Wendelstein 7-X

Magnettests am Fusionsreaktor erfolgreich abgeschlossen

9. Juli 2015, 20:22 Uhr | Hagen Lang
Das supraleitende Magnetsystem von Wendelstein 7-X: 50 speziell geformte Stelleratorspulen (blau) und 20 flache Spulen (braun) bauen den magnetischen Käfig für das Plasma auf.
© IPP

Alle technischen Komponenten des Fusionsexperimentes Wendelstein 7-X in Greifswald gelten als funktionsfähig, nachdem die Tests seiner siebzig Magnetspulen erfolgreich abgeschlossen sind. Die Erzeugung des ersten Plasmas am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik rückt näher.

Ein Ring aus 50 supraleitenden, 3,5 Meter hohen Magnetspulen bildet den Kern von Wendelstein 7-X. Sie werden mit flüssigem Helium auf eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt abgekühlt und sollen im späteren Betrieb als wärmeisolierender magnetischer Käfig des Plasmas funktionieren. In der Fusionsanlage des Typs Stellerator ist den Stellerator-Spulen zur Veränderung des Magnetfeldes ein zweiter Satz von 20 flachen supraleitenden Spulen überlagert.

Die zuvor einzeln geprüften Spulen wurden im Verbund ab April dem harten »Quench« unterworfen, bei dem die Spulen ihre Supraleitungseigenschaften plötzlich verlieren und zu normalen Leitern werden. Dabei dürfen sie keinen Schaden nehmen und müssen ihre Supraleitungsfähigkeit nach erneuter Abkühlung behalten. Zunächst wurden die supraleitenden Spulen vom Typ A und B getestet, ab Mai 2015 folgten die Tests der Stellerator-Spulen. Sie wurden auf 269° Celsius (4 Kelvin) abgekühlt und mit niedriger Stromstärke (500 Ampere) belastet. Anschließend wurde die Stromstärke auf bis zu 12,8 Kiloampere erhöht. Dabei wurde auch das Kryosystem und die Stromzuführungen geprüft und justiert. Bei den Quench-Tests wurden ferner die Detektionssysteme und die Formstabilität von Spulen und Gehäusen überprüft. »Alles stimmt gut mit den Berechnungen überein«, stellte abschließend Dr. Hans-Stephan Bosch, der Leiter des Bereichs »Wendelstein 7-X Betrieb« fest.

Nach den Komponenten-Tests erfolgte die Überprüfung des gesamten Kranzes von 70 Spulen, die mit 12,8 Kiloampere Strom beschickt wurden. »Der Spulenverbund hat sämtliche technischen Prüfungen bestanden«, fasste Dr. Bosch am 6. Juli die umfangreichen Testreihen zusammen: »Damit ist die Funktionsfähigkeit der zentralen Anlagenkomponente sichergestellt. Wir können nun den nächsten großen Schritt in Angriff nehmen, das Ausmessen der magnetischen Flächen.« Hierbei wird überprüft, ob die Spulen den magnetischen Käfig für das Plasma in der vorgesehenen Form aufbauen.

Wenn alles funktioniert, könnte Wendelstein 7-X 2015 das erste Plasma erzeugen. Fernziel ist es, ein Wasserstoffplasma in Magnetfeldern eingeschlossen auf ca. 100 Millionen Grad aufzuheizen und durch die Verschmelzung der Atomkerne – ähnlich den Vorgängen in der Sonne – Energie zu gewinnen. Wendelstein 7-X, die weltweit größte Fusionsanlage vom Typ Stellerator, dient selbst noch nicht der Energieproduktion, sondern soll mit bis zu 30 Minuten langen Entladungen die Möglichkeit des Dauerbetriebs vorführen.


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu WEKA MEDIA GmbH & Co. KG

Weitere Artikel zu Energietechnik