Iceland Deep Drilling Project (IDDP)

Bilanz des ersten Magma-gestützten Geothermie-Kraftwerks

29. Januar 2014, 14:09 Uhr | Hagen Lang
Das Island Deep Drilling Project (IDDP) verschloss die angebohrte Magma-Kammer nicht, sondern experimentierte erfolgreich mit der Hochtemperatur-Dampfgewinnung.
© Guðmundur Ó. Friðleifsson

Als das Iceland Deep Drilling Project (IDDP) unerwartet in 2.100 Meter Tiefe auf Magma stieß, verschloss man das Bohrloch nicht, sondern ertüchtigte es und schuf das stärkste Magma-gespeiste Geothermie-Kraftwerk der Welt. Mit technischen Verbesserungen könnte daraus ein marktfähiges Konzept werden.

Geothermie ist in Island schon länger eine interessante Energieerzeugungs-Technik, das Iceland Deep Drilling Project (IDDP) sollte das hier Machbare mit neuester Technik ausloten. Von 2000 bis 2020 angelegt, sah das Projekt vor, bis zum Jahr 2012 in 4-5 Kilometer Tiefe drei Tiefbohrungen anzulegen. Die erste Bohrung »RN-17« wurde von 2004 bis 2006 genutzt, kollabierte allerdings.

Am Standort »KRAFLA« wurde in 2008 und 2009 die Bohrung »IDDP-1« angelegt. Sie erreichte jedoch nie die angestrebte Tiefe, sondern stieß in 2.100 m Tiefe unerwartet auf eine Magma-Kammer mit mehr als 900 °C heißem, flüssigen Gestein. Bei vergleichbaren »Malheuren«, so etwa bei Tiefenbohrungen in Hawai, sah man nur die Möglichkeit, die Bohrungen mit Beton schnellstmöglich zu verschließen.

Nicht so in Island, der »Besitzer« des Bohrloches, die isländische Nationale Energiegesellschaft, entschloss sich, die Magma-Bohrung weiter zu erforschen. Sie wurde mit einer Stahlummantelung ausgestattet, die im Magma-nahen Bereich speziell perforiert wurde. Fraglich war zunächst, ob die Bohrung überhaupt unter Kontrolle gehalten werden könnte. Sie musste gekühlt werden, da die Bohrmantelung instabil wurde und Ventile des Bohrkopfes versagten, doch die Probleme bekam man für einen nennenswerten Zeitraum in den Griff. Die IDDP Ingenieure fluteten die Bohrung von März 2010 an, zunächst mit Unterbrechungen und schließlich kontinuierlich. Die Bohrung erzeugte Dampf mit einer Temperatur von 452 °C bei einem Druck von 140 bar.

Lavakraft für die Energiegewinnung - das IDDP-Projekt

Icelandic Deep Drilling Program, Krafla Site
© Emil Þór
Icelandic Deep Drilling Project IDDP, Krafla Site
© Kristján Einarsson
Icelandic Deep Drilling Project IDDP, Krafla Site
© Guðmundur Ó. Friðleifsson

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Damit dieser Erfolg Wirklichkeit wurde, waren einige Herausforderungen zu meistern. Da war zunächst die Bohrung mitten ins Magma und die Kontrolle derselben. Durch Einpumpen von kaltem Wasser, das sogenannte Hydrofracking, wurde das Gestein in Magma-Nähe aufgebrochen und eine permeable Schicht zu den höher gelegenen, kühleren Gesteinsschichten aufgebaut. Schließlich war die Platzierung der Stahlummantelung am Boden des Bohrloches wichtig, um Hochtemperaturdampf mit 450 °C zuverlässig erfassen zu können. Die Temperatur stellt derzeit den Rekord für den heißesten, je gewonnenen geothermischen Dampf dar. Die gewonnene Energie reichte aus, um 36 MW Elektrizität zu gewinnen. Die problematische chemische Zusammensetzung des Dampfes konnte mit einfachen Maßnahmen neutralisiert werden, sodass dieser direkt im Kraftwerk in Krafla nutzbar war.

Das Versagen der Ventile im Bohrkopf beendete schließlich das Experiment, dessen Nachfolger das IDDP allerdings schon in der Pipeline hat. Vorbereitungen für die Bohrung »IDDP-2« am Standort REYKJANES laufen, man glaubt, dort in 3,5 Kilometer Tiefe auf Magma zu stoßen. Auch die Wiederherstellung der Bohrung »IDDP-1« ist im Gespräch. Mit den gemachten Erfahrungen wird das Iceland Deep Drilling Projekt erfolgreich weitergeführt. Die »lessons learned« werden derzeit in der Januar-Ausgabe des Journals GEOTHERMICS  in einer Reihe von 15 Beiträgen ausführlich beschrieben.


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