»Sunbelt-Strategie«

High-Tech-Solarindustrie in Schwellenländer bringen

3. Dezember 2013, 14:14 Uhr | Karin Zühlke
Mit aktuell 0,35 Euro pro Wp liegt die ThinFab gut im Rennen.
© TEL Solar

Im Nahen Osten, Nordafrika, Indien, China und Mittel- und Südamerika gibt es Sonne satt. Was dort oft fehlt, ist die nötige Solar-Infrastruktur. Dabei könnten diese Länder ihren Solarstrom weitgehend unabhängig vom Weltmarkt produzieren. Genau darin sieht TEL Solar für seine Dünnschichtsilizium-Produktionsanlage ThinFab interessante neue Perspektiven.

TEL Solar gilt mit seiner ThinFab als der weltweit führende Anbieter vollintegrierter Fertigungslinien zur Herstellung von Dünnschichtsilizium-Solarmodulen. Die ehemalige Oerlikon Solar gehört seit Herbst 2012 zum Tokyo-Elektron-Konzern. Hauptsitz von TEL Solar bleibt aber weiterhin die Schweiz. Organisatorisch arbeiten beide Firmen bereits sehr eng zusammen. Technisch setzt TEL auch weiterhin auf die ThinFab, versichert Gerhard Dovids, Director Sales Asia and Africa von TEL Solar. Schließlich hat das Flaggschiff von TEL Solar so einiges zu bieten: Mit aktuell 0,35 Euro pro Wp liegt die ThinFab gut im Rennen. Natürlich arbeite TEL Solar mit Hochdruck daran, die Effizienz weiter zu steigern, versichert Dovids. »Wir wollen die Kosten um deutlich über 20 Prozent senken. Gemeinsam mit der Konzernmutter TEL werden wir das sicher schneller erreichen, als wir das alleine gekonnt hätten«, so Dovids.

Gerhard Dovids, TEL
Gerhard Dovids, TEL: »Wer den Solarmarkt selbst mitgestaltet, hat trotz der Konsolidierung gute Perspektiven.«
© TEL Solar

TEL zählt zu den weltweit erfolgreichsten Lieferanten für Halbleiterfertigungs-Equipment und Flat-Panel-Fertigungslinien. Von dieser Expertise soll nun auch die Solar-Tochter profitieren. Es gebe eine »sehr ambitionierte Technologie-Roadmap für eine deutliche Kostensenkung«, berichtet Dovids. Details daraus verraten will der Manager allerdings - zumindest zu diesem Zeitpunkt - nicht. Entwickelt wird weiterhin in Neuchâtel - hier ist die Basis-Entwicklung angesiedelt - und in Trübbach. Dort am Stammsitz findet die Anlagenentwicklung statt. Flankiert werden die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten gemeinsam mit TEL in Japan. Der Mutterkonzern hat in Tsukuba in der Nähe von Tokio ein neues Forschungszentrum unter anderem für die Weiterentwicklung der ThinFab eröffnet. Neben technischen Neuerungen an der Linie, will TEL Solar auch den »Think Thin«-Gedanken weiterverfolgen: weniger Material, schlankere Module und in Folge dessen weniger Material- und Energieverbrauch. Und besonders der geringe Energieverbrauch einer Produktionslinie wird nach Ansicht von Dovids in Zukunft mehr und mehr an Bedeutung gewinnen - und hier liege TEL Solar in punkto energieeffiziente Produktion sehr weit vorne.

Die Dünnschichttechnik ist - unabhängig von der Technologie - in der Anfangsinvestition günstiger als Solartechnik auf Basis kristallinen Siliziums. Allerdings sind die Dünnschicht-Module auf dem Papier und bei Standardtestbedingungen (STC) teilweise noch weniger effizient als ihre kristallinen Konkurrenten. Vorteile kann insbesondere die Dünnschichtsiliziumtechnik von TEL Solar hingegen ausspielen, wenn es um die realen Betriebsbedingungen geht: z.B. bei bedecktem Himmel oder hohen Temperaturen, hier sinkt die Effizienz kristalliner Solarzellen deutlich. Genau diese Vorteile kommen also auch in den Sonnen-Regionen der Schwellen- und Entwicklungsländer wie dem Nahen Osten und Nordafrika zum Tragen. Ein Blick auf den Markt in der MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika) zeigt, dass dort bis 2015 der Markt für Photovoltaik (PV) und solarthermische Kraftwerke 3,5 GW erreichen soll. Die größten Investitionen in PV- und solarthermische Anlagen sollen in Saudi-Arabien und der Türkei getätigt werden. Aber auch in Ägypten und Marokko findet ein Umdenken statt - weg von fossilen Brennstoffen hin zur Solarenergie. Statt wie bisher auf Erdöl zu setzen, plant vor allem Saudi-Arabien, die Energiegewinnung aus Photovoltaik und Solarthermie auszubauen. Eine Studie der GTM Research, Boston, USA, begründet die Entwicklung mit der hohen Sonneneinstrahlung und dem steigenden Strompreis und -bedarf in der Region durch das zunehmende Bevölkerungswachstum. Bis 2017 soll der Ausbau der Solarenergie in der MENA-Region sogar insgesamt 10 GW übersteigen. Dabei geht es laut Dovids aber nicht in erster Linie darum, dass diese Regionen Sonnenenergie zum Export produzieren, vielmehr soll eine Infrastruktur für Solarenergie aufgebaut werden, damit sich diese Länder autonom mit Strom versorgen können. Und als Nebeneffekt entstehen dabei qualifizierte Arbeitsplätze und nicht nur Low-Cost-Jobs in der Modulfertigung mit geringer Wertschöpfung.

Neben den etablierteren Solar-Märkten in China und Südostasien sind es also vor allem die Sunbelt-Regionen, die TEL Solar in Zukunft mitgestalten möchte. »Wir möchten weniger dort konkurrieren, wo es sowieso schon Überkapazitäten gibt, sondern neue Märkte erschließen«, erklärt Dovids.

»Mit unseren Komplettsystemen sind wir in der Lage, High-Tech-Industrie in Entwicklungs- und Schwellenländern zu installieren.« Diese kann dann vor Ort »gelebt« und weiterentwickelt werden. Bis zu 95 Prozent der gesamten PV-Wertschöpfungskette können solche Länder nach Ansicht von Dovids im Land selbst abdecken. »Es geht darum, für solche Länder eine abgeschlossene lokale und vertikale Lösung zu installieren.« Diese Regionen möchten sich nicht abhängig machen von Lieferungen aus China und fördern daher sehr stark den lokalen Content. Ansprechen möchte TEL Solar mit diesem Ansatz vor allem Regierungen und Investoren in diesen Ländern. Helfen könnte dabei einmal mehr die Konzernmutter: TEL in Japan verfügt über eine eigene Venture-Capital-Gesellschaft und über sehr gute internationale Handelsbeziehungen.

Diese Strategie heiße aber nicht, das TEL Solar sich künftig aus China und Asien zurückziehe, so Dovids. Das selbst im Sunbelt gelegene China ist weiterhin der wichtigste Markt für TEL Solar, und das Engagement in den etablierten Märkten geht unvermindert weiter. Derzeit hat das Unternehmen 14 Linien mit knapp 1 GW installierter Produktionskapazität im Feld. Wenn es nach dem Willen von Dovids geht, sollen das aber schon bald deutlich mehr werden: »Wer den Solarmarkt selbst mitgestaltet, hat trotz der Konsolidierung gute Perspektiven.«


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