Laut einer aktuellen Studie, die das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit Forschungseinrichtungen durchgeführt hat, ist der Umbau der Energieversorgung möglich und langfristig sogar von enormem wirtschaftlichem Nutzen.
Bei einem stabilen und dynamischen Ausbau der erneuerbaren Energien kann der tiefgreifende Umbau der Energieversorgung gelingen.
Die DLR-Wissenschaftler zeigen in der Untersuchung »Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland« in realistischen Szenarien, dass erneuerbare Energien – bei zügigem Ausbau - bis zum Jahr 2050 über 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms sowie über 50 Prozent der Wärmeversorgung und der Primärenergie wie Kohle, Öl und Gas decken können.
Um diese Ziele zu erreichen, ist es notwendig, die Energie in den Bereichen Strom, Wärme und Verkehr effizienter einzusetzen. »Die Leitstudie zeigt auf, wie sich durch entsprechende politische Maßnahmen die Treibhausgas-Emissionen in Deutschland bis 2050 um 80 Prozent senken lassen, so wie es das Energiekonzept der Bundesregierung vorsieht«, sagt Prof. Dr. Ulrich Wagner, DLR-Vorstandsmitglied für Energie und Verkehr.
Strom statt Mineralöl und Erdgas
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass wir in Zukunft unsere Energieversorgung stärker durch Strom abdecken, unter anderem durch die Elektromobilität im Verkehr, aber auch durch die Nutzung für Prozesswärme in der Industrie. Nur so lassen sich Mineralöl und Erdgas in diesen Bereichen verdrängen. In Zeiten, in denen die Windkraft und die PV zu viel Strom produzieren, ist es möglich, Strom zukünftig auch in Form von Wasserstoff oder synthetischem Methan zu speichern und nach Bedarf wieder in Strom umzuwandeln.
Das kann trotz der damit verbundenen Energieverluste auch für die Bereitstellung eines erneuerbaren Kraftstoffs für den Verkehrssektor eine sinnvolle Option sein, da unter Voraussetzung einer nachhaltigen Erzeugung Biokraftstoffe sehr begrenzt sein werden. In einem anderen Szenario der Studie wird dagegen bis zum Jahr 2050 eine vollständige Abdeckung der PKW-Fahrleistungen über vollelektrische Fahrzeuge sowie Plug-In-Hybride dargestellt.
Ein weiteres Szenario der Studie gibt schließlich einen Ausblick auf den EE-Ausbau und die Effizienzentwicklung. Hier ist bis zur Mitte des Jahrhunderts eine Treibhausgasminderung von 80 bis 95 Prozent erforderlich, um die oberen Grenzen des im Energiekonzept festgelegten Zielkorridors zu erreichen.
Hier ist auf lange Sicht die Umwandlung von Strom in Wasserstoff oder andere synthetische Energieträger sogar erforderlich, um den weitgehenden Ersatz der fossilen Kraft- und Brennstoffe zu erreichen. Die Szenarienanalysen zeigen, dass sich das Abschalten der deutschen Kernkraftwerke durch erneuerbare und flexible fossile Kraftwerke kompensieren lässt. Für den Strukturwandel in den nächsten Jahrzehnten müssen die Energieversorger demnach auch in Gaskraftwerke investieren. Außerdem ist es notwendig, andere Ausgleichsoptionen wie Speicher, erweiterte Netze und Lastmanagement zu schaffen, um die schwankende Stromerzeugung aus Windanlagen und der PV integrieren zu können.
Energiewende hat positive Auswirkungen auf Volkswirtschaft
Ab dem Jahr 2025, so schätzen die Wissenschaftler, kommen die positiven volkswirtschaftlichen Wirkungen des Ausbaus der erneuerbaren Energien zum Tragen. Die Bereitstellung von Energie aus erneuerbaren Quellen hat zu diesem Zeitpunkt etwa im Mittel den gleichen Preis, wie der Einsatz von Steinkohle, Öl und Erdgas. Etwa im Jahr 2040 lässt sich bereits so viel an den teurer werdenden fossilen Energieträgern einsparen, dass sämtliche Vorleistungen für die Investitionen getilgt wurden. Zur Jahrhundertmitte hat die Versorgung mit erneuerbaren Energien dann bereits rund 570 Mrd. Euro gegenüber der Weiterführung einer fossilen Energieversorgung eingespart.
Zusätzliche Kosten für die Einbindung fluktuierender erneuerbarer Energien ins Energiesystem sowie den Aufbau einer neuen Infrastruktur sind in dieser Rechnung allerdings nicht enthalten. »Die Studie zeigt die enormen langfristigen volkswirtschaftlichen Chancen der Investitionen in die erneuerbaren Energien und in Effizienztechnologien«, sagt Dr.-Ing. Thomas Pregger, Wissenschaftler im DLR-Institut für Technische Thermodynamik und Projektleiter der Studie.
Die Studie ist die neueste und umfassendste Szenarienanalyse unter Federführung des DLR im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU). Sie wurde erstellt unter der Mitarbeit des Fraunhofer IWES in Kassel und des IfnE in Teltow.