Studie

Power2Gas schlägt bei Kosten »Elektro-Energiewende«

23. Juli 2018, 14:49 Uhr | Hagen Lang
Die summierten Kostenvorteile des Szenarios Evolution gegenüber dem Szenario Revolution belaufen sich von 2017 bis 2050 auf 139 Milliarden Euro. Dies legt nahe, die Gebäudeheizung legislatorisch nicht auf die Elektrifizierung festzulegen.
© ewi Energy Research & Scenarios gGmbH

Power2Gas wäre volkswirtschaftlich erheblich billiger als eine staatlich erzwungene Voll-Elektrifizierung der Gebäudeheizung. Das ist das Ergebnis einer Studie des ewi ER&S Institutes hinsichtlich einer kostengünstigen Weiterentwicklung der Energiewende.

Mal die höchsten Europas, mal die zweithöchsten: Deutschlands Energiepreise sind bereits Spitze. Deshalb müssen alle weiteren Maßnahmen der Energiewende möglichst kostenneutral sein oder mit möglichst geringen Kosten induzieren. Das gemeinnützige »ewi Energy Research & Scenarios« Institut (ewi ER&S) hat vor diesem Hintergrund eine Studie zur Umstellung der Gebäudeheizung Deutschlands auf regenerative Energien vorgestellt.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis: Die Klimaziele der Bundesregierung sind mit Gas als Brennstoff zu schaffen und das mit bis zum Jahr 2050 140 Milliarden Euro geringeren Kosten, als bei einer ausschließlich auf Elektrifizierung von Wärmedienstleistungen setzenden Energiewende.

Das ewi ER&S  Institut versteht sich als Wissensfabrik, die politisch und technologisch neutrale Forschungsergebnisse zu Energiethemen verbreitet. Die Gelsenwasser AG, die Open Grid Europe GmbH sowie die RheinEnergie  AG  beauftragten das  Forschungsinstitut, den Beitrag der vorhandenen Gas- und Wärmeinfrastruktur für die CO2-Minderung zu bestimmen.  Hierbei entwickelte das Institut zwei Szenarien  (Revolution  und   Evolution),  die  mit einer regenerativen Energieversorgung der Gebäudeheizung die  sektorenübergreifenden Treibhausgas-Minderungsziele von -55 % in 2030 und -95 % in 2050 (jeweils gegenüber 1990) erreichen.

Im Szenario »Revolution« erzwingt die Bundesregierung eine Elektrifizierung von Gebäudesektor und Industrie und zwingt die Wärmepumpe ordnungsrechtlich in den Heizungsmarkt, genauer:sechs Millionen Wärmepumpen bis 2030 und 13 Millionen Wärmepumpen bis 2050. Einher damit gehen umfassende Gebäudedämmungen. Daraus ergibt sich eine Erhöhung der Nachfrage nach elektrischer Leistung um 36 GW p.a., die auch in einer mindestens zweiwöchigen Dunkelflaute ohne erneuerbare Energien im Winter gedeckt werden muss. Dadurch werden Backupsysteme im großen Stil notwendig, die aber praktisch nur einmal jährlich genutzt werden. Die Autoren schlagen hierfür den Zubau von 76 GW Gaskraftwerken vor.

Im Szenario »Evolution« würde der Zubau von 44 GW Gaskraftwerkskapazität notwendig. Hierbei werden alte Gebäudeheizungen vor allem durch effizientere, neue ersetzt und von Heizöl auf Gas als Brennstoff umgestellt. Installationskosten solcher Heizsysteme sind im Vergleich  zu  Wärmepumpen  geringer  und  zusätzlich  sind   weniger  Effizienzmaßnahmen  an  der  Gebäudehülle  notwendig. Dabei kommt verstärkt synthetisches Gas aus Power2Gas-Anlagen zum Einsatz, das mit erneuerbarem Strom hergestellt wird.

Das Szenario Revolution induziert eine notwendige Stromnetzertüchtigung in Höhe von vier Milliarden Euro p.a., im Szenario Evolution dient vor allem das vorhandene Gasnetz als Pufferspeicher, für den fast kein Ausbau notwendig wäre. Strom-Im- und Exporte halten sich im Szenario Evolution die Waage, während die Voll-Elektrifizierung im Betrachtungszeitraum den zusätzlichen Import von Strom aus dem Ausland in Höhe von 95 Milliarden Euro induziert.

An synthetischen Brennstoffen werden im Szenario Evolution 634 TWh benötigt, im Szenario Revolution 448 TWh. In beiden Szenarien reduziert sich die Importabhängigkeit bei konventionellen Brennstoffen aus dem Ausland bis 2050 um mehr als zwei Drittel. Allerdings empfiehlt sich aus Kostengründen auch bei synthetischem Gas ein nennenswerter Import aus dem Ausland, da hier die großen Kapazitäten erneuerbarer Energien vorhanden sind (z.B. Wasserkraft aus Skandinavien), um synthetisches Gas zu wettbewerbsfähigen Kosten und in entsprechendem Volumen zu generieren.

Beim Szenario Revolution ergibt sich durch den Ausbau der Wärmepumpen ein Rückgang der Nachfrage nach Gas aus den Verteilnetzen um 75 Prozent bis 2050 und ein entsprechender Rückgang der Entgelte der Gasverteilnetzbetreiber. Da der Umsatzrückgang nicht über steigende Netzentgelte refinanziert werden kann, ergibt sich ein Refinanzierungsproblem der Gasnetzinfrastruktur, das zu einem Rückbau der Infrastruktur führen würde. Im Szenario Evolution bleibt die Gasinfrastruktur auch 2050 auf hohem Niveau ausgelastet.

Summa summarum: Der weitgehende Verzicht auf fossile Brennstoffe wäre mit synthetischem Gas aus Power2Gas-Verfahren preiswerter zu realisieren, als bei der reinen Elektrifizierung von Gebäudeheizungen.


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