. Wolfgang Eberhardt vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie, den das Direktorium des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien (FVEE) zu seinem Sprecher für das Jahr 2011 gewählt hat.

Dazu müsse vor allem den Ausbau des europäischen Energienetzes voran getrieben werden. Außerdem lesen Sie im folgenden Interview, warum Brennstoffzellen für Autos auf der Basis der heute entwickelten Technologie keine so gute Idee sind, warum die Subventionen für die Photovoltaik gut angelegt sind, was sich auf dem Gebiet Energiespeicher tut und was sich der FVEE für dieses Jahr vorgenommen hat.  

Energie & Technik: Auf europäischer Ebene denken – bedeutet das: Große Energieerzeugungsanlagen und Dezentralisierung, weil im Norden die Energie vor allem über Wind, im Süden über Solaranlagen erzeugt wird?

Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Eberhardt: Auch die kleinen Solaranlagen auf dem Hausdach haben durchaus ihre Berechtigung. Doch wenn man ein tragfähiges Konzept für die Versorgung von Industrieländern auf Basis von Erneuerbaren Energien umsetzen will, dann muss man in der Tat in größeren Dimensionen denken. Konkret auf unsere Situation angewandt: Wir müssen ganz Europa in ein Konzept mit einbeziehen, vielleicht auch noch Nordafrika.

Umfasst das Konzept auch die Speicherung von Energie?

Es umfasst sowohl die Erzeugung der Energie in größeren Solar- und Wind-Kraftwerken als auch die Speicherung in Pumpspeicherwerken. Wir könnten weder die Industrie noch den elektrifizierten Verkehr über den dezentralen Inselansatz sicher versorgen.  

Außerdem benötigen wir Pumpspeicherkraftwerke, die in das Konzept eingebunden werden müssen, beispielsweise in den Alpen, in den Pyrenäen, vor allem aber in Skandinavien.

Die skandinavischen Länder scheinen nicht gerade darüber begeistert zu sein, zum Pumpspeicherwerk für den Rest Europas zu werden und verhalten sich gegenüber dem Neubau von Pumpspeicherwerken nicht zuletzt aus Umweltschutzgründen etwas zögerlich. Leider sind alternative Großspeicher noch nicht einsatzbereit, oder sehen sie Kandidaten?

Die Alpenländer sind dazu durchaus bereit, weil es sich auch finanziell lohnt. Druckluftspeicher werden entwickelt und das Erdgasnetz kann in ein Speicherkonzept mit einbezogen werden. Auch die Elektrifizierung des Verkehrs kann dazu beitragen. An Batteriespeichen arbeiten die Wissenschaftler eifrig und Redox-Flow-Systeme sehen sehr interessant aus. Es wird sich ein gemischtes System herausbilden.  

Sie setzen sich also dafür ein, große Wind- und Solar-Kraftwerke zu bauen und sie in ein europäisches Verbundsystem zu integrieren. Also stimmen Sie den Ergebnissen der Dena-2-Studie zu: es müssen dringend neue Stromtrassen verlegt werden. Die Frage ist, ob die Bevölkerung das Konzept ebenfalls mit trägt?

Quantitativ möchte ich bezüglich der DENA Studie keine Aussage machen, qualitativ liegt für mich klar auf der Hand, dass das Netz ausgebaut werden muss, insbesondere die grenzüberschreitenden Trassen. Allerdings muss die Politik die Bevölkerung mitnehmen. Das Energiekonzept der Bundesregierung sehe ich in dieser Hinsicht als sehr positiv an, allein schon weil es dafür sorgt, sich intensiv mit der Problematik auseinander zu setzen.
Und seit einem Jahr verspüre ich, dass auch die Bevölkerung diesen Fragen offener gegenüber steht und viele dem Reflex, erst einmal immer dagegen zu sein, nicht mehr sofort folgen. Ich bin sicher, dass sich die Erkenntnis durchsetzen wird, dass ein ökonomisch und ökologisch sinnvolle (Voll-)Versorgung auf der Basis Erneuerbarer Energien nur mit neuen Stromtrassen zu haben sind.

Und die Kosten?

Sie werden umgerechnet auf die zusätzliche Belastung für die Haushalte nicht übermäßig stark ins Gewicht fallen. Auch dann nicht, wenn man neue Techniken einsetzt wie etwa HGÜ oder in sensiblen Bereichen Erdkabel verlegt. Das wird dann wiederum die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen – zu einem für alle verträglichen Preis. Langfristig wird ein Energiesystem auf der Basis erneuerbarer Energien kostengünstiger sein als das heutige hauptsächlich auf fossilen Energieträgern beruhende, insbesondere wenn man die Kosten der Umweltschäden mit einbezieht.


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