Breitband-Powerline-Communication für Smart Grids

Wie die Zählerdaten zu den EVUs kommen

1. Juni 2010, 11:09 Uhr | Heinz Arnold

Intelligente Stromzähler nehmen eine der Schlüsselstellungen ein, um Smart Grids zu ermöglichen. Die Zähler an sich stellen kein großes technisches Problem dar, doch wie kommen die Daten von den Zählern zu den EVUs?

Für Ingo Schönberg, Geschäftsführer der PPC-AG, sind Smart Grid und Smart Metering zwei Seiten derselben Sache, das eine ist ohne das andere nicht denkbar. »Um Systeme zu vernetzen und die erforderlichen ökonomischen Optimierungen durchzuführen, ist Smart Metering eine Voraussetzung.« Denn für die Mittelspannungsnetze gibt es im Moment nur bedingt Überwachung, im Niederspannungsnetz überhaupt nicht. Lastflüsse lassen sich nicht ermitteln. Aufgrund der mangelnden Information mussten diese Netze bisher extrem überdimensioniert werden. Wird das Smart Grid Realität, dann könnten die Energieversorger beispielsweise mit weniger und kleineren Trafos auskommen.

Derzeit, das konstatiert auch Schönberg, gibt es eine Vielzahl proprietärer Standards, über die die Zählerdaten an die EVUs gesendet werden. Das kann über die unterschiedlichsten Wege geschehen: drahtlos (UMTS/HSDPA oder WiMax) oder über Kabel, etwa über DSL oder Glasfaserkabel.

PPC favorisiert die Übertragung über die bereits vorhandenen Leitungen des Nieder- und Mittelspannungsnetzes, die Powerline Communication (PLC). »Weil die Leitungen des Energienetzes bereits verlegt sind, bietet sich PLC geradezu an, PLC gilt jetzt schon – zumindest in Europa – als Standard«, erklärt Schönberg. Gegen die drahtlosen Systeme führt er mehrere Argumente ins Feld: Die Funkverbindungen in den Keller sind nicht immer verlässlich, und Außenantennen am Haus anzubringen, ist aufwändig und unbeliebt. Vor allem ist es dazu notwendig, die Einverständniserklärung des Hauseigentümers zu beschaffen, und diesen Papierkrieg wollen sich die Energieversorger lieber ersparen, schon alleine aus Kostengründen. Drahtlose Systeme wie ZigBee und Wireless M-Bus hätten durchaus ihre Berechtigung, aber nur auf den letzten Metern. Um die Daten nach außen weiterzugeben, seien diese Systeme nicht geeignet, jedenfalls nicht hierzulande. In den USA sehen die Bedingungen etwas anders aus: Hier sind die Zähler meistens außen am Haus angebracht, außerdem darf mit einem um den Faktor 10 höheren Pegel gesendet werden.

Wer die Daten über DSL weitergeben will, steht meist vor dem Problem, dass das DSL-Netz in der Wohnung und meist nicht am Zähler endet. »Eine DSL-Leitung kostet 10,50 Euro monatlich, sie extra anzumieten, ist zu teuer für Smart Metering«, sagt Schönberg. Ist der Endpunkt nicht im Zählerraum, muss außerdem der Hauseigentümer eingebunden werden.

Die Zukunft ist breitbandig

Wenn Schönberg PLC propagiert, dann allerdings nicht irgendeine PLC-Technik, er setzt auf die breitbandige Powerline Communication, kurz BPL: »PPC ist im Moment die einzige Firma, die breitbandige PLC-Systeme liefert.« Doch warum muss es unbedingt eine breitbandige Übertragung sein, genügt für die Übertragung von Zählerwerten nicht auch die schmalbandige Kommunikation? Laut Schönberg nicht, wenn die Zukunftsfähigkeit gewahrt werden soll: »Schon jetzt fordert der Gesetzgeber, dass zumindest Mo- natsabrechnungen möglich sind und Information in Echtzeit zur Verfügung zu stehen. Das geht mit der Schmalbandlösung nicht.« Wenn etwa 600 Zähler hinter einer Trafostation hängen, dann müssen sie hintereinander abgefragt werden. Mit einer Übertragungsleistung von 1 KBit/s sei an Echtzeit nicht zu denken.

Das Ziel der EVUs besteht darin, von den Haushalten und Unternehmen über die Straßenbeleuchtung, die Transformatoren-Überwachung bis zur Überwachung der ganzen Netze die gesamte Kommunikation auf einer einzigen IP-Plattform laufen zu lassen. »Smart Metering ist dazu die Einstiegsdroge, darauf können weitere Systeme aufgesetzt werden. Mit schmalbandigen Systemen würde das nicht funktionieren«, sagt Schönberg.

Der Aufbau des BPL-Systems

Wie sieht nun ein BPL-System im Einzelnen aus? Die Stromzähler befinden sich in europäischen Haushalten meist im Keller des Hauses. Sie sind mit einem Gateway verbunden, der die Daten der Zähler nach außen weitergibt. Grundsätzlich kann das Gateway seine Daten über PLC, über GSM und über drahtlose Sensornetze (etwa Mesh-Networks) weitergeben. Das Gateway wiederum ist ohnehin schon am Niederspannungsnetz angeschlossen. Um seine Daten an die Konzentratoren weiterzugeben, sieht Schönberg deshalb BPL als den natürlichen Weg an.

