LED-Test

Spagat zwischen Qualität und Kosten

14. Juni 2013, 9:39 Uhr | Nicole Wörner
Ronald Block, Prüftechnik Schneider & Koch: »Meines Erachtens sind die stärkere Automatisierung der Prüfprozesse und der Einsatz von Kameras bei der optischen Charakterisierung probate Wege aus dem Dilemma zwischen Qualitätsanspruch und Kostendruck.«

Fast scheint es, als ob täglich neue LED-Hersteller aus dem Boden sprießen. Im Interview erklärt Ronald Block, geschäftsführender Gesellschafter von Prüftechnik Schneider & Koch, warum er die Messtechnik als ausschlaggebenden Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit eines Herstellers sieht.

Markt&Technik: Die LED-Branche boomt derzeit wie kaum ein anderer Markt. Welches Potenzial ergibt sich daraus für die Messtechnik-Hersteller?

Ronald Block: Sowohl im Privatbereich als auch im industriellen Umfeld oder im öffentlichen Raum basiert heute schon ein Großteil der Beleuchtung auf LED-Technik - Tendenz weiter steigend. Meiner Einschätzung nach können jedoch langfristig gesehen nur qualitativ hochwertige Bauelemente die Wettbewerbsfähigkeit sowohl der LED-Hersteller selber, als auch der Unternehmen, die LEDs in ihren Produkten einsetzen, sichern. Vor allem in der Automobilindustrie sowie der Beleuchtungs- und Displaytechnik sind die Anforderungen an Qualität und optische Homogenität von LEDs extrem hoch. Als Spezialisten für automatische optische Inspektion und elektrische Tests sehen wir daher großes Potenzial für LED-Charakterisierungs- und Qualitätssicherungssysteme.

Welche Konzepte dominieren derzeit hinsichtlich der optischen Überprüfung von LEDs?

Die LED-Messtechnik beruht auf der Ermittlung bestimmter optischer Kenngrößen. Eine LED-Testeinheit besteht immer aus einer Stromquelle mit einer für den jeweiligen Testgegenstand geeigneten Kontaktiereinheit, einem Sensor zur Aufnahme der optischen Information und einem Rechner mit entsprechender Auswertesoftware. Die Ausgestaltung der Tests hängt vom Gegenstand und Ziel der Tests ab. Das können LEDs in allen Phasen der Fertigung sein: vom Halbleiter-Wafer über den LED-Chip, bis hin zur einzelnen LED als solche oder als Element einer LED-Platine bzw. eines LED-basierten Endprodukts. Testen kann man rein physikalische, radiometrische Größen oder auch photometrische Parameter, die das Farbempfinden des menschlichen Auges mit einbeziehen. Das wiederum hat Einfluss auf die Entscheidung, ob ein einfaches Photometer, ein Spektrometer, ein Spektralradiometer oder aber ein Kamerasystem zur Anwendung kommt. »Die eine« Herangehensweise oder »das richtige« Konzept gibt es also auch beim LED-Test nicht.

Welche Vorteile bieten Kamerasysteme im Vergleich zu anderen Messgeräten?

Gerade bei einer hohen Anzahl zu prüfender LEDs sind kamerabasierte Lösungen interessant - nicht nur aufgrund ihrer hohen Prüfgeschwindigkeit, sondern auch aus wirtschaftlichen Aspekten. Sie sind sehr flexibel und lassen sich im Gegensatz zu anderen Messgeräten ohne größere Investitionen an wechselnde Prüfsituationen anpassen. Auch beim Umfang der Test-Hardware ist der Spielraum groß – von der einfachen, kostengünstigen Machine-Vision-Lösung, bei der einzelne Kameras direkt in den Produktionsprozess eingebunden werden, über die Integration eines oder mehrerer Kameramodule in den Prüfadapter bis hin zu einer in sich geschlossenen Inspektionslösung ist alles möglich. Kamerasysteme bieten zudem den Vorteil, dass weitere optische Testroutinen wie etwa die Bauteil- und Lötstellenprüfung oder die Barcode-Erkennung während der LED-Prüfung mit ausgeführt werden können.

Gibt es auch Nachteile beim Einsatz von Kameras?

Testlösungen auf Kamerabasis sind vor allem für die Bestimmung der Intensität und Farbe von LEDs ausgelegt. Für andere Charakterisierungsanforderungen eignen sich Kameras dagegen weniger. Bei der Ermittlung vieler radiometrischer Kriterien kann zum Beispiel der Einsatz spezieller Spektralradiometer zusammen mit einer Ulbrichtkugel oder einem Goniometer sinnvoll sein.

Um den von Ihnen angesprochenen hohen Qualitätsstandards gerecht zu werden, reichen stichprobenartige Tests nicht aus. Doch ein umfassender Prüfprozess ist teuer. Welche wirtschaftliche Lösung sehen Sie für den Spagat zwischen Qualität und Kosten?

Meines Erachtens sind die stärkere Automatisierung der Prüfprozesse und der Einsatz von Kameras bei der optischen Charakterisierung probate Wege aus dem Dilemma zwischen Qualitätsanspruch und Kostendruck. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Schon in einer frühen Entwicklungsphase, nämlich bereits beim Design einer LED-Platine, lassen sich die späteren Prüfkosten signifikant beeinflussen. Durch prüffähige Baugruppen mit einzeln ansteuerbaren LEDs, ausreichend Abstand zwischen den LEDs und leistungsfähigen Kühlkörpern/-flächen wird der spätere Test inklusive der Adaption des Prüflings erleichtert. Das führt letztlich zu geringeren Testkosten – ein Grund, weshalb das Thema »Design for Testability« bei LED-Platinen so wichtig ist.

Welcher Aspekt stellt sich beim LED-Test als schwierig dar?

Eine besondere Herausforderung ist die Adaption der Prüflinge. Die zu prüfenden LEDs und Geräte müssen in aller Regel unter Strom gesetzt werden. Bei Bestromung entwickeln LEDs Wärme, die zur Verschiebung der optischen Werte führen kann. Daher müssen Entwickler bei der Adaption besonders auf eine ausreichende Temperaturstabilisierung im Adapter achten. Auch die Überlagerung von Lichteffekten bei geringem Abstand zwischen LEDs erfordert technische Gegenmaßnahmen im Adapter. Darüber hinaus ist es nicht immer möglich, das Licht aller zu prüfenden LEDs mit nur einem Sensor oder einer Kamera zu erfassen. Und auch unterschiedliche Positionierungswinkel sowie Positionierungstoleranzen der LEDs stellen eine Herausforderung für den Adapterbau dar. In diesen Fällen braucht man Lichtwellenleiter und Optical Heads, um Lichtsignale zu bündeln oder unabhängig von der Position der LED zuverlässig abgreifen zu können.


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