Ausgezeichnete Bionik

Neue Materialien für energieeffiziente Kühltechnologie

23. September 2016, 15:59 Uhr | Hagen Lang
Passive Kühltechnologie im Wohnhaus: Das sichtbare und nahe Infrarotlicht der Sonne wird reflektiert (re.), Wärmestrahlen im gewünschten Wellenlängenbereich entweichen ins kalte Weltall (li.).
© Daniele Leitner

Juniorprofessor Dr. Markus Retsch von der Universität Bayreuth wurde mit dem Forschungspreis ERC Starting Grant ausgezeichnet, mit der der Europäische Forschungsrat herausragende Grundlagenforschung für zukunftsträchtige Technologien von morgen würdigt.

Der Professor für Polymere Systeme arbeitet im Forschungsvorhaben VISIRay an neuartigen Kühlsystemen, die z.B. in Wohngebäuden oder Textilien eingesetzt werden können, oder generell in allen Flächen, die sich durch Sonneneinstrahlung unerwünscht erwärmen. Diese »passiven Kühltechnologien« kommen ohne Energiezufuhr aus. Der Europäische Forschungsrat fördert das Projekt in den nächsten fünf Jahren mit 1,5 Millionen Euro.

Vorbilder gibt es in der Natur, z.B. besitzt die saharische Silberameise ein Fell hierarchisch strukturierter Haare, die Sonnenlicht im sichtbaren Wellenlängenbereich fast vollständig nach außen abstrahlen. Sie überhitzt sich deshalb auch nicht in der Wüste.

Das Forschungsvorhaben will sich den Umstand zunutze machen, dass die Erdatmosphäre Wärmestrahlen in Wellenlängen zwischen 8 und 13 Mikrometern (der mittlere Infrarotbereich) praktisch uneingeschränkt ins kalte Weltall entweichen lässt, während elektromagnetische Strahlen anderer Wellenlängen zurück zur Erde gelenkt werden.

Das Projekt entwickelt neue Materialien, die Wärmestrahlen ausschließlich in dem kleinen Wellenlängenbereich (oder »Strahlungsfenster») abgeben, die die Atmosphäre schnell passieren. Zum Aufbau eines Kühleffektes müssen die Materialien das einfallende Sonnenlicht, das sichtbare und nahe Infrarotlicht vollständig streuen oder reflektieren, weil sie sich sonst aufheizen.

Die neuen Materialien, die dieses Verhalten zeigen, bestehen aus Nano- und Mesopartikeln, Teilchen mit einer Größe von wenigen 10 bis einigen 1000 Nanometern. Es ist möglich, die nanooptischen Eigenschaften der Teilchen so zu beeinflussen, dass Wärmestrahlen nur im gewünschten Wellenlängenbereich abgegeben werden. Ihre Herstellung kann durch Kombination lithografischer Verfahren und Prozessen der Selbstanordnung kontrolliert werden.

»In unserem Forschungsprojekt VISIRday werden wir darauf hinarbeiten, dass sich die von den Nano- und Mesopartikeln abgegebene Wärmeenergie möglichst präzise einstellen lässt«, erklärt Prof. Retsch. »Ein Feintuning der elektromagnetischen Wellen, die mit den Nano- und Mesostrukturen wechselwirken, würde eine präzise Steuerung des aufgenommenen Sonnenlichts und der abgegebenen Wärmestrahlung bewirken. Wenn uns die Entwicklung von Materialsystemen gelingt, die ein solches Feintuning zulassen, verfügen wir über wichtige Bausteine für neue ‚passive‘ Kühltechnologien, die den Energieverbrauch für eine Vielzahl von Kühlanwendungen absenken können.«

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