Die Breitband-Powerline-Technik nutzt die bestehenden Nieder- und Mittelspannungsstromnetze in einem Frequenzbereich zwischen 1 und 30 MHz zur Datenübertragung. Herkömmliche Schmalband- Powerline-Kommunikationssysteme (PLC) arbeiten im so genannten CENELEC-Band im Bereich zwischen von 3 bis 148 kHz und benötigen für die Übertragung einen wesentlich höheren Sendepegel. Nur die BPL-Technik kann wegen des breiten Frequenzbandes Datenpakte entsprechend dem Internet-Protokoll über das Stromnetz übertragen. Die genaue Datenübertragungsrate vom Verbraucher zum Erzeuger und in Gegenrichtung hängt vom verwendeten Chipset ab und liegt derzeit im Bereich von netto 1 bis 10 MBit/s.

Die BPL-Geräte

Für die Datenübertragung in Mittelspannungsnetzen (1 kV bis 36 kV) werden Mittelspanungsmodems sowie kapazitive und induktive Koppler verwendet. In den Niederspannungsnetzen (230 V / 400 V) kommen folgende Geräte zum Einsatz: BPL-Headend, BPL-Repeater und BPL-Gateway. In dem BPL-Headend laufen alle Signale aus der Zelle zusammen. In den Straßenverteilerkästen werden BPL-Repeater installiert, die das Signal weiterleiten. Die BPL-Gateways stellen die Schnittstelle zu den Zählern dar und werden in der Nähe der Zäher installiert.

Das Gateway bildet den Endpunkt der BPL-Infrastruktur auf der Seite der Haushalte und schlägt die Brücke zwischen dem Niederspannungsnetz und dem intelligenten Zähler. Es lässt sich mit allen gängigen Standard-Interfaces ausrüsten: Ethernet, RS232, RS485, Current Loop, ZigBee, M-Bus, Wireless M-Bus und Inferfaces für die Funkübertragung mit 868 MHz und 2,4 GHz. Die Eingangsdaten wandelt das Gateway in Datenpakete um, die dem TCP/IP-Standard entsprechen, und sendet sie über das Stromnetz.

Der Repeater verstärken die Signale im Netz, die jeder Straßenverteilerkasten, jedes Kabel und jede elektrische Verbindung dämpfen. Repeater sitzen in jedem Netzwerkknoten, der nicht mit einem Headend ausgerüstet ist, und bilden mit den Gateways die Knoten des Mesh-Networks. Das intelligente Netz integriert jeden neuen Repeater in die vermaschte Netzwerkstruktur, um so die Verbindungsqualität in der lokalen BPL-Zelle zu verbessern und sich automatisch an die aktuellen Übertragungsverhältnisse im Stromnetz anzupassen.

Jede lokale BPL-Zelle ist mit einem Headend ausgestattet. Hier laufen alle Signale von den Gateways, die sich in einem gewissen Bereich befinden, zusammen. Das Headend übergibt die Signale an das IP-Backbone, entweder direkt oder über eine BPL-Mittelspannungsstrecke. In der einen Richtung moduliert das BPL-Headend das IP-Signal, das vom Erzeuger über das Backbone kommt, auf das Stromkabel. In der anderen Richtung demoduliert das Headend das IP-Signal, das über das Stromkabel vom Verbraucher kommt, um es in das IP-Backbone zu leiten. Außerdem kontrolliert das Headend alle zugeordneten Repeater und Gateways in seiner Zelle. Es überträgt schon während seiner Installation die grundlegenden Konfigurationen vom BPL-Headend an die Repeater und die Gateways.

In einem intelligenten Stromnetz müssen einige Netzknoten im Niederspannungsnetz (Transformatoren, Straßenverteiler) mit einem IP-Backbone verbunden werden. Zum Aufbau des Backbones stehen verschiedene Techniken zur Verfügung: Glasfaserkabel, DSL, drahtlose Netzwerke. Die Transformatorstation kann aber auch ihrerseits das Mittelspannungsnetz zur Datenübertragung über BPL nutzen. Aufgrund des Routing-Protokolls, das der PBL-Repeater für seine jeweilige Zelle festlegt, stellen die Repeater und Gateways ein vermaschtes Netzwerk dar, das sich dyamisch an die jeweiligen Übertragungsgegebenheiten anpasst und den sinnvollsten Kommunikationsweg wählt. Eine Verbindung zwischen Gateway und Headend kann sogar aus mehreren unabhängigen Verbindungswegen über mehrere Repeater bestehen, der Routing- Algorithmus weist den jeweils günstigsten Weg.

Die BPL-Technik zeichnet sich zudem durch ihre Skalierbarkeit aus: Sollte die Bandbreite an bestimmten Stellen im Netz dauerhaft steigen, dann wird in dem betreffenden Verteilerkasten an Stelle des Repeaters einfach ein Headend installiert. Die bestehende BPL-Zelle in der Region teilt sich dann automatisch in zwei Zellen mit zwei Headends und entsprechend größerer Bandbreite.

Doch warum sollten die Gateways eigentlich nicht in die intelligenten Zähler integriert werden? »Das Messen/Zählen und die Kommunikation sollten voneinander getrennt werden. Das ist auch in allen aktuellen Standardisierungsentwürfen (OMS, www.openmetering.org) so gewollt «, antwortet Schönberg. Das ist kostengünstiger, schon weil dann pro Mietsund Mehrfamilienhäusern nur eine Schnittstelle nach außen erforderlich ist. Außerdem könnte es zu Interessenkonflikten kommen, etwa zwischen Strom- und Gasversorgern. Und vor allem: Eine Gateway, das über die entsprechenden Schnittstellen verfügt, kann mit allen Zähler arbeiten – niemand muss sich dann an einen Hersteller binden.


  1. Wie die Zählerdaten zu den EVUs kommen
  2. Modellprojekt Mannheim: Internet der Energie

